Abwärtstrend in Russland gestoppt?

Welche Faktoren den russischen Aktienmarkt im vergangenen Jahr und zuletzt beeinflusst haben und wie günstig Russland auf aktuellem Ölpreis Niveau wirklich ist. Elena Shaftan, Fondsmangerin des Jupiter New Europe Fund mit einer aktuellen Einschätzung zu Russland und Osteuropa. Funds | 03.03.2009 05:04 Uhr
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Elena Shaftan: "Die Entwicklung der Gewinnschätzungen und Gewinnrevisionen ist auch für den russischen Markt sehr wichtig. Bis November letzten Jahres gab es noch positive Gewinnschätzungen für 2009. Seitdem gab es einen deutlichen Kursrückgang. Russland ist mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von 3,5 und eine Kurs/Buchwert von 0,5 aktuell extrem günstig bewertet und auch in Emerging Markets Indizes niedrig gewichtet.

Russland noch mit starker Bilanz

Zum Unterschied von anderen Emerging Markets verfügt Russland über hohe Reserven, die in Summe rund USD 388 Mrd. betragen. Davon hält die Zentralbank USD 163 Mrd. - der National Prosperity Fund USD 88 Mrd. und der Reservefonds (Stabilisierungsfonds) USD 137 Mrd. Der Großteil der kurzfristigen Verbindlichkeiten wurde von Unternehmen (USD 309 Mrd.) und nur zu einem geringeren Teil von privaten Haushalten (USD 57 Mrd.) aufgenommen. Der Anteil der kurzfristigen Staatsschulden in der Höhe von USD 9 Mrd. ist sehr gering.

Elena Shaftan: "Wir meiden private Unternehmen mit zu hoher Verschuldung und bevorzugen Unternehmen, wo der Staat maßgeblich beteiligt ist. Wenn Unternehmen in eine Schieflage kommen, wird der Staat zur Hilfe kommen - allerdings auch nur zu ganz bestimmten Bedingungen, beispielsweise mit Jobgarantien für Mitarbeiter, Auflagen für bestimmte Standorte, etc. Wir haben zuletzt Unternehmen verkauft, deren Schulden in der heutigen Krise als zu hoch eingestuft wurden."

Rubel Wechselkurs und Ölpreis

Russland hat in der Vergangenheit den Kurs des Rubels gegenüber einem Basket von Währungen gemanagt (55 Prozent Euro, 45 Prozent US Dollar). Elena Shaftan: "Nach der Abwertung des Rubels von rund 30 Prozent sollte bei einem Ölpreis von rund USD 40 ein neues Gleichgewicht auf dem Markt möglich sein. Ein Rückgang des Ölpreises unter die Marke von USD 35 würde neue Probleme schaffen. Ein weiterer Risikofaktor ist eine deutlich tiefere Rezession in Westeuropa." Wie auch in Westeuropa kann Russland die bislang beschlossenen Maßnahmen ohne Probleme finanzieren. Falls die Konjunkturbelebung jedoch ausbleibt, können die Mittel für eine zweite oder dritte Stimulierungsrunde sehr knapp werden.

Ein Grund warum die Konjunkturpakete in der Höhe von rund 25 Prozent des BIP noch nicht gewirkt haben ist u. a. auch jener, dass viel Liquidität auf Fremdwährungsdepots verlagert wurde und auch zahlreiche Unternehmen auf eine Abwertung des Rubels spekuliert hatten. Nach der starken Korrektur des Wechselkurses wird wieder ein Teil der Liquidität genutzt und investiert.

