2009: Rezession endet nicht in Depression

Wohl nur selten zuvor ist der Blick in das neue Anlagejahr mit so vielen Unsicherheiten behaftet wie in der aktuellen Situation. Täglich erreichen uns neue Meldungen über rekordtiefe Stimmungsindikatoren bei Unternehmen und Konsumenten. Funds | 02.01.2009 03:14 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Milliardenschwere Hilfspakete von Regierungen und Notenbanken, Abstürze bei Aktien- und Rohstoffmärkten sowie zahlreiche Gewinnwarnungen börsennotierter Gesellschaften – da ist es schwer, die Übersicht zu behalten.

„Die Rezession wird nicht in eine Depression münden“, ist Christian Heger, Mitglied der Geschäftsführung von HSBC Global Asset Management (Deutschland) GmbH, zuversichtlich. Mit einer Bodenbildung am Aktienmarkt rechnet er zum Ende des ersten Halbjahres 2009. „Allerdings stehen die Zeichen für eine technisch bedingte vorübergehende Erholung in den nächsten Monaten gut“, ergänzt Heger.

HSBC Global Asset Management (Deutschland) GmbH will zunächst die aus ihrer Sicht für 2009 relevanten fundamentalen Rahmendaten herausarbeiten und dann daraus die Schlussfolgerungen für eine erfolgreiche Anlagepolitik in den nächsten zwölf Monaten ableiten:

Die Rezession ist angekommen

1. Wir befinden uns inmitten einer Rezession der Weltwirtschaft. Der Preiseinbruch bei Immobilien, Aktien und Rohstoffen sowie die anhaltenden Probleme im weltweiten Bankensystem lassen in allen großen Industrieländern in 2009 negative Wachstumszahlen erwarten.

Lehman Brothers sollte die Ausnahme bleiben

2. Die Parallele zu den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist jedoch übertrieben. So haben die Regierungen weltweit deutlich gemacht, dass ein zweiter Bankenzusammenbruch wie Lehman Brothers nicht gewünscht ist. Angesichts der heutigen Fähigkeiten der Notenbanken, die Geldschöpfung beinahe beliebig auszuweiten, haben wir keine Zweifel, dass die Stabilisierung des Bankensystems tatsächlich gelingt. Gleichzeitig dürften die angekündigten Konjunkturprogramme zunehmend ihre Wirkung entfalten und den Abwärtstrend bremsen. Das größte Stützungspaket für die westlichen Industrieländer stellt dabei der dramatische Einbruch der Rohölpreise dar. Die Drittelung der Preise seit der Spitze setzt Kaufkraftgewinne von mindestens 2000 Mrd. Dollar frei, mehr als alle beschlossenen Konjunkturprogramme zusammen. Die aktuelle Rezession wird daher zwar andere Auslöser als die übrigen Abschwünge seit dem zweiten Weltkrieg haben, mit einem gesamten Minus von drei Prozent dürfte das Ausmaß aber ein ähnliches Niveau wie 1974 bis 1975 erreichen. Mit einer Verbesserung der konjunkturellen Lage ist gleichwohl erst im Jahr 2010 zu rechnen.

Inflation ab 2010 wieder ein wichtiges Thema

3. Inflation hat als Investitionsthema ausgedient, die deflatorischen Auswirkungen der Einbrüche bei den Asset-Preisen dominieren das Geschehen. An dieser Sicht ändert auch die kräftige Kreditausweitung der öffentlichen Haushalte im Zuge der Konjunktur- und Rettungspakete wenig. Schließlich stehen der höheren öffentlichen Kreditnachfrage schrumpfende Kredite bei Unternehmen und Konsumenten gegenüber. Erst wenn die Assetpreise wieder auf breiter Front anziehen und der Kreditzyklus an Breite gewinnt, ist es an der Zeit, Inflation wieder stärker zu berücksichtigen. Dies dürfte vor Ende 2010 nicht der Fall sein.

Zinssenkungen der Notenbanken

4. Die Notenbanken werden ihre begonnene aggressive Zinssenkungspolitik konsequent fortsetzen. In Japan und in den USA wird eine Quasi-Nullzins-Geldpolitik zu beobachten sein. Mit dem geplanten Ankauf von Hypothekenschulden von rund 600 Mrd. Dollar setzt die FED bereits heute auf eine quantitative Geldpolitik. Die EZB dürfte diesen letzten Schritt vermutlich nicht gehen, die Leitzinsen aber zumindest in den Bereich von zwei Prozent bis 2,25 Prozent zurücknehmen. Zinserhöhungen dürften erst 2010 wieder auf der Agenda stehen.

China mit einer wichtigen Schlüsselrolle

5. China fällt bei der erwarteten Bodenbildung der Weltkonjunktur eine Schlüsselrolle zu. Vieles hängt davon ab, ob der mittlerweile drittgrößten Volkswirtschaft der Welt der Wandel von einer fast ausschließlich exportgetriebenen Nation zu einem stark von binnenwirtschaftlichem Wachstum getragenen Aufschwung gelingt. Dies hätte nicht nur einen Abbau der Ungleichgewichte mit den USA zur Folge, sondern würde auch einen signifikanten Beitrag zur Erholung der Weltwirtschaft leisten. Die deutlichen Zinssenkungen und die umfangreichen Konjunkturprogramme, die mit bis zu 25 Prozent des BIP weltweit ohne Beispiel sind, zeigen, dass China seine Verantwortung bislang ernst nimmt.

