Die meisten Privatanleger verschenken Geld, weil sie irrational handeln. Um zu verstehen, welche Anlagestrategien langfristig erfolgreich sind, lohnt ein Blick weit zurück in die Vergangenheit.
Sind nur Aktien für den langfristigen Vermögensaufbau attraktiv?
Auf lange Sicht – das ist bekannt – entwickeln sich Aktien deutlich besser als Staatsanleihen und erst recht besser als Geldmarktpapiere. Wer 1925 1.000 Dollar in US-Blue Chips angelegt hatte, konnte sich 2007 über ein Vermögen von 3.246.000 Dollar freuen – das ist eine jährliche Rendite von über zehn Prozent. Staatsanleihen brachten nur die halbe Rendite, und das bedeutet, dass sich das Vermögen in den 82 Jahren auf nur 71.000 Dollar vermehrt hatte. Noch trauriger sieht es bei Geldmarktpapieren aus: Hier wurden aus 1.000 Dollar nur gut 20.000. Berücksichtigt man noch die Inflation, dann hat sich das in Aktien investierte Kapital immerhin ver277facht, während sich das Bonds-Portfolio nur versechsfachte – und das in den Geldmarkt investierte Kapital vermehrte sich innerhalb eines Menschlebens um lächerliche 72 Prozent. Das zeigt: Nur Aktien sind für den langfristigen Vermögensaufbau attraktiv.
Scheinbar höheres Risiko
Ein oft gehörtes Argument gegen Aktien ist ihr (scheinbar) höheres Risiko. Denn Aktien schwanken stärker. Darum taugen sie nicht als kurzfristige Anlage. Wer womöglich darauf angewiesen ist, sein Kapital nach wenigen Jahren wieder flüssig zu machen, lebt mit Aktien gefährlich. Wer seine US-Blue Chips nach einem Jahr wieder verkaufte, konnte zwar einen Gewinn von bis zu 54 Prozent machen, aber auch einen Verlust von 43 Prozent erleiden – ja nach dem, zu welchem Zeitpunkt er gekauft hatte.
Die durchschnittliche Schwankungsbreite verringert sich aber drastisch, je länger man die Aktien behält. Bei einer Haltedauer von 15 Jahren oder mehr ist die Gefahr, mit Aktien einen Verlust zu machen, nahe Null. Mit anderen Worten: Mit einer langfristigen Aktienanlage hätte man in den vergangenen 82 Jahren immer ein positives Ergebnis erzielt, selbst wenn man sich für sein Investment den ungünstigsten Zeitraum ausgesucht hätte.
Haltedauer des Investments ist entscheidend
Interessant ist natürlich nicht nur die Verlustvermeidung, sondern auch die Frage, mit welcher Anlageform man den höchsten Ertrag erzielt. Auch hier ist die Antwort abhängig von der Haltedauer des Investments. Bereits bei einer Frist von fünf Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit, dass man mit Aktien am besten fährt, bei drei Vierteln. Bei mehr als 20 Jahren liegt sie bei praktisch hundert Prozent. Das heißt, langfristig gesehen gibt es keine Risikoargumente, die für Zinspapiere sprechen.
Market Timing ist gefährlich
Viele Anleger versuchen, den schwankenden Aktienmärkten ein Schnippchen zu schlagen, indem sie „rechtzeitig“ ein- und aussteigen. Dieses „Market Timing“ ist höchst gefährlich. Denn der Großteil der Gewinne am Aktienmarkt wird an wenigen Handelstagen gemacht. Wer gerade zu diesen Zeiten nicht investiert ist, erzielt auch mit Aktieninvestments keine interessanten Renditen. Bleiben wir bei unserem Beispiel vom US-Aktienmarkt zwischen 1925 und 2007: Wer hier in den 39 besten Monaten – das sind vier Prozent der Monate – nicht investiert war, hatte genauso viel verdient, wie auf dem Geldmarkt – also fast gar nichts.
Ein weiteres Argument spricht für langfristige Aktieninvestments: der Zinseszinseffekt. Zwar leuchtet jedem unmittelbar ein, dass eine höhere Rendite im Lauf der Zeit zu einem exponentiell höheren Gesamtertrag führt, doch viele setzen diese Erkenntnis nicht in ihrer Anlagestrategie um. So werden aus 1.000 Dollar nach 45 Jahren mit Geldmarktpapieren gut 5.000, mit Bonds gut 10.000 und mit Aktien fast 86.000 Dollar. Wer jährlich 1.000 Dollar investiert, also im Lauf der Jahre 45.000 Dollar einsetzt, hat am Ende mit T-Bills knapp 116.000, mit Bonds über 183.000 und mit Aktien über 900.000 Dollar!
Differenzierte Prognosen für Wachstumswerte
Schließlich lohnt sich noch eine differenzierte Betrachtung verschiedener Segmente des Aktienmarktes. Häufig wird der Kauf so genannter Wachstumswerte empfohlen. Das sind Unternehmen, denen man aufgrund ihres besonderen Geschäftsmodells ein hohes Gewinnwachstum in der Zukunft zutraut. Diese Einschätzung gründet auf Erwartungen und Prognosen. Da solche Prognosen häufig aber nicht eintreten, liegt die langfristige Wertentwicklung dieser Aktien hinter der des Gesamtmarktes zurück. Der Renditeunterschied gegenüber Value-Aktien – das sind Titel, die aufgrund fundamentaler Kriterien als günstig bewertet gelten – beträgt über drei Prozentpunkte pro Jahr. Das ist eine gewaltige Differenz: Nach 82 Jahren werden deshalb aus einem „Wachstums-Dollar“ 1.600 Dollar, während sich der Ertrag aus einem in Value-Aktien angelegten Dollar auf über 21.000 Dollar summiert.
Fazit
Zusammenfassend zeigt die historische Betrachtung folgendes: Wer langfristig Vermögen aufbauen will, fährt mit Aktien eindeutig am besten, vor allem mit Value-Werten. Und er sollte nicht versuchen, durch Market Timing den Markt auszutricksen, sondern über alle Aufs und Abs der Börse hinweg investiert bleiben.
Zur Person: Michael Keppler ist Inhaber und Geschäftsführer von Kepper Asset Management Inc., New York
Weitere Infos: Lesen Sie auch das Interview mit Michael Keppler zum Thema "BRIC alleine reicht nicht".
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