´Mit Herz und Seele Fondsmanager´

Mag. Daniel Stössl, Fondsmanager bei der BAWAG P.S.K, spricht exklusiv mit e-fundresearch über die Systematik seines Fonds, die Aktienvorauswahl und die "Verschreibe-Methodik". Weiters analysiert er Erfolge und Enttäuschungen, sowie die speziellen Herausforderungen vor die ein Fondsmanager gestellt wird. Funds | 24.06.2009 05:00 Uhr
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e-fundresearch: Herr Stössl, Sie sind Fondsmanager des BAWAG P.S.K. Europa Dividende Plus Fonds (ISIN: AT0000A0B265). Seit wann sind Sie für das Management dieses Fonds verantwortlich? Stössl: Ich bin seit Fondsauflage des Fonds im Oktober 2008 für den Fonds verantwortlich und war auch sehr stark in der monatelangen Produktentwicklungsphase involviert.

e-fundresearch: Orientieren Sie sich an einer Benchmark? Wenn ja, an welcher?

Stössl: Die Fondssystematik des BAWAG P.S.K. Europa Dividende Plus mit dem systematischen Verschreiben von Optionen auf die Portfolio-Titel führt dazu, dass wir uns nicht mit einer herkömmlichen Aktienbenchmark vergleichen können. Die Backtests sowie die tatsächlich erzielten Ergebnisse zeigen, dass das Portfolio des Fonds in etwa ein Beta von 0,7 hat. Es ist jedoch Ziel des Fonds, risikoadjustiert höhere Erträge zu erzielen als ein vergleichbares gemischtes Portfolio. 

e-fundresearch: Managen Sie aktuell auch noch andere Fonds oder Mandate?

Stössl: Ich bin weiters seit Mitte 2007 für den BAWAG P.S.K. Europa Stock verantwortlich, der hauptsächlich in europäische Large Caps investiert. Bei diesen beiden Fonds gibt es im Bereich des fundamentalen Research viele Synergieeffekte.

e-fundresearch: Wie hoch ist das Gesamtvolumen, das Sie derzeit verwalten?

Stössl: Ich bin mit meinen Fonds für circa 50 Mio. Euro verantwortlich. Mein Kollege Stefan Mayr und ich managen als „Europa Team“ etwa 90 Mio. Euro in westeuropäischen Aktien.

e-fundresearch: Zur Performance: welche Ergebnisse konnten Sie seit Beginn des Jahres und in den letzten fünf Kalenderjahren, d.h. 2003, 2004, 2005, 2006 und 2007, erzielen? Sowohl absolut als auch relativ gegenüber der relevanten Benchmark.

Stössl: Da der Fonds am Beginn der Lehman Krise aufgelegt wurde, zeigen sich die Kursverluste des letzten Quartals 2008 deutlich mit -18 %. Im Vergleich dazu verlor ein breiter Index wie der Stoxx 600 22 % Deutlich erfreulicher ist die Year to Date Performance, die per 8 Juli  mit 8,1 % nur ein wenig schlechter ist als der Index mit 9,6 %. 

e-fundresearch: Wie sind Sie selbst mit Ihrer Leistung in den Vorjahren und in diesem Jahr zufrieden?

Stössl: Ich bin sehr zufrieden, dass sich die theoretisch getestete Systematik in der Praxis gut bewährt hat und sich die in das Produkt gesteckten Erwartungen erfüllt haben, nämlich einen Fonds anzubieten, der sich  defensiver verhält als ein „normaler“ Aktienfonds und in fallenden oder seitwärts tendierenden Märkten einen „Bremsfallschirm“ bietet. Das so ein Produkt in der „High Beta“-Phase seit März nicht die Performance „traditioneller“ Aktienfonds zu 100 % mitmachen kann, darf nicht verwundern.

e-fundresearch: Welche Ergebnisse würden Sie in diesem Zusammenhang als sehr gut, mittelmäßig und enttäuschend bezeichnen?

Stössl: Als sehr zufriedenstellend muss die Tatsache bezeichnet werden, dass sich der Fonds bis jetzt in der Praxis „perfekt“ nach Plan entwickelt. Es ist öfters so, dass auch am Papier rigoros getestete Strategien in der Praxis die Erwartungen nicht erfüllen können.

Auch die quantitative Aktienvorauswahl hat sich bewährt. Durch unser internes Modell können wir aus 2.300 Werten die interessantesten Werte filtern und diese dann qualitativ analysieren. Dadurch ist es auch möglich, im untergeordneten Maß „Dividendenperlen“ aus dem Small Cap-Bereich zu identifizieren, die wirklich schöne Dividenden zahlen. Das Portfolio hat aktuell eine sehr attraktive Rendite von 4,7 %.

Im Moment nur mittelmäßig kann in den letzten Wochen der Beitrag aus dem derivativen Overlay bezeichnet werden, da in dem stark steigenden Markt die in den Optionen impliziten Volatilitäten  unter den tatsächlich realisierten Volatilitäten lagen. Das bedeutet, dass rückblickend die Optionen „zu billig“ verkauft wurden. Nichtsdestotrotz konnten wir bis jetzt einen Cash Flow von 4 % generieren.

Enttäuschend war sicherlich die Auswahl mancher Papiere, die ihre Dividende streichen mussten und nicht die von uns erhoffte stabile Performance erzielen konnten. Beispielsweise hatte der schwedische Medienwert Eniro jahrelang solide und hohe Dividenden gezahlt, musste aber im Zuge der Finanzkrise seine Dividende aussetzen und eine Kapitalerhöhung durchführen. Solche Werte werden dann aus dem Portfolio verkauft, um „Platz“ für dividendenstärkere Aktien zu bekommen.

e-fundresearch: Wie können Sie durch Ihre Leistung Mehrwert für Ihre Anleger schaffen?

Stössl: Gerade für den BAWAG P.S.K. Europa Dividende Plus ist diese Frage leicht zu beantworten. Durch das Fondsvolumen ist es uns möglich, die einzelnen Positionen effizient und auf einer breiten und diversifizierten Basis zu verschreiben. Wir sorgen mit unserer „Verschreibe-Methodik“ also für eine sektorale und zeitliche Diversifikation. So haben wir bis jetzt 77 Optionen im Fonds verschrieben und minimieren dadurch das Risiko, das bei einer solchen Strategie entsteht, wenn man nur wenige Positionen hat. Ein Kleinanleger kann dies weder selbst implementieren, noch durch passive Produkte abdecken. Dies ist damit ein Paradebeispiel für die Effizienz einer aktiv  gemanagten Fondslösung.

e-fundresearch: Wie lange sind Sie schon Fondsmanager?

Stössl: Ich bin 1999 in den Veranlagungsbereich gekommen und durfte dementsprechend ein sehr spannendes und lehrreiches Jahrzehnt  auf den Aktienmärkten erleben, zugegebenermaßen nicht das erfolgreichste für die Anleger.

e-fundresearch: Was waren bisher Ihre größten Erfolge und Misserfolge in Ihrer Fondsmanager Karriere?

Stössl: Diese Frage ist schwer zu beantworten. Der Job liefert kontinuierlich positives und negatives Feedback, quasi jeden Börsentag. Ich bin sehr zufrieden, dass die Portfolios in der Regel ansprechende  Resultate lieferten. Vor ein paar Jahren konnte ich für ein japanisches Portfolio einen Award gewinnen, das war eine schöne Bestätigung eines erfolgreichen Jahres. 

Als Misserfolg sehe ich, dass ich die Dimension der aktuellen Krise unterschätzt habe. Während andere Blasen am Aktienmarkt (zum Beispiel die Technologieblase) durch herkömmliche Bewertungsanalyse identifizierbar waren, war die aktuelle Krise heimtückischer. Man hätte erkennen müssen, dass die Profitabilität (ROE) nicht dauerhaft haltbar war und diese nicht durch Globalisierungseffekte so hoch war, sondern durch den übermäßigen Einsatz von Fremdkapital.  

e-fundresearch: In welchem Kapitalmarktumfeld bewegen wir uns Ihrer Ansicht nach derzeit?

Stössl: Es setzt sich im Moment die Meinung durch, dass die Welt nicht untergeht, wie es noch im ersten Quartal dieses Jahres befürchtet wurde. Viele Anleger haben den Bullenmarkt nicht mitgemacht, dementsprechend sind im Moment viele „Marginal Buyers“ am Markt. Das bedeutet, sobald die Kurse etwas fallen wird in Aktien investiert. Von elementarer Bedeutung wird sein, ob  die deutlich positiveren Stimmungsindikatoren ab Herbst durch realwirtschaftliche Zahlen bestätigt werden. Stockpicking wird damit in diesem Umfeld weiterhin von besonderer Bedeutung sein.

e-fundresearch: Wie agieren Sie in diesem Umfeld?