Alles in allem liegt daher in 2009 ein Rezessionsjahr mit geringer Inflation vor uns, wobei sich im zweiten Halbjahr eine Stabilisierung auf niedrigerem Niveau einstellen dürfte. Eine Prognose für eine nachhaltige konjunkturelle Erholung fällt derzeit schwer. Zwar spricht aus heutiger Sicht vieles für eine Verbesserung im Jahr 2010, zahlreiche Konjunkturprogramme bergen aber das Risiko kurzatmiger Aktionen mit späterem Rückschlagspotenzial. Das Risiko, dass das Muster der mittelfristigen Konjunkturentwicklung eher einem W als einem langgestreckten U folgt, ist noch vorhanden.

Vor diesem Hintergrund sollte der Anleger 2009 folgende Punkte bei seiner Anlagestrategie berücksichtigen:

1. Grundsätzlich ist weiterhin eine defensive Anlagepolitik angesagt. Risiken sollten nur dort eingegangen werden, wo entsprechend hohe Risikoprämien angeboten werden. Da das Risiko einer Depression gering ist, bieten sich nach den dramatischen Kursrückgängen der vergangenen Monate in einigen Assetklassen aber durchaus Chancen.

2. Sichere Staatsanleihen stellen in Euroland weiterhin eine solide Anlage dar. Allerdings dürfte nach den Kursgewinnen der letzten Monate 2009 nur der Kupon zu verdienen sein. Zwar dürften die in 2005 erreichten Zinstiefs von rund drei Prozent für die 10-Jahres-Bundesanleihe nochmals erreicht werden, im zweiten Halbjahr droht jedoch im Zuge der Konjunkturstabilisierung ein Rückschlag.

3. Die Aktienmärkte haben nach den Kursrückgängen der vergangenen Monate das von uns erwartete Rezessionsumfeld in den Preisen berücksichtigt. Kurs/Gewinn-Verhältnisse von unter zehn und Kurs-Buchwert-Relationen von unter eins stellen ohne Zweifel selten erreichte historische Tiefstände dar. Allerdings sind niedrige Bewertungen per se keine Garantie für steigende Notierungen. Vielmehr können die Bewertungen in Zeiten unsicherer Gewinn- und Konjunkturprognosen längere Zeit auf niedrigem Niveau verharren. Während die Voraussetzungen für eine kurzfristige Rallye an den Aktienmärkten im Zeitraum Dezember bis Februar günstig wie selten erscheinen, ist es aus unserer Sicht für einen nachhaltigen Aufschwung noch zu früh. Der Tiefpunkt dürfte vielmehr erst Mitte 2009 mit dem von uns erwarteten Tiefpunkt der Gewinnrevisionen zusammenfallen. Bis dahin bieten sich zwar für den Trading-orientierten Anleger Chancen, größere Engagements sollten aber vorerst zurückgestellt werden.

4. Bei der Auswahl der Aktienmärkte sollten diejenigen Börsenplätze bevorzugt werden, bei denen die Bewertungsrelationen besonders günstig sind und der Rezessionszyklus bereits weit vorangeschritten ist. Dazu zählt insbesondere der Aktienmarkt Euroland, der zu den USA nach wie vor einen Bewertungsabschlag aufweist. Bei den Emerging Markets ist angesichts des in diesen Ländern gerade erst begonnenen Abschwungs zunächst noch Vorsicht angezeigt. Die Ausnahme stellt hier China dar. Angesichts der massiven Gegenbewegung des Staates sind hier antizyklische Käufe mit Blick auf 2009 durchaus attraktiv.

5. Der Aufwärtstrend des Dollars sollte 2009 wieder auslaufen. Die sehr aggressive Geld- und Fiskalpolitik in den USA dürfte mittelfristig das Vertrauen in die amerikanische Währung wieder gefährden. Sobald die Kreditverspannungen im Bankensystem nachlassen, droht dem Dollar gegenüber dem Euro daher im kommenden Jahr ein Rückschlag.

6. Die im Segment Corporate Bonds Investment-Grade derzeit erzielbaren Risikoprämien machen diese Assetklasse zum Favoriten für das Anlagejahr 2009. So waren die Überschussrenditen im Vergleich zu sicheren Staatsanleihen nur einmal – nämlich in der Depression der dreißiger Jahre – höher als aktuell. Da wir aber dieses Szenario nicht erwarten, stellt die aktuelle Bewertung nach unserer Meinung eine gute Kaufgelegenheit dar. Allerdings sollten Anleger hier zumindest einen mittelfristigen Anlagehorizont unterstellen, das heißt in der Regel ein Halten bis zur Fälligkeit. Ein Teil der Prämie wird nämlich auch für die mangelnde Liquidität dieser Anlageformen gewährt.

Als Fazit aus Sicht von HSBC bleibt festzuhalten, dass bei aller Vorsicht für einen grundsätzlichen Pessimismus im Jahr 2009 nur wenig Anlass besteht. Vielmehr könnte durchaus wieder ein in Rezessionen vertrauter Zyklus ablaufen, demzufolge nach den kurzen Zinsen die Zinsen lang laufender Staatsanleihen sinken, danach kommen die Überschussrenditen von Corporate Bonds unter Druck, und erst anschließend steigen auch die Aktienkurse nachhaltig. Die erste Stufe in diesem Zyklus ist bereits erreicht, die zweite Stufe – der Rückgang der Überschussrenditen – dürfte 2009 bevorstehen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass im Verlauf des kommenden Jahres auch die dritte Stufe erreicht wird.

Bis dahin eröffnen sich für den Aktienanleger Trading-Gelegenheiten in Form einer technischen Erholung. Mit einer generellen Aufstockung der Aktienquote sollte aber noch abgewartet werden. Angesichts der historisch einmaligen Kombination aus massiven Kursverlusten und staatlichem Gegensteuern wird es im Verlauf des nächsten Jahres zudem mehr noch als in den Vorjahren darauf ankommen, die Anlagepolitik immer wieder zu hinterfragen.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.