Economics Forum: Goldmenge vs. Zentralbankbilanzen

Trotz expansiver Geldpolitik vieler Notenbanken ist die Bedeutung von Gold als Veranlagungsinstrument zuletzt gesunken. Welche Faktoren sollten Investoren in diesem Zusammenhang in Zukunft beachten? Ökonomen und Chefstrategen von Aberdeen, DekaBank, Dexia, Erste Group Bank, ERSTE SPARINVEST, KBC, KEPLER-FONDS, Petercam, Raiffeisen, Swisscanto und UBS mit ihren Einschätzungen. Economics |

Aktuelle Frage im Economics Forum: 

"Die Bedeutung von Gold als Veranlagungsinstrument ist zuletzt gesunken - trotz einer starken Ausweitung der Bilanzsumme der Zentralbanken in den letzten Jahren. Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Goldmenge und Geldmenge und welche Faktoren sollten Investoren in diesem Zusammenhang in Zukunft beachten?“


Current question in the Economics Forum:

"The importance of gold as an investment instrument decreased recently despite strong expansion of central bank balance sheets in the past few years. How do you assess the development of the ratio between gold quantity and money supply and which factors should investors monitor in this context?”


Anton Brender
Anton Brender

"There is no reason to expect any stable relationship between central bank balance sheets and the price of gold. Of course one could argue that a central bank balance sheet measures the supply of money in circulation. If this supply increases faster than production, prices will have to rise. Gold being seen as a hedge against an inflation risk, its price should hence rise with the increase in the size of CB’s balance sheets in relation to potential GDP. But, applied to what happened during the last five years,  this reasoning is flawed: the “money” supplied by the recent expansion of central banks’ balance sheets has not been circulating in the economy but helped stabilize the financial system and prevent the economy from falling in a deflationary spiral .Instead of increasing, as many predicted five years ago, inflation is now falling in many developed economies. Obviously investors are now acknowledging the result of this reality check!"


Friedrich Mostböck
Friedrich Mostböck

"Ja, die Korrelation zwischen dem Goldpreis und der Bilanzsumme der Zentralbanken der USA und Japan hat 2013 abgenommen. Diese Ausweitungen der Zentralbankbilanzsummen in diesen Hauptmärkten resultierte unter anderem in einem Sinken der Zinsen auf Staatsanleihen. Längerfristig lässt sich beobachten, dass es eine starke Korrelation zwischen Realzinsen (Zinsen minus Inflation) und dem Goldpreis gibt. Hier hat 2013 eine signifikante Trendwende stattgefunden. Die Realzinsen sind jetzt leicht positiv. Denn die Renditen in den USA sind im September auf bis zu 3% für 10-Jährige angestiegen. Das ergibt bei einer Inflation im September von 1,2% einen Realzinssatz von knapp 2%. Zum Vergleich: im Jahr zuvor lag die 10-jährige US-Rendite bei unter 2% und die Inflation bei 2%. Das ergab einen Realzins von 0%.

Für 2014 gehen wir derzeit von leicht steigenden 10J US-Zinsen (Sept. 14e: 2,9%) und einer Inflation von 1,8% für 2014 in den USA aus. Daher sehen wir das Potential für einen Goldpreisanstieg in den kommenden 12 Monaten als begrenzt an. Fundamentale Nachfragefaktoren nach physischem Gold - insbesondere aus den Hauptmärkten Indien und China - werden für die Goldpreisentwicklung zunehmend bestimmend sein.

Bis Ende Sept. 2014 erwarten wir einen Goldpreisanstieg auf USD 1.480/Unze."


Dr. Ulrich Kater
Dr. Ulrich Kater

"Gold wird in unsicheren Zeiten als Krisenwährung stark nachgefragt. Als Folge der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise, der starken Aufblähung der Notenbankbilanzen und der damit verbundenen Inflationssorgen verzeichnete der Goldpreis in den vergangenen Jahren eine steile Aufwärtsentwicklung. Doch von Inflation ist derzeit wenig zu sehen, und der Goldpreis scheint sich von der Geldmengenausweitung entkoppelt zu haben. Die Lage auf den Finanzmärkten hat sich merklich entspannt, die europäische Schuldenkrise erheblich an Brisanz verloren. Die US-Notenbank wird bald mit der Verringerung ihrer Wertpapierankäufe beginnen. Die goldenen Zeiten für Gold, in den Anleger wie in den Jahren 2002-2012 mit Gold im Durchschnitt Wertsteigerungen von fast 20% p.a. erzielen konnten, dürften vorerst vorüber sein."


