Chancen für aktive Manager

Fortsetzung des Wachstums, frühzeitiger Abzug der Liqudität, Inflation oder doch ein Japan Szenario und eine anstrengende WWW-förmige Erholung? Die kommenden Monate werden eine Herausforderung für Investoren und Fondsmanager - mit Vorteilen für aktive Manager. Funds | 05.11.2009 04:30 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Stuart Thomson, Chief Market Economist, Ignis Asset Management mit einem Makro Ausblick auf die wichtigsten Themen.

Forward Sätze als Informationsquelle

Ein zentraler Bestandteil der makroökonomischen Analyse ist die die Einschätzung der zukünftigen Zinsentwicklungen. Stuart Thomson, Chief Market Economist, Ignis Asset Management: "Nächstes Jahr sind auf Basis unseres Zinsmodells zwei Zinserhöhungen der Federal Reserve, zwei Zinserhöhungen der EZB, der schwedischen Riksbank und der Bank of Canada eingepreist. Zusätzlich sehen wir in den Forward Rates noch fünf Zinserhöhungen der Notenbank in Australien und überraschenderweise keine Zinserhöhungen der Bank of England."

Die Allokation von Ignis ist aktuell eine Short Position am kurzen Ende, weil man nicht davon ausgeht, dass die Bank of England die Zinsen im nächsten Jahr unverändert lassen wird. Am langen Ende der Zinsstrukturkurve wurde in eine Long Position investiert, da man davon ausgeht, dass in den nächsten Wochen und Monaten vor allem Pensionsfonds versuchen werden, das aktuelle Renditeniveau auf dem langen Ende zu sichern. Stuart Thomson: "Wichtig ist zu betonen, dass wir unterschiedliche Positionen auf der Zinsstrukturkurve aufbauen, weil wir nicht an Duration als alleiniges Konzept glauben." Vor allem die Annahme von parallelen Veränderungen der Zinsstrukturkurven sei sehr theoretisch.

Genügend Liqudität bringt Wachstum - und umgekehrt

Stuart Thomson: "Die Entwicklung der Konjunktur in den nächsten 18 Monate kann man in einem Satz zusammenfassen: Genügend Liquidität bringt Wachstum und nach dem Abzug dieser Liquidität gibt es dieses Wachstum nicht mehr. Wir befinden uns inmitten einer noch nie dagewesenen Liquiditäts- und Stimulierungsphase. Ein großer Teil der zusätzlichen Liquidität wurde im Bankensystem gefangen. Dies zeigt sich auch am rückläufigen Kreditwachstum."

Asien: noch mehr Liquidität und noch mehr Wachstum

In den letzten Monaten war auch zu beobachten, dass die Volkswirtschaften in Asien sogar mit noch mehr Liquidität versorgt wurden und somit noch mehr Wachstum erzeugen können. Stuart Thomson: "Die asiatischen Länder verfügen heute auch noch über normal funktionierende Banksysteme und deswegen ist das zusätzliche Wachstum kein Wunder und keine Abkoppelung, sondern einfach nur ein Resultat der zusätzlichen Liquidität."

Wann wird die Liquidität wieder abgezogen?

Stuart Thomson: "Das auf Konjunkturprogrammen aufgebaute Wachstum kann nicht unbegrenzt fortgesetzt werden. Eines Tages muß diese Liquidität zurückgeführt werden." Investoren machen sich auch Gedanken darüber, ob die Zentralbanken zu früh oder zu spät die Liquidität zurückführen werden. Stuart Thomson: "Investmentbanken hätten sicherlich das Interesse an einem möglichst späten Abzug der Liquidität. Zentralbanken werden allerdings unter einem größeren Druck sein, die Liqudität zu früh die Zügel anzuziehen."

Wenn man berücksichtigt, dass Investoren Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit besser im Gedächtnis behalten, dann werden die Zentralbanken vor allem versuchen, neue Blasen an den Finanzmärkten zu verhindern und weniger ein Szenario aus den 30er Jahren zu verhindern." In den nächsten Monaten ist noch nicht unbedingt Kreditwachstum notwendig, um das aktuelle Wachstum aufrecht zu erhalten. Die Analysen vergangener Rezessionen haben gezeigt, dass das Kreditwachstum immer später eingesetzt hat als die Erholung. In dieser Phase der Erholung ist das Kreditwachstum noch keine Bedingung.

Die staatlichen Stimulierungsprogramme setzten in Europa schneller ein als in den USA. Es gab Wachstum im 2. Quartal und wird auch im 3. Quartal Wachstum geben. Dieses Wachstum wird großteils noch auf Grundlage der Stimulierungsprogramme entstehen.

In Europa gab es eine tiefere Rezession als in den USA. Trotzdem stiegen die Arbeitslosen nicht so stark wie in den USA, wo die Arbeitslosenrate stärker anstieg als das Wirtschaftswachstum zurückging. Aktuell liegt die Arbeitslosenrate bei 9,8 Prozent und der Konsument ist äußerst zurückhaltend und deprimiert. Das Konsumentenvertrauen in den USA ist derzeit auf einem sehr tiefen Niveau. Stuart Thomson: "Die Hoffnung der Konsumenten lebt zwar noch, wird jedoch enttäuscht." Ohne staatliche Stimulierung wären die 3,5 Prozent Wachstum in den USA in den nächsten 2-3 Quartalen nicht möglich. In dieser Phase sollte auch eine gewisse Entspannung für den US Konsumenten kommen, da sich im ersten Halbjahr 2010 auch eine Verbesserung des Arbeitsmarktes zeigen soll.

Die Frage nach den Zinserhöhungen

Auf Basis der schwachen Wirtschaftszahlen in den USA mit einem schwachen Arbeitsmarkt, schwachem Wachstum und schwacher Inflation wird es keine Zinserhöhung geben. Bei einem Rückgang der Arbeitslosigkeit wird der Druck steigen, die Zinsen zu erhöhen. Stuart Thomson: "Es könnte durchaus bald der Fall sein, dass die Federal Reserve die Rhetorik ändert und die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung gedeutet werden könnte." Die EZB wird auch die Sprachregelung ändern und in zeitlicher Abstimmung mit der Federal Reserve agieren. Im Dezember sollte es einen positiveren Bericht der EZB geben als im September. Der Marktkonsens geht von einem Wachstum von 1 Prozent aus. Dieser könnte sich auf zwei Prozent Wachstumsprognose im nächsten Jahr erhöhen. Eine vorzeitige Zinserhöhung wäre schlecht für die Wirtschaft.

Inflationsraten oder Deflation?

Stuart Thomson: "Wir erwarten im nächsten Jahr Inflationsraten in Europa in der Höhe von 1,5 Prozent, ebenso in den USA und in UK gehen wir von 3 Prozent Inflationsrate aus. Das sind allerdings Basiseffekte und keine nachhaltige Inflationsrate." Die Industrieproduktion wird nach Ansicht von Stuart vor dem nächsten Abschwung keine neuen Höchststände erreichen. Stuart Thomson: "Diese Inflationsraten sind nur kurzfristige Erscheinungen. Wir sind der Meinung, dass wir uns noch in einem deflationären Umfeld befinden."

Deflationäre Gesinnung der Investoren

Die starken Zuflüsse in Unternehmensanleihen sind nach Ansicht von Thomson auch ein Ausdruck dafür, dass Investoren derzeit Rendite und Kupons den Kapital- und Substanzgewinnen vorziehen. Deswegen würden sie verstärkt Unternehmensanleihen anstatt Aktien kaufen. Dies sei auch ein Hinweis für eine deflationäre Gesinnung der Investoren.

Lebt das Japan Gespenst wieder auf?

Es könnte durchaus wieder Wachstum geben. Aber es würde nicht wie Wachstum erlebt. Möglich wäre nach Einschätzung von Thomson auch ein "Japan Szenario" bzw. eine "WWW-Erholung", wo die regelmäßigen Erholungen und Abschwächungen von den Liquiditätsströmen der Zentralbanken abhängig wären. Thomson: "Sollte beispielsweise im nächsten Jahr die Liquidität entzogen werden, könnte es im Jahr 2011 wieder zu mehr quantitative easing Aktivitäten kommen und ein Jahr später wieder zum Abfluss der Liquidität. Das ist das Japan Muster."

Noch eine Geschichte aus Japan

Aber Thomson weist noch auf eine weitere Geschichte aus Japan hin, und zwar über Inflation. "Warum hatte es Japan nicht geschafft Inflation zu erzeugen, obwohl sie es aggressiv versucht hatten? Ohne Lohninflation konnte es keine Inflation geben." Im ersten Teil des Jahrzehnts vor der Asienkrise gab es auch eine gewisse Lohninflation in Japan. Nach der Asienkrise gab es jedoch Druck auf die japanischen Löhne und somit keine Lohninflation mehr und keine Chance auf Inflation insgesamt."