Stössl: Der Ansatz, sich auf qualitativ hochwertige Unternehmen zu fokussieren, die auch in schwierigen Rahmenbedingungen den Aktionär am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen, scheint mir auch für die nächsten Jahre erfolgversprechend zu sein. Es ist klar, dass im Fonds keine „High Beta“-Raketen enthalten sind, dafür ist die Wahrscheinlichkeit, dass eines der Unternehmen ausfällt auch sehr gering. Ich glaube nicht, dass es sich jetzt noch lohnt, das Risiko im Portfolio zu erhöhen. Durch einen sektorneutralen Ansatz zum Stoxx 600 ist gesichert, dass alle Branchen repräsentiert sind, innerhalb der Sektoren werden klarerweise die defensiveren Titel gewählt.  

e-fundresearch: Was sind die speziellen Herausforderungen in der aktuellen Situation?

Stössl: Wir befinden uns weiterhin in einer Phase, die in dieser Art und Weise einzigartig ist. Dementsprechend funktionieren viele in der Vergangenheit bewährten Modelle nicht. Neben der fundamentalen Analyse müssen in solchen Situationen auch verstärkt Sentiment und technische Analysen betrachtet werden. Einerseits darf man das mittelfristige Bild nicht aus den Augen verlieren, andererseits ist es sehr gefährlich, sich stur „gegen den Markt zu stellen“.  Risikobewusstsein wird weiterhin essentiell sein, damit „die großen Fehler“ vermieden werden können.

e-fundresearch: Welche Ziele haben Sie kurzfristig bis zum Ende des Jahres und mittelfristig für die kommenden 3-5 Jahre?

Stössl: Das kurzfristige Ziel für den Fonds ist sicherlich, die positive Entwicklung der bisherigen Monate weiterzuführen. Mittelfristig sollte damit die risikoadjustierte Outperformance gesichert werden.

e-fundresearch: Welche Ergebnisse würden Sie in drei Jahren als sehr gut, neutral und enttäuschend empfinden?

Stössl: Auch diese Frage ist leicht zu beantworten, Die risikoadjustierte Performance ist das Kriterium, nachdem wir beurteilen werden, ob wir in drei Jahren ein gutes oder enttäuschendes Ergebnis erzielt haben. Ausserdem messen wir uns mit einem ähnlich strukturierten Produkt eines internationalen Asset Managers. Ziel ist auch hier, im Performancevergleich zu bestehen. 

e-fundresearch: Gibt es für Sie Vorbilder?

Stössl: Es gibt für mich keine dezidierten Vorbilder, allerdings beeindrucken mich aufgrund meines Ansatzes vor allem „Value Manager“, die es über Jahre und Jahrzehnte schaffen, durch konsequentes Festhalten an Ihrer Strategie Mehrwert zu generieren und sich nicht durch das kurzfristige „Noise“ der Märkte aus dem Konzept bringen lassen. Warren Buffet kommt einem unvermeidlicher Weise da in den Sinn. 

e-fundresearch: Was motiviert Sie als Fondsmanager in Ihrem Job?

Stössl: Ich kenne kaum einen anderen Beruf, der dermaßen abwechslungsreich ist. Da wir einen generellen Ansatz haben, dürfen wir uns mit allen Unternehmen beschäftigen und „das große Bild“ im Auge behalten. Man spricht in der Früh mit einem Volkswirt, hat am Vormittag einen Analysten aus dem Bankbereich im Haus und trifft am Nachmittag einen Vertreter eines Öl- oder eines Industrieunternehmens. Man kommt so auf mehr als 250 Termine pro Jahr, bei denen man kontinuierlich sein Wissen erweitern kann. Auch die Modellentwicklung und das Testen von Systemen ist eine spannende Tätigkeit. 

e-fundresearch: Was wollen Sie noch erreichen bzw. was sind Ihre weiteren Ziele als Fondsmanager?

Stössl: Ich bin seit 1999 im Bereich der Veranlagung tätig und die Zielsetzung hat sich in all den Jahren nicht verändert, nämlich durch aktive Analageentscheidungen Performance zu erzielen und damit den Kunden zufriedenzustellen.

e-fundresearch: Welchen Beruf würden Sie gerne ausüben, wenn Sie nicht Fondsmanager wären?

Stössl: Ich bin „mit Herz und Seele“ Fondsmanager, aber es gibt noch andere Bereiche, die mich seit jeher interessiert haben. Dazu zählen vor allem die Fachbereiche Geschichte und Geographie. An der Universität in diesem Bereich zu forschen oder lehren wäre sicherlich eine sehr reizvolle Sache. Die „nichtvorhandenen“ Jobaussichten in diesem Bereich haben mich aber Wirtschaft studieren lassen. Den anderen Bereich sehe ich als Hobby an.

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!

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