T. Rowe Price Chefökonom nimmt Zentralbanken unter die Lupe

Zinserhöhung in den USA, reduziertes QE in der Eurozone und eine "Kontrolle der Renditekurve" in Japan: In einem aktuellen Gastbeitrag analysiert Nikolaj Schmidt, internationaler Chefökonom von T. Rowe Price, die jüngsten Entscheidungen der global bedeutendsten Zentralbanken. Economics | 06.03.2017 07:58 Uhr
Nikolaj Schmidt, internationaler Chefökonom, T. Rowe Price / ©  T. Rowe Price
Nikolaj Schmidt, internationaler Chefökonom, T. Rowe Price / © T. Rowe Price
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Zentralbanken: Reduktion der akkommodierenden Geldpolitik

Die Entscheidung der Federal Reserve, mit der Zinserhöhung im Dezember die Straffung der Geldpolitik wiederaufzunehmen, war motiviert durch folgende Ereignisse: eine verbesserte Wachstumsdynamik, sinkende Arbeitslosigkeit auf ein Niveau, welches das Federal Open Market Committee (FOMC) als «Vollbeschäftigung» bezeichnet, und die Aussicht auf zusätzliche haushaltspolitische Konjunkturmassnahmen unter der Regierung Trumps. Obwohl die Zinserhöhung erwartet wurde, überraschte das FOMC die Finanzmärkte mit der geplanten Beschleunigung der Straffung 2017. Dies führte zu einem sofortigen Ausverkauf von Bonds. Risikoreiche Anlagen haben seit der Erhöhung gut performed – vermutlich, weil die Fed die Zinsraten in einer Zeit starken Wachstums erhöht hatte, im Gegensatz zum Dezember 2015, als die Zinsanhebung in einem sich verlangsamenden Wachstumsumfeld erfolgte. 

Die Wahl Trumps hat die Aussichten auf weitere haushaltspolitische Konjunkturmassnahmen angekurbelt. Für gewöhnlich verstärkt dies den Druck auf die Fed, die Zinsen zu erhöhen. Weitere Zinsschritte würden Trumps Ziel, Jobs im Rust Belt zu schaffen, jedoch nicht unterstützen. Deshalb wird er mit seinen FOMC-Ernennungen vielleicht versuchen, die Fed von einer «anpassungsfähigeren» Haltung zu überzeugen. Wir gehen davon aus, dass die aktuell stimmberechtigten Mitglieder des FOMC sich des Drucks, allzu akkommodierend zu handeln, bewusst sind. Dies könnte zumindest teilweise erklären, warum sie im Dezember einen offensiveren Kurs gewählt haben. Unsere Erwartungen bezüglich Fed 2017 sind seit letztem Sommer 2016 unverändert geblieben: Wir erwarten drei Zinsschritte im Jahr 2017, den nächsten im Mai oder Juni. An ihrem Dezember-Meeting hat die Europäische Zentralbank (EZB) angekündigt, dass sie ihr Anleihekaufprogramm ab März von 80 auf 60 Milliarden pro Monat reduzieren wird. Diese Reduktion kam etwas überraschend, wobei die EZB dies mit der Verlängerung des Programms bis Ende 2017 wieder ausgeglichen hat. Ihre Entscheidung, die Höhe der Anleihenkäufe zu reduzieren, kam einerseits durch verbesserte Daten und andererseits durch einen Mangel an geeigneten Anleihen zu Stande (die EZB hat für das Anleihenkaufprogramm strikte Kriterien definiert, welche Anleihen gekauft werden können).

Vorausschauend erwarten wir, dass die «offensivsten» Mitglieder der EZB, insbesondere Deutschland, die Straffung der Geldpolitik weiter vorantreiben werden. Trotzdem gehen wir davon aus, dass Präsident Mario Draghi auf die unter ihrem Zielwert liegende Inflation hinweisen wird. Deshalb glauben wir, dass die aktuelle Kalibrierung der Geldpolitik bis Ende 2017 aufrechterhalten werden wird.

Die Politik der Bank of Japan (BoJ) ist erfreulicherweise gedämpft worden. Der Zentralbankchef Haruhiko Kurado ist nicht von der «Kontrolle der Renditekurve» abgekommen, unter welcher die BoJ versprochen hat, Marktoperationen zu nutzen, um die Rendite von 10-jährigen Staatsanleihen bei 0% zu halten. Vor dem wahlbedingten Ausverkauf in US-Anleihen haben die Marktteilnehmer gezweifelt, ob die BoJ in der Lage sein würde, die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen so hoch wie 0% zu halten. Jetzt zweifelt der Markt, ob die BoJ es schaffen wird, die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen so niedrig wie 0% zu halten. Wir glauben, dass es zwei Szenarien gibt, in welchen die BoJ ihr Ziel für die Zehnjährigen-Rendite adaptieren könnte. Erstens: Überhitzte Wirtschaft und Inflationsdruck werden vorherrschend und zweitens: die Abwertung des Yen wird zum politischen Problem. Wir denken nicht, dass genannte Konditionen bald eintreten werden, rechnen deshalb damit, dass die BoJ in absehbarer Zeit bei ihrer aktuellen Kalibrierung bleiben wird.

Wohin führt dies die Finanzmärkte?

Kurzum: Zu Verwirrung und wenig Überzeugung. Obwohl die Daten stärker ausgefallen sind, als erwartet, gehen wir weiter von einer Mässigung des globalen Wachstums aus. Kurzfristig würde dies das lange Ende der globalen Renditekurve etwas entlasten. Inmitten von globalem Wachstum, das wahrscheinlich marginal langsamer aber immer noch zufriedenstellend sein wird, rechnen wir damit, dass die Risikomärkte weiterhin gut gehandelt werden können – obwohl wir wissen, dass die Bewertungen etwas gesättigt werden. Einhergehend mit stärkeren Risikomärkten ist es wahrscheinlich, dass der US-Dollar benachteiligt wird.

Es gibt haufenweise Risiken für diese Prognose. Erstens ist Präsident Trump begierig, mit der Arbeit zu beginnen, und wir könnten Instabilitäten an den Märkten sehen, wenn er mit China auf Kollisionskurs geht oder seine Haltung zum Handel als ein ernsthafter Gegenwind für globales Wachstum erachtet würde. Zweitens könnte die Fed die Geldpolitik schneller straffen als erwartet. Ein dritter Risikofaktor ist der politische Kalender in Europa: Mit bevorstehenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland und möglicherweise Italien, dürfte ein früher Hinweis, dass ein populistischer Kandidat gewinnen könnte, viele Fragen für die Zukunft des Euros aufwerfen. Zuguterletzt werden starke Basiseffekte die Headline-Inflation über die nächsten Monate deutlich in die Höhe treiben. Für die Entscheidungsträger in entwickelten Volkswirtschaften dürfte dies kein Problem darstellen. Für Ihre Gegenspieler in Emerging Markets hingegen, wo die Inflationserwartungen weniger verankert sind, könnte dies zur Herausforderung werden. 

Nikolaj Schmidt, Chief International Economist, T. Rowe Price


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