Auf langfristiges Wachstum in MENA setzen

Matthias Siller, Manager des kürzlich aufgelegten Baring MENA Fund, im Gespräch mit e-fundresearch über die Chancen der Region Middle East North Africa (MENA), Ölabhängigkeit und das derzeitige Bewertungsniveau. Funds | 19.05.2010 04:30 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

e-fundresearch: "Herr Siller, was spricht Ihrer Meinung nach für die MENA-Region?" (ISIN: IE00B63QVB47)

Siller: "Wir sind von der Region sehr überzeugt und haben den Fonds zwei Jahre lang sorgfältig vorbereitet. Wir sehen eine Vielzahl von guten Argumenten, die für die Region sprechen. So ist etwa die Korrelation zum Weltwirtschaftswachstum gering. Es gibt eine Vielzahl von Treibern wie das Bevölkerungswachstum oder die extrem hohe Kapitalakkumulation. Während in der entwickelten Welt das Kreditangebot eingeschränkt ist, kann in der MENA-Region die starke Nachfrage durch lokales Geld bedient werden. Die Kreditnachfrage in Wirtschaftswachstum umzusetzen sind fast keine Grenzen gesetzt."

e-fundresearch: "Wo sehen Sie noch Chancen?"

Siller: "Etwa bei Infrastrukturinvestitionen. Die weltweite Krise hat hier sogar die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Projekte abgeschlossen werden. Schließlich ist es jetzt leichter talentierte Leute zu bekommen. In der Region hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass man sich für gewisse Vorhaben Spezialisten einkaufen muss. Insgesamt darf man aber auch nicht vergessen, dass es sich nicht um Boom-Märkte handelt. Man investiert in der MENA-Region in langfristiges Wachstum und das zu derzeit akzeptablen Preisen."
 
e-fundresearch: "Wie hat sich die Krise auf die staatliche Investitionstätigkeit in der Region ausgewirkt?"

Siller: "In Saudi Arabien haben die staatlichen Investitionen nicht unter den niedrigen Ölpreis gelitten oder nachgelassen. Auch im Vorjahr wurde viel Geld in die Stützung der Wirtschaft investiert. Das vorhandene Vermögen wurde dabei nicht angegriffen. Mit einem Ölpreis zwischen 40 und 50 USD pro Barrel kann Saudi Arabien gut leben ohne die Reserven in Anspruch nehmen zu müssen."

e-fundresearch: "Ist die starke Öl-Abhängigkeit der Region nicht ein Nachteil?"

Siller: "Die Öl-Abhängigkeit ist geringer als allgemein angenommen, obwohl man nicht leugnen kann, dass Öl in der Region eine große Rolle spielt. So macht der Ölsektor in Saudi Arabien und den VAE rund 70 Prozent des BIP aus. An den Börsen spielen Energietitel jedoch eine geringere Rolle. Die Golfstaaten wollen das strategische Asset Öl nicht aus der Hand geben. Ich finde, dass das eine sehr ehrliche Strategie ist. Andererseits gibt es  in der ganzen Region Bestrebungen andere Bereiche wie etwa den Tourismus oder Healtch Care zu forcieren. Gerade im Health Care-Sektor ist es relativ leicht Know-how zu erwerben. Bekanntlich ist das Geschäft mit Medikamenten und Generika darüber hinaus sehr profitabel. Ein gutes Beispiel ist hier Hikma Pharmaceuticals. Das Unternehmen, mit Sitz London, ist in der arabischen Welt sehr angesehen. In den letzten Jahren hat Hikma viel Know-how erworben und ist damit ideal positioniert um loszulegen. Das jährliche Umsatzwachstum liegt bei zehn bis 15 Prozent."

e-fundresearch: "Wieso gehören eigentlich auch türkische Unternehmen zu Ihrem Anlageuniversum?"

Siller: "Obwohl es für einen MENA-Fonds ungewöhnlich ist, haben wir uns dazu entschieden auch die Türkei zu berücksichtigen. Das macht für uns durchaus Sinn. Die Türkei hat den Vorteil einer gewissen kulturellen Verwandtschaft, Geschäfte werden auf eine ähnliche Art und Weise abgeschlossen. Dazu kommt, dass die Kapitalnachfrage in der Türkei zu annehmbaren Zinsen befriedigt werden kann – wo gibt es das sonst auf der Welt? Vor allem für Kleinbetriebe sind in der Türkei die Zinsen stark gefallen. Es bieten sich tolle Chancen für türkische Unternehmen.

Wie die Türkei ist auch Ägypten nur zu einem geringen Ausmaß von Exporten abhängig, die Inlandsnachfrage ist in beiden Ländern stark ausgeprägt. Dafür sorgen nicht zuletzt auch 100 Millionen Ägypter und 70 Millionen Türken. Gerade die Kombination aus rohstoffreichen Volkswirtschaften und strukturellen Wachstumsländern macht den Fonds interessant und wirkt sich unserer Meinung nach positiv auf Sharpe Ratio und Bewertungen aus."

e-fundresearch: "Wie sehen Sie derzeit die Bewertungen in der Region?"

Siller: "Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt in der MENA-Region bei zwölf bis 14 Prozent – mit Ausnahme von Saudi Arabien – und liegt damit unter dem Niveau der Weltmärkte. Insgesamt gehört die Region nach Osteuropa zu den zweitbilligsten Emerging Markets. Sehr positiv wirkt sich die niedrige Eigenkapitalverzinsung aus. Steigt das weltweite Wirtschaftswachstum, werden die Märkte noch billiger."

e-fundresearch: "Wie sind die Arbeitsabläufe innerhalb des Managementteams organisiert?"

Siller: "Wir sind ein Team aus sechs Leuten, das sich aus zwei Fondsmanagern und vier Analysten zusammensetzt. Die Fondsmanager sind für die Makroanalyse verantwortlich, die Analysten für die Unternehmen. Wir covern jedes einzelne Unternehmen und befinden uns untereinander in einem permanenten Diskussionsprozess. Das Team deckt auch Russland und Osteuropa ab und bringt dieses Wissen in den Managementprozess ein."

e-fundresearch: "Wie gehen Sie bei der Titelselektion vor bzw. was sind für Sie die wichtigsten Kriterien?"

Siller: "In einem ersten Schritt versuchen wir Ideen zu generieren. Danach beginnt der Research-Prozess. Ganz wichtig sind für uns Wachstum und Bewertungen sowie die Tatsache, ob sich ein Unternehmen selbst finanzieren kann – also liquide ist. Aber auch die Währungskomponente fließt in den Entscheidungsprozess mit ein. Wichtig ist auch der Kontakt mit dem Management eines Unternehmens. Wir wissen zwar nicht besser wie man ein Unternehmen führt, aber wir treffen sie seit 15 Jahren und können sie mit dem konfrontieren was sie vor einiger Zeit gesagt haben.

Entscheidend ist, dass wir bessere Informationen haben als der Markt. Wichtig ist es auch die Unternehmen gut zu kennen. Bei der Portfoliokonstruktion hört sich das Teamwork jedoch auf. Die Entscheidungen treffen meine Kollegin und ich alleine. Die Implementierung erfolgt schlussendlich nach unseren Vorgaben durch den Trading Desk."

e-fundresearch: "Herr Siller, wir bedanken uns für das Gespräch!"

 


Weitere Artikel mit Matthias Siller finden Sie hier:

Die besten Russland Aktienfonds (22.02.2010)

Osteuropa: Refinanzierung ist das Thema (18.03.2009)

Russland kämpft sich durch die Krise (16.03.2009)

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.