Paul Atkinson, Head of North American Equities, Aberdeen Asset Management (08.11.2013):

" Looking back 50 years we can see 3 key phases for the gold price. The late 1960s to  late 1970s saw elevated inflation, meaning that fiat currencies were falling in terms of goods and services, a good environment for gold. Early 1980s to 2000s saw a combination of decent growth and falling inflation, thus negative for gold. Since the early 2000s, major central banks, the Fed in particular, have been seeking to boost demand via exchange rate weakening policies (low interest rates & balance sheet expansion). Although inflation has not materialized, an environment in which central banks have sought to boost growth has also been good for gold.

The last 2 years have seen the gold price fall, but with no meaningful change in the underlying fundamentals: central banks are still seeking to lower their currencies to boost demand. Monitoring the supply of gold is difficult because the supply of paper gold (e.g gold ETFs that borrow not own the metal) is volatile and because central banks lend out their holdings. The key factor to monitor is whether economies return to a healthy state or whether they continue to require support. If the former, the gold price will continue to fall. If the latter, the gold price should perform well.

On the specific question of the relationship between the quantity of gold and changes in money supply we can find no meaningful research. The supply of gold is constrained by its scarcity (new mines are rare) and use as collateral. However, there is research on the relationship between the gold price and money supply which demonstrates the gold price increases 6-9 months after an increase in the money supply."


Mag. Jürgen Lukasser
Mag. Jürgen Lukasser

"Die Aktionen der Notenbanken - und hier vor allem der Fed und der Bank of Japan – sind aktuell der zentrale Einflussfaktor an den Finanzmärkten. Die Anleihenkäufe der beiden Zentralbanken betragen derzeit rund 160 Mrd. USD pro Monat. Im Vergleich dazu beträgt die jährliche Fördermenge aller Goldminen weltweit 2.700 Tonnen. Das entspricht derzeit einem Gegenwert von 125 Mrd. USD im Jahr.

Internationale Studien kommen zum dem Fazit, dass ohne Notenbank-Maßnahmen eine deutliche Deflation mit allen negativen Folgen für Realwirtschaft und Finanzmärkte zu erwarten wäre. Betrachtet man die Entwicklung des Goldpreises, ist der Einfluss der Zentralbanken - entgegen aller Intuition - weit weniger eindeutig zu bestimmen. Gold ist traditionell eine Krisenabsicherung. Die Schuldenkrise in Europa stellt ein Paradebeispiel für einen deutlichen Anstieg des Sicherheitsbedürfnisses dar. Ein interessanter Aspekt, den es in diesem Zusammenhang zu analysieren gilt, sind die bevorzugten Instrumente der Goldanleger.

Während seit tausenden Jahren in Goldmünzen- und Barren investiert wurde, trat in den letzten Jahren eine "Finanzinnovation" in Erscheinung: Papiergold. Papiergold basiert nicht auf dem physischen Handel des Edelmetalls, sondern auf dem Austausch von Ansprüchen darauf. Der Gesamtumsatz betrug in diesem Marktsegment alleine im Jahr 2011 50 Milliarden Unzen. Das ist das 600-fache der Jahresproduktion der Goldminen. Gold wurde damit  von einer Krisenabsicherung zum Spekulationsobjekt - mit allen unausweichlichen Folgen. Die Euphorie auf dem Goldmarkt ist mittlerweile völlig verflogen. Dies ist eine gute Basis für eine rationalere Preisbildung in diesem Markt."


Giovanni Staunovo
Giovanni Staunovo

 "Der Ruf des Goldes als sichere Anlage ist angekratzt durch den starken Preisrückgang im ersten Halbjahr 2013 und die erhöhte Preisvolatilität. Um die Anleger zu einer Rückkehr ins Gold zu bewegen, bräuchte es starke Argumente wie etwa eine höhere Inflation und stärker negative Realzinsen. Wir erwarten keines von beiden. Die Inflationsrate ist trotz ultraexpansiver Geldpolitik sehr niedrig und dürfte es auch in den kommenden zwölf Monaten bleiben. Wenn sich die Realzinsen im Laufe der Zeit normalisieren, dürfte die Bereitschaft der Anleger, Gold zu halten, noch weiter sinken. Um den Goldmarkt ins Gleichgewicht zu bringen, müsste sich der Goldpreis aus unserer Sicht in Richtung der Grenzproduktionskosten von USD 1050 bis 1150 pro Unze bewegen."


