Quants: Rendite durch Bits und Bytes

Auch in der Vermögensverwaltung treten Mensch und Maschine gegeneinander an. Computergesteuerte Fonds, sogenannte Quant-Fonds, haben dabei das Interesse von vielen Anlegern geweckt. Doch was können diese Produkte und wie schneiden sie im Vergleich ab. Eine Übersicht von e-fundresearch.com. Funds | 15.02.2008 06:51 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Viele Fondsmanager sind durch die Subprime- und Kreditkrise auf dem falschen Fuss erwischt worden. Angesichts von großen Verlusten macht sich daher logischerweise Ernüchterung oder sogar Verzweiflung breit, wenn die mühsam erarbeiteten Renditen von mitunter mehreren Jahren in wenigen Monaten dahinschmelzen. Nicht so jedoch bei einer Gruppe von Managern, die von diesen Emotionen wenig halten. Auch sie haben zwar seit Sommer 2007 verloren, doch Ärger oder Trauer darüber empfinden sie nicht: die Quants.

Quants sind Fonds, die ausschließlich oder überwiegend von Computermodellen gemanagt werden. Sie durchforsten Millionen von Daten und prüfen damit am Tag bis zu mehrere tausend Aktien oder Anleihen auf ihre Profitabilität. Sie ermöglichen so auch kleinen Teams eine große Anzahl an Wertpapieren im Auge zu haben. Darüber hinaus helfen Quants nicht nur bei der Auswahl, vielfach tätigen sie die Investmententscheidung auch vollkommen autonom.

Die Perspektive, sein Geld von einem Computer verwalten zu lassen, wurde in den vergangenen Jahren dabei durchaus en vogue. Genaue Zahlen ob der Volumina gibt es zwar nicht, aber die Financial Times schätzt, dass bis zum Sommer 2007 weltweit knapp 1000 Mrd. Dollar in solchen Fonds verwaltet wurden. Besonders institutionelle Investoren, die ständig auf der Suche nach einer Diversifikation ihres Portfolios sind, setzten auf unterschiedliche quantitative Modelle, meistens von Hedge Fonds. Die Fonds konnten dabei auch auf beachtliche Ergebnisse verweisen. So kam etwa eine Studie der amerikanischen Unternehmensberatung Casey, Quirk & Associates aus dem Jahre 2005 zu dem Ergebnis, dass quantitativ gemanagte US-Large Caps-Aktienfonds ihre „menschlichen“ Kollegen im Schnitt um mehr als 100 Basispunkte outperformten, und das bei geringerem Risiko. Auch wollen die quantitativen Manager typische menschliche Fehler beim Investieren ausschalten, wie beispielsweise aus reiner Hoffnung zu lange Verluste mitzugehen oder unnötig Risiko einzugehen, um Performance Fees zu lukrieren.

Zu viele Köche verderben den Brei

Doch im August 2007 erlebten viele dieser Modelle eine harte Zeit. Quant-Fonds, insbesondere Hedge-Fonds, die sowohl Short als auch Long waren, büssten binnen weniger Tage knapp ein Viertel ihres Wertes ein, während die Aktienmärkte sich kaum bewegten. Besonders öffentlichkeitswirksam war der Verlust des Goldman Sachs Global Alpha, ein Hedge Fonds, der im August 23 Prozent verloren hatte. Nach dieser großen Pleite für einige Quant-Strategien untersuchten Amir Khandani und Andrew Lo von der amerikanischen Eliteuniversität MIT, was im August mit den Modellen dieser Fonds passiert ist. Ein Ergebnis ist: Einige Quant-Strategien sind zur "Massenware" geworden und ihre Modelle liefern damit unbefriedigende Ergebnisse. Wolfgang Schimmel von FTC Capital, einem technisch-systematischen Managed Futures Anbieter: „Wenn immer mehr Händler auf das selbe Modell setzen, wird es sozusagen schlecht. Ein Beispiel dafür sind etwa die traditionellen "Long-Term Trendfolge"-Systeme, die in den letzten Jahren zu viel Volatilität und im Verhältnis zu wenig Performance geliefert haben.“