Das hohe Maß an Leverage in den entwickelten Ländern hat zum Teil auch das Faktum der fehlenden Lohninflation zugedeckt. Konsumenten hatten die stagnierenden Löhne und Gehälter mit mehr Krediten ausgeglichen um die Konsumausgaben zu decken. Das ist bereits ein deutliches Deflationszeichen.

Thomson: "Wie kann man dieser Situation entkommen? Einerseits durch niedrigere Zinsen, höhere Erträge in den Unternehmen und eine höhere Verzinsung des Kapitals und damit der Möglichkeit für Lohnsteigerungen. Dies kann auch bedeuten, dass sich bei einem mittelfristigen, strukturellen Absenken der Renditekurve eine Rally in Staatsanleihen ergeben kann."

Der Euro als Schlüsselfaktor für Europa

Derzeit gibt es in Europa keinen politischen Willensbildung mit dem Ziel der Abwertung des Euro. In China gibt es hingegen das Interesse den Renminbi abzuwerten. Trotz all der negativen Kommentare gegenüber dem US Dollar führt dies vor allem zu einer Abwertung des Renmimbi gegenüber fast allen anderen Währungen, weil der Renminbi an den US Dollar gekoppelt ist. Dies übt Druck auf die anderen asiatischen Währungen aus, die ihrerseits ihre eigenen Währungen nicht aufwerten lassen wollen und somit auch die Währungsreserven erhöhen müssen. Thomson: "Die US Administration begrüßt die kürzlichen Bewegungen des US Dollar. Die Federal Reserve jedoch ändert ihren Standpunkt und ist der Meinung, dass ein schwacher US Dollar nicht unbedingt für die gesamte Wirtschaft gut ist, weil es eine sehr starke inverse Korrelation des US Dollar mit dem Ölpreis gibt. Wenn also der US Dollar weiter fällt und der Ölpreis weiter steigt, könnte dies ein Problem erzeugen. Bei Ölpreisen über 80 US Dollar pro Fass wirkt sich dies auch bereits negativ auf den Konsumenten aus und ist ein Grund warum zuletzt die Daten zum Konsumentenvertrauen schlecht waren." Höhere Ölpreise können auch die Inflationserwartungen heben und damit für die Federal Reserve zum richtigen Problem werden, das auf jeden Fall verhindert werden soll. Dies könnte insgesamt zu einer zyklischen Erholung des US Dollar führen.

Osteuropa als Risiko für 2010

Stuart Thomson: "Ich bin der Meinung, dass Osteuropa noch ein Risiko ist. Im Falle von Lettland erinnere ich mich an Thailand zur Zeit der Asienkrise. Es hatte dort auch Monate gedauert, bis die Krise durchgeschlagen hatte. Ein Problem in Lettland könnte einen Domino-Effekt auslösen. In Osteuropa sehe ich eine Reformmüdigkeit und ich glaube, dass die Probleme in Osteuropa noch nicht hinter uns sind.

Chancen für aktive Fondsmanager

Die Komplexität der vielfältigen Herausforderungen, die Investoren und Fondsmanager in den kommenden Monaten bewältigen müssen, ist nur mit einer aktiven Anlagestrategie zu bewältigen. Die Marktteilnehmer betreten immer wieder Neuland und erleben Marktkonstellationen, für die es keine historischen Daten gibt. Fundamental orientierte, aktive Fondsmanager haben die Chance, sich an diese neuen Gegebenheiten besser anzupassen als passive Manager oder Investoren, die ETF-basierte Strategien verfolgen.


Ignis Asset Management (London, Glasgow) wurde 1899 gegründet und verwaltet aktuell rund EUR 77 Mrd. Ignis beschäftigt 530 Personen, wobei 130 davon Investment Professionals sind. Die Philosophie von Ignis ist die Zusammenarbeit mit erfolgreichen Investment Boutiquen (HEXAM, Cartesian und argonaut), die als Joint-Venture geführt werden, wobei Ignis jeweils mit den Unternehmensgründern in einer gleichberechtigten Partnerschaft arbeitet. Ignis ist Teil der Pearl Group, die mit 6,5 Millionen Kunden einer der größten Versicherungsgruppen in UK ist.


Weitere Informationen über die Einschätzungen von Stuart Thomson finden Sie auch in seinem Blog www.ratesviews.com.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.