Dieter Guffens
Dieter Guffens

"Im Sommer 2011 erreichte der Goldpreis seinen Höhepunkt. Seither befindet er sich in einem fallenden Trend und folgt dabei dem allgemeinen Trend der Rohstoff-und Energiepreise. Es sieht in der Tat danach aus, dass der jüngste langfristige Zyklus der Rohstoffpreise, der um 2001 mit der Mitgliedschaft Chinas in der Welthandelsorganisation begann, seinen Höhepunkt überschritten hat. Diese Feststellung bedeutet auch, dass die Perspektiven für die Rendite einer Anlage in Gold nicht günstig sind. Gold bietet keine Dividenden oder Zinszahlungen und ist auch kein seltenes Edelmetall. Daher ist eine Anlage in Gold in erster Linie als eine Versicherung gegen (Hyper)inflation oder gegen ein monetäres Chaos zu betrachten. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist jedoch gering, da im Moment eine niedrige oder sogar noch sinkende Inflationsrate das wahrscheinlichste Szenario ist."


Gerhard Winzer
Gerhard Winzer

"Gold unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von anderen Wertpapierklassen. Es hat keinen zukünftigen Zahlungsstrom wie Dividenden oder Kupons, die mit einem risikoadjustierten Zinssatz abgezinst werden. Damit besteht eine sehr große Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Goldpreises. Im Prinzip gibt es nur zwei wesentliche Einflussfaktoren für Gold.

Erstens die konventionelle Nachfrage (Juweliere, indische Hochzeiten, Industrie) nach und das Angebot von physischem Gold. Je stärker das Bankensystem in den Emerging Markets (Indien, China) ausgebaut wird, d.h., je mehr Leute ein Konto bei einer Bank besitzen, desto mehr sinkt die Bedeutung von Gold für den Erhalt der Kaufkraft.

Zweitens wird Gold wie Immobilien von manchen Marktteilnehmern per Konvention – im Unterschied zur Konstruktion –  als Absicherung gegenüber dem Zusammenbruch des Finanzsystems gesehen. Solange an den Erfolg der Wirtschaftspolitiken geglaubt wird, mit einer Ausweitung der Zentralbankbilanz eine Liquiditätsfalle (Deflation) zu überwinden und eine Erholung ohne hohe Inflation herbeizuführen und gleichzeitig mit einer restriktiven Fiskalpolitik die Staatsschuldendynamik auf nachhaltige Beine zu stellen, sprechen wenige Argumente für Gold."


Bart Van Craeynest
Bart Van Craeynest

"As an asset class, gold is difficult to value as it does not generate a revenue stream. Moreover, short term fluctuations tend to attract a wide range of explanations, but are basically impossible to call. In our analysis, gold should be seen as a long term investment. Since the end of Bretton Woods gold has usually been a winner when the credibility of monetary policy was in doubt. Gold performed well throughout the 70s as confidence in central banks came under pressure, and performed badly when Volcker restored confidence in central banking. The most recent phase has again been one where the credibility of central banks has been in doubt. In this respect, gold could still play a role as a kind of insurance against monetary experiments. "


Dr. Thomas Liebi
Dr. Thomas Liebi

"Im Zuge der enormen Ausweitung der Notenbankgeldmenge nach Ausbruch der Krise ist auch der Goldpreis stark angestiegen. Viele Anleger wollten sich durch den Goldkauf wappnen gegen den erwarteten Anstieg der Inflationsrate. Aufgrund der weltweit tiefen, oft sogar negativen, Realzinsen waren die Opportunitätskosten der Goldhaltung zudem vernachlässigbar. Da die gefürchtete Teuerung bisher nicht eingetreten ist und sich zugleich die Zinsen etwas von den Tiefstständen gelöst haben, wurde auch der Goldbesitz wieder weniger attraktiv. Sollte die US-Notenbank wie erwartet in den nächsten Monaten mit dem Einstieg in den Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik beginnen, so dürfte das den Goldpreis weiter unter Druck setzen. Da die globale Liquiditätsschwemme anhält, werden aber längerfristig wieder Inflationsängste erwachen, welche den Goldpreis stützen werden."


Peter Schlagbauer
Peter Schlagbauer

"Ein direkter, unmittelbarer Zusammenhang zwischen Geldmenge und Goldpreis ist kurz- und mittelfristig kaum feststellbar. Wesentlicher ist dagegen die Entwicklung des realen (also um die Inflationsrate bereinigte) Zins- und Renditeniveaus. Die Korrektur des Goldpreises ist maßgeblich vom Anstieg der realen Renditen getrieben (gewesen). Daher haben sich viele Finanzinvestoren aus Goldinvestments zurückgezogen, wohingegen die Nachfrage nach physischem Gold vor allem aus Asien sehr hoch ist. Bemerkenswert ist, dass der starke Preisanstieg zwischen 2001 und 2007 (noch vor der Krise und den Anleihekaufprogrammen) stark von der Nachfrage aus den Emerging Markets getrieben war. Es ist denkbar, dass dieser fundamentale Trend in einigen Quartalen wieder die Oberhand gewinnt. "


Economics Forum: Investment Strategen und Ökonomen antworten

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