Türkei, Land im Aufbruch...

Mit einem geschätzten Wirtschaftswachstum von rund sieben Prozent gehört die Türkei heuer zu den stärksten Schwellenländermärkten. Das Land am Bosporus hat dank des erstarkten Inlandskonsums die Krise hinter sich gebracht. Funds | 23.11.2010 04:45 Uhr
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Experten geben sich gegenüber e-fundresearch optimistisch, was die weitere Entwicklung des Landes betrifft. „Viele Europäer haben noch nicht begriffen was für ein Potenzial in der Türkei liegt“, so der Grundtenor.

Wirtschaft erholt sich stark

Die türkische Wirtschaft hat sich von der Krise erfangen und seit Jahresbeginn wieder stark entwickelt. Laut aktuellen Analysen soll das Wirtschaftswachstum heuer sieben und im kommenden Jahr bis zu fünf Prozent ausmachen. