Die Arbeitslosigkeit stieg mit 6,5 % (Vormonat: 6,1 %) stärker als erwartet und befindet sich damit auf ihrem höchsten Stand seit 1994. Die Beschäftigtenzahl außerhalb der Landwirtschaft sank den zehnten Monat in Folge und lag im Oktober mit einem Minus von 240.000 über den Erwartungen der Volkswirte.
Zudem revidierte das US-Amt für Arbeitsstatistik (BLS) die bereits schwachen Zahlen der beiden Vormonate nach unten, wodurch der Rückgang um insgesamt weitere 179.000 Stellen anstieg; der Beschäftigungsabbau im August erhöhte sich von 73.000 auf 127.000, während im September 284.000 statt zunächst 159.000 Arbeitsplätze wegfielen. Damit sind in der US-Wirtschaft seit Jahresbeginn bereits 1,18 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen, ein beunruhigender Trend, der sich vermutlich auch 2009 fortsetzen wird.
Arbeitslosigkeit und verarbeitendes Gewerbe im Negativtrend
Zugegeben, die Beschäftigung ist ein typischer nachlaufender Indikator, und Federated geht in seinen Prognosen nach wie vor davon aus, dass die Rezession (deren Beginn wir auf das vierte Quartal 2007 datieren) ab Mitte des kommenden Jahres allmählich zu Ende gehen wird. Dies impliziert jedoch auch, dass die Arbeitslosenquote bis Ende 2009 auf 8 % klettern könnte, was dem Höchststand der Rezession 1990-91 entspräche. Der Zustand des verarbeitenden Gewerbes stand dem des Dienstleistungssektors in nichts nach: Die Beschäftigtenzahl im verarbeitenden Gewerbe – die bereits seit Juni 2006 Monat für Monat rückläufig ist – sank im Oktober mit 90.000 Stellen stärker als erwartet und markierte damit den größten Monatsverlust seit Juli 2003.
Geringe Lohninflation als Hoffnungsschimmer
Die einzige gute Nachricht im Arbeitsmarktbericht für Oktober ist die vergleichsweise verhalten ausgefallene Entwicklung der Lohninflation. Die durchschnittlichen Stundenlöhne erhöhten sich gegenüber dem Vormonat um geringe 0,2 %, was einem Anstieg von 3,5 % im Jahresvergleich entspricht. Angesichts der in den vergangenen vier Monaten um mehr als 50 % gefallenen Preise für Rohöl und Agrarrohstoffe wurde dieser minimale Einkommenszuwachs jedoch von einem deutlichen Rückgang der Teuerungsrate überkompensiert.
Beunruhigende gesamtwirtschaftliche Daten
Genauso beunruhigend wie die Arbeitsmarktzahlen ist auch der Trend, der sich in den zurückliegenden Monaten bei den gesamtwirtschaftlichen Daten abgezeichnet hat. Seit dem Labor Day am 1. September scheint sich die US-Konjunktur im freien Fall zu befinden. Nachfolgend einige markante Tiefpunkte:
- Die nominalen Einzelhandelsumsätze waren erstmals seit 1992 in drei aufeinander folgenden Monaten rückläufig. Die bevorstehende Weihnachtssaison könnte für den Einzelhandel die schlechteste seit 25 Jahren werden.
- Die Automobilabsätze sanken auf ihren niedrigsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg.
- Der Häusermarkt steht nach wie vor stark unter Druck, und es ist damit zu rechnen, dass die desolate Lage noch ein weiteres Jahr anhält.
- Der ISM- Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe, ein monatlich veröffentlichter Frühindikator der wirtschaftlichen Tätigkeit, ist unlängst auf ein Allzeit Tief gesunken.
- Der vom privaten Forschungsinstitut Conference Board ermittelte Verbrauchervertrauensindex stürzte im Oktober auf ein Rekordtief.
Vor dem Hintergrund dieser schlechten Wirtschaftsdaten waren wir nicht überrascht, als die amtierenden Republikaner bei den US-Präsidentschafts- und Kongresswahlen am 4. November scheiterten, während die Demokraten die Präsidentschaft erringen und zudem ihre klare Mehrheit im Kongress ausbauen konnten.
Neue Regierung stellt sich den wirtschaftlichen Herausforderungen
Mit Blick auf das bisher Gesagte hoffen wir, dass sich der neu gewählte US-Präsident Barack Obama dem ganzen Ernst der Lage wirklich bewusst ist. Er demonstriert politische Führung, indem er mit seinen Wirtschaftsberatern und mit dem Kongress Vorschläge für ein neues zweistufiges Konjunkturprogramm erarbeitet, dessen Umfang 300 Milliarden Dollar oder mehr betragen könnte.
Die erste Stufe mit einem Volumen von rund 100 Milliarden Dollar könnte bereits in diesem Monat in einem parteiübergreifenden Kraftakt den Kongress passieren, um den nach unseren Schätzungen starken Rückgang des US-Bruttoinlandsprodukts im vierten Quartal abzumildern. Der zweite Teil des Konjunkturprogramms dürfte kurze Zeit nach Obamas Amtseinführung am 20. Januar verabschiedet werden.
Mögliche Elemente eines neuen Konjunkturprogramms
Gegenwärtig werden folgende Kernelemente des Konjunkturprogramms erwogen und diskutiert:
- Ausweitung der Leistungen für Arbeitslose
- Lebensmittelmarken
- Staatliche und lokale Unterstützung bei Gesundheitsausgaben
- Infrastrukturprojekte (z. B. Straßen- und Schienennetz, Brücken, Tunnel und Flughäfen)
- Steuersenkungen. Mögliche Optionen: Steuerbefreiung von Senioren mit Jahresbezügen unter 50.000 Dollar; Steuernachlass für Arbeitnehmer in Höhe von 6,2 % auf die ersten 8.100 Dollar ihres Einkommens; dauerhafte Verlängerung der von Präsident George W. Bush vorgenommenen Steuersenkungen für die Mittelschicht
- Unterstützung bei Hypothekendarlehen für Familien in Finanznöten, um Zahlungsverzug und den Verlust ihres Hauses durch Zwangsversteigerung zu verhindern
- Zusätzliches Rettungsprogramm für die Automobilindustrie im Volumen von 25 Milliarden Dollar unter der Prämisse ihrer Unterstützung der von Obama angestrebten Umweltziele durch drastische Anhebung der Standards für sparsamen Kraftstoffverbrauch, durch Senkung der Fahrzeugemissionen oder breite Einführung von „Flex-Fuel“-Fahrzeugen (die sowohl Kraftstoff mit hohem Ethanolgehalt (85 %) als auch normalen Ottokraftstoff nutzen können) oder durch verstärkte Anstrengungen bei der Entwicklung von Hybrid- und Elektroautos
Staatliche Maßnahmen rund um den Globus stützen die Wirtschaft
Die USA sind mir ihren politischen Maßnahmen natürlich nicht allein. Auch in anderen Teilen der Welt folgt man dem amerikanischen Vorbild aggressiver Leitzinssenkungen und fiskalischer Initiativen. Jüngstes Beispiel ist das von China am vergangenen Sonntag angekündigte massive Konjunkturprogramm im Volumen von 568 Milliarden Dollar, mit dem bis Ende
2010 Infrastrukturprojekte finanziert und damit das Wirtschaftswachstum angekurbelt werden soll.
Letztlich halten wir weiterhin an unserer Überzeugung fest, dass diese fiskalischen und geldpolitischen Maßnahmen im In- und Ausland dazu beitragen werden, die globale Kreditklemme zu beseitigen und die US-Konjunktur wieder auf die Beine zu bringen, woraufhin sie gegen Mitte des kommenden Jahres die Rezession hinter sich lässt. Hierin liegt nach unserer Einschätzung auch der Grund, weshalb sich Aktien im zurückliegenden Monat besser schlugen und der marktbreite S&P-500 seit seinem Tagestief am 10. Oktober 2008 um 10 % gestiegen ist.
Historie: USA in der Mitte des Rezessionszyklus’
Wir haben zahlreiche historische Rezessionszyklen untersucht und herausgefunden, dass die Talfahrt der Aktienmärkte etwa nach der Hälfte der Rezession zu Ende geht, während das Trommelfeuer negativer Wirtschaftsmeldungen (wie auch die Rezession selbst) anhält. Doch ab einem bestimmten Zeitpunkt setzt sich bei Investoren die Erkenntnis durch, dass sie die Rezession in angemessener Weise in die Kurse eingepreist haben und dass es nun gelte, über das Tal der Tränen hinweg zu blicken und damit zu beginnen, eine letztlich eintretende konjunkturelle Erholung vorwegzunehmen.
In unseren Augen steht diese Zyklusphase nun bevor, nachdem die Aktienkurse im vergangenen Monat trotz extrem negativer Wirtschaftsnachrichten nach oben tendierten. Darüber hinaus sendete der designierte Präsident Obama in den Tagen nach der Wahl ein starkes Signal an Investoren, dass die Unsicherheit des Wahlkampfes nun beendet ist und durch die Hoffnung ersetzt wurde, dass die neue Regierung die notwendigen mutigen Schritte unternehmen wird, um die US-Wirtschaft und die Finanzmärkte wieder auf Kurs zu bringen.
Gastkommentare werden von anerkannten Finanzmarktexperten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.