Kleine Probleme in großen Ländern vs. große Probleme in kleinen Ländern

Elena Shaftan: "Die Region Osteuropa ohne Russland kann man grundsätzlich in zwei Gruppen von Ländern teilen. Einerseits die größeren Länder, die kleinere Probleme haben - Polen, Tschechien und Türkei - und dann die kleineren Länder, die größere Probleme haben. Das sind vor allem Rumänien, Bulgarien und Lettland. In Polen beträgt die Neuverschuldung in diesem Jahr -2,9 Prozent, in Tschechien nur -2,5 Prozent und in der Türkei auch nur -2,6 Prozent. Die Gesamtverschuldung in Prozent des BIP liegt ebenfalls auf einem relativ niedrigen Niveau: Polen 47 Prozent, Tschechien nur 29 Prozent und Türkei 44 Prozent. Wenig Druck sollte auch von der privaten Kreditseite entstehen, da die Fremdwährungskredite in Polen bei 12 Prozent, in Tschechien bei 4 Prozent und in der Türkei bei 20 Prozent liegen."

In den Ländern Rumänien, Bulgarien und Lettland gibt es jedoch erhebliche Risiken im Bereich der Fremdwährungskredite, deren Anteil an den gesamten privaten Krediten in Rumänien 57,3 Prozent, in Bulgarien 28,5 Prozent und in Lettland 87,3 Prozent beträgt. Auch in der Ukraine beträgt der Anteil deutlich über 40 Prozent und kann bei einem weiteren Währungsverfall zu substantiellen Kreditausfällen führen.

Strukturelles Aufholpotenzial in Osteuropa

Obwohl sich das Kreditgeschäft in den letzten Jahren in Osteuropa sehr dynamisch entwickelt hat, liegt der Anteil der privaten Hypotheken in Ungarn und Polen erst bei einem Anteil von 12 Prozent des BIP, in Bulgarien bei 10 Prozent und in Tschechien bei 9 Prozent. In Rumänien beträgt dieser Wert erst 4 Prozent und in Russland nur 2 Prozent. Die vergleichbaren Werte liegen in UK bei 86 Prozent und in der gesamten EU27-Region bei 50 Prozent. Dies zeigt, dass sich in Osteuropa - nach Bewältigung der aktuellen Krise - ein strukturelles Aufholpotenzial ergibt, das Banken aus Westeuropa in den letzten Jahren genutzt hatten.

Osteuropa günstig bewertet

Elena Shaftan: "Die osteuropäischen Aktienmärkte zählen heute zu den am günstigsten bewerteten Schwellenländern. Das Kurs/Gewinn-verhältnis von China liegt aktuell bei 10,3 und jenes von Indien bei 9,6. Die osteuropäischen Märkte liegen alle unter dem Schwellenländer Durchschnitt von 9,4. Dabei zählen Russland mit 3,5 und Ungarn mit 5,2 sowie die Türkei mit 5,8 zu den billigsten Märkten.

Jupiter New Europe: Russland Anteil erhöht

Elena Shaftan: "In den letzten Wochen wurde der Anteil von Russland von 30 Prozent auf 37 Prozent erhöht. In der Türkei haben wir Gewinne mitgenommen und unsere Gewichtung von 14 Prozent auf 6 Prozent reduziert. In Polen haben wir diese von 7 Prozent auf 13 Prozent aufgestockt." Der Finanzsektor ist aktuell mit 15 Prozent im Portfolio gewichtet, der Telekomsektor mit 16 Prozent und der Pharmasektor mit 13 Prozent. Öl und Gas haben wir durch die Erhöhung der Russland Quote von 10 Prozent auf 23 Prozent erhöht, wobei Gazprom, Lukoil und Rosneft innerhalb der Top-10 Holdings des Fonds liegen.

Shaftan erwartet zwar weiterhin starke Schwankungen, sieht jedoch auf Basis eines nicht unter 40 Dollar fallenden Ölpreises sehr günstige Bewertungen in Russland und in der Region, die Chancen für Investoren bieten. Ein stärker fallender Ölpreis sowie eine sehr starke Rezession in Westeuropa könnte dieses Szenario negativ beeinflussen und die Erwartung einer Erholung in Russland kippen.

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