Türkei-Fonds im Wechselbad der Gefühle

2008 war bislang nicht das Jahr der Türkei-Investoren. Der volatilste Aktienmarkt der Welt musste in den ersten drei Monaten auch den größten Verlust verzeichnen. Wie geht es jetzt weiter? Und welche Fonds liegen risikoadjustiert vorne? Funds | 28.03.2008 06:15 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

2008 war bislang nicht das Jahr der Türkei-Investoren. Der volatilste Aktienmarkt der Welt musste in den ersten drei Monaten auch den größten Verlust verzeichnen. Der MSCI Turkey verlor 34 Prozent seit Jahresbeginn und ist damit wieder auf das Kursniveau vom März 2007 gerutscht.

Türkei schwächster Markt seit Jahresbeginn

Dabei war die Kurskorrektur am türkischen Markt zunächst etwas „Natürliches“. „Die Türkei ist ein typischer Emerging Market. Der Verkaufsdruck seit Jahresbeginn kam von Investoren, die ihre riskanteren Werte loswerden wollten,“ erläutert Manfred Zourek, Fondsmanager des ESPA Stock Istanbul. Denn die Türkei ist nicht das einzige Schwellenland, dessen Markt unter die Räder gekommen ist. Auch in China ist die Korrektur seit Jahresbeginn mit mehr als minus 30 Prozent heftig ausgefallen, Indien zählt ebenfalls zu den Underperformern.

Politische Krise erschüttert Aktienmarkt

Doch die Türkei wäre nicht die Türkei, wenn nicht auch die Politik beim aktuellen Kurssturz eine Rolle gespielt hätte. Und wie so oft dreht sich bei den aktuellen politischen Querelen um die Frage, inwieweit die Türkei „islamisiert“ würde und ob die säkulare Ordnung auf dem Spiel steht. Doch diesmal hat sich auch der Generalstaatsanwalt Abdurrahman Yalcinkaya in das politische Geschäft eingemischt, indem er das Verbot der Regierungspartei (AKP) von Premierminister Recep Tayip Erdogan bantragt hat. Damit brachte er den Stein ins Rollen und die Kurse ins Rutschen. Am 17. März erlebte die Börse in Istanbul mit einem Minus von 7,5 Prozent das kräftigste Minus seit zwei Jahren.

Und die politische Unsicherheit könnte die Türkei auch in den nächsten Monaten in Atem halten. In einer aktuellen Marktanalyse des britischen Investmenthauses Charlemagne Capital heißt es: „Eines ist klar: Die politische Stabilität ist nun mit bedeutsamen Herausforderungen konfrontiert.“ Darüber hinaus habe der Generalstaatsanwalt den Zeitpunkt des Verbotsantrages symbolisch gewählt: genau vor zehn Jahren wurde die Wohlfahrtspartei verboten, was zur Gründung der AKP führte.

Doch die Aussicht auf Erfolg der Verbotsklage wird eher gering gewertet. Schließlich verfügt die AKP über eine komfortable Mehrheit. „Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die alleinige Regierungspartei einfach zugesperrt wird,“ so Zourek. Darüber hinaus ist auch der außenpolitische Druck aus Europa und den USA groß, die demokratisch gewählte AKP nicht zu verbieten. Dennoch: „Den Vorwurf kann man nicht einfach vom Tisch wischen, schließlich kommt er vom Generalstaatsanwalt. Er wird die Türkei noch eine Zeit lang beschäftigen und andere Themen in den Hintergrund drängen,“ so Zourek.

Leistungsbilanz ein "Manko"

Dabei hat die Türkei genügend Herausforderungen an der wirtschaftlichen Front. So liegt die Leistungsbilanz bei einem Saldo von minus 7,7 Prozent. Der Konjunkturmotor brummt nicht mehr so flott wie noch zwischen 2002 und 2006, als die Wirtschaft im Schnitt mit mehr als sieben Prozent pro Jahr wuchs. 2007 lag das Wachstum bei fünf Prozent, für 2008 soll es erneut auf diesem Niveau liegen. Auch die Inflation liegt über den Zielen der Zentralbank, bei rund neun Prozent. „Die Leistungsbilanz ist derzeit das große Manko der Türkei. Doch solange die Wirtschaft weiterhin ihren Wachstumspfad beschreitet, sollte die Leistungsbilanz kein wirkliches Problem darstellen,“ bewertet Zourek die Aussichten.

"Herausforderung sollte zu meistern sein"

Dabei war es nicht zuletzt die Regierung Erdogan, die den Wachstumspfad mit Liberalisierungen und Privatisierungen beschritt. Kein Wunder also, dass die neue Wirtschaftselite nicht viel von dem Verbotsantrag des Staatsanwaltes hält: „Die kombinierte Opposition aus der Mehrheit der Bevölkerung, der türkischen Wirtschaft und zahlreichen politischen Kräften sollte stark genug sein, um die rechtliche Herausforderung zu meistern, ehe sie zu destruktiv für die türkische Wirtschaft wird,“ hofft auch Stefan Herz, Fondsmanager des Magna Turkey.

Neben den politischen Turbulenzen dürfte auch das außergewöhnlich hohe Gewicht von Finanztiteln am türkischen Markt zu der relativen Underperformance geführt haben. Denn Bankentitel werden von Investoren zurzeit eher gemieden. „Die Banken sind schon so unbeliebt, dass es Sinn macht, sie überzugewichten,“ meint daher Manfred Zourek. In seinem Portfolio machen Finanztitel (Stichtag: 29. Februar 2008) 47,9 Prozent aus.

Die besten Fonds im Überblick

Gerade in einer so volatilen Anlagekategorie wie Türkei-Aktien, macht es Sinn einen Blick auf das risikoadjustierte Abschneiden der Fonds zu achten. Auf Sicht der letzten fünf Jahre, liegt jedenfalls der Tuerkisfund Equities mit einer Sharpe Ratio von 0,75 vor dem ESPA Stock Istanbul (0,65), der Indexfonds EMIF Turkey B Cap (0,6) und dem Türkei 75 Plus (0,54). Mehr Fonds verfügen allerdings noch nicht über eine solche Historie.

Auf 3-Jahres-Sicht lautet die Reihenfolge wie folgt (Sharpe Ratio in Klammer):

  1. Magna Turkey (0,23)
  2. Türkei 75 Plus (0,21)
  3. ESPA Stock Istanbul (0,21)
  4. EMIF Turkey Plus (0,18)
  5. Türkisfund Equities (0,15)

Boden bereits erreicht?

Für Anleger haben die vergangenen Monate wieder in Erinnerung gerufen, wofür die Türkei so berühmt berüchtigt ist – Volatilität und Unsicherheit. Daher bleibt auch der Ausblick der Experten sehr vage. Zu viele Variablen wie Politik oder globale Konjunktur bestimmen den Aktienmarkt derzeit und überdecken somit die „Fundamentals“, also die Fundamentaldaten der Unternehmen. Für Herz hat sich die Kluft zwischen den Unternehmensdaten und den Aktienkursen in den vergangenen Wochen noch weiter vertieft: „Wenn die Periode der Unsicherheit anhält, werden sich die Zweifel an den Gewinnerwartungen mehren und die geringen Kurs/Gewinn-Verhältnisse wären relativ gehaltlos.“

Alle Daten per 24.3.2008 in Euro
Quelle:

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.