Kleine Ineffizienzen mit großen Hebeln

Einige der Quantfonds versuchten kleine Möglichkeiten der Arbitrage, also des risikolosen Gewinns durch Ineffizienzen im Markt, auszunutzen. Damit diese kleinen Gewinne auch eine gewisse Rendite bringen, mussten die Fonds entweder eine sehr große Anzahl von Möglichkeiten finden, oder eben ihr Investment hebeln, beispielsweise über Fremdkapital. Doch im Sommer, als Liquidität knapp wurde, war Fremdkapital knapp. Die Fonds sind durch die Liquiditätsknappheit in die Bredouille gekommen.

Die Probleme traten daher durch die Liquiditätsknappheit und die Verwendung von zu ähnlichen Modellen auf. Das erste Problem ist durch Risikomanagement und keine oder nur geringe Hebel reduzierbar, doch bei den Modellen ist vor allem eines gefragt: der Mensch. Denn selbst wenn die Computer später entscheiden, im Vorhinein gibt es jemanden, der programmiert, analysiert, modelliert.

Kunst oder Wissenschaft – Intuition oder Technik?

Bei diesem Prozess kommt es auf die Fähigkeiten der Wissenschafter an, Modelle zu wählen und zu adaptieren. Denn Quants mögen vielleicht kein psychologisches, sprich menschliches, Risiko in sich bergen, aber sie haben ein Modell-Risiko: ein Lösungsansatz ist die Diversifikation. „Viele der Quantstrategien kommen aus einem Stall. Doch es geht nicht mehr darum, die 08/15 Modelle, die jetzt sowieso schon von vielen umgesetzt sind, abzukupfern, sondern, dass man einen Schritt vorne ist“, bringt Josef Zechner die Anforderungen an Quant-Strategien auf den Punkt. Er ist Universitätsprofessor in Wien und seine wissenschaftliche Laufbahn beinhaltet auch Lehrtätigkeiten an amerikanischen Universitäten wie Berkeley oder Stanford. Jetzt hat er zusammen mit Professorenkollegen Thomas Dangl und Engelbert J. Dockner das Institut für quantitatives Asset Management (IQAM) gegründet.

Für die Experten von IQAM liegen die Vorteile von guten, also möglichst besonderen, quantitativen Modellen auf der Hand: „Man hat durch quantitative Modelle Kontinuität gesichert,“ so Dockner. „Wenn es bei einem Fonds zum Wechsel des Assetmanagers kommt, dann haben Sie eine Diskontinuität. Bei uns bleibt die Logik der Modelle und Strategien gleich. So banal es klingt, aber dadurch ist auch ein zweiwöchiger Urlaub kein Problem. Wenn das Management von der Intuition eines einzelnen Fondsmanagers abhängig ist, ist man dieser Person sehr stark ausgeliefert.“ Dem kann auch Zechner zustimmen. „Es kann schon sein, dass es einen Genius gibt, der vielleicht noch mehr schafft als ein Modell, aber das ist nicht replizierbar. Unser Vorteil liegt im Herausfinden von robusten Zusammenhängen über Zeiträume und Regionen hinweg. Das ist eine langfristige Perspektive, die kostengünstig umgesetzt werden kann.“

Quant ist nicht gleich Quant

Quants werden aber auch eingesetzt um kleinen Assetmanagern unter die Arme zu greifen. So managt etwa das Modell „Chicco“ für den Vermögensverwalter Frank Lingohr 30 Fonds und Privatportfolios. „Wir nutzen den Computer nur als Rechenknecht, wenden aber eine klassische Fundamentalanalyse an“, sagte Lingohr kürzlich in der Financial Times Deutschland. Quantitative Modelle werden daher oft auch mit „menschlichen“ Fondsmanagern kombiniert: Das Modell übernimmt die Vorselektion, der Manager überprüft die Auswahl. Denn nicht zuletzt gibt es Ereignisse, die ein Computermodell überfordern. Wolfgang Schimmel von FTC: Märkte ändern sich in ihrer Charakteristik laufend. Manchmal langsam aber nachhaltig, was die Entwicklung neuer Systeme erfordert. Manchmal auch nur für sehr kurze Zeit, dafür aber extrem. Das nennt man dann Schocks oder schwarze Schwäne und davor kann das beste System nicht wirklich schützen. Hier hilft nur, in liquiden Märkten zu agieren sowie Verlustbegrenzung durch konsequente Stops.“

Wie schnitten Quant-Fonds ab?

Doch wie schneiden die Quants jetzt tatsächlich ab? Um das herauszufinden, haben wir uns Fonds in den Assetklassen US-Aktien und Europa-Aktien angesehen, in denen die meisten Quantmodelle operieren. Die Liste ist dabei keineswegs komplett, denn ein Problem, dass es bei Quantfonds immer noch gibt, ist, dass Anleger Fonds von außen oft nicht als Quant-Fonds erkennen. Einerseits erläutern die Fondsgesellschaften in den Factsheets oft nicht, ob quantitative Modelle zum Einsatz kommen, andererseits werden die Fonds nicht als eigene Anlageklasse oder Fondskategorie geführt.

So ähnlich ihr Anspruch auch sein mag, die Quant-Fonds schneiden sehr unterschiedlich ab. Die Güte der Modelle und wie sie eingesetzt werden macht dabei den großen Unterschied. In den vergangenen drei Jahren konnten Anlegern mit Quant-Fonds, die auf europäische Aktien fokussiert sind, zwischen mageren vier und guten 13 Prozent pro Jahr verdienen. Bei den US-Pendants waren -3,2 Prozent bis 1,6 p.a. möglich. Bei beiden Assetklassen gab es Fonds, die den Index schlugen, aber auch Fonds, die hinter ihm zurückbleiben.

Der beste Europa-Aktienfonds anhand der 3 Jahres Rendite ist der INVESCO Europa Core Aktienfonds mit einem Ertrag von jährlich 13 Prozent von vor dem LINGOHR-EUROPA-SYSTEMATIC-LBB-INVEST mit einer jährlichen Performance von 9,7 Prozent. Bei den USA-Aktienfonds schnitten der LINGOHR-AMERIKA-SYSTEMATIC-LBB-INVEST und der AXA Rosenberg US Enhanced Index Equity Alpha A mit Renditen von 1,6 und 1,2 Prozent am besten ab. Jedoch haben Anleger in den vergangenen Monaten im Schnitt mehr verloren als der Index.

Fazit

Quantitative Modelle sind auf dem Vormarsch. Sie haben in den vergangenen Jahren große Volumina und insbesondere viele institutionelle Investoren auf sich aufmerksam gemacht. Gleichzeitig bieten die Computermodelle auch kleineren Boutiquen in große Assetklassen wie globale Aktien zu investieren ohne den Überblick zu verlieren. Der Sommer hat aber auch Schwächen offengelegt, die auftreten, wenn zu viele Player zu hoch gehebelt dieselben Positionen besitzen. In den vergangenen Monaten mussten auch quantitative Modelle starke Verluste hinnehmen, denn auch Quants können Gesetze der Finanzwelt nicht außer Kraft setzen („There is no free lunch“). Der Boom der Quants macht sie aber vor allem eines: vergleichbarer. Je mehr Quantfonds auch am deutschsprachigen Raum auf den Markt kommen, desto besser lassen sie sich mit ihren „menschlichen“ Kollegen in Wettbewerb stellen. Doch eines ist sicher: Quants sind nur so gut wie ihre Modelle, so wie Fondsmanager oft nur so gut sind wie ihre Intuition.

Alle Daten per 4.2.2008 in Euro
Quelle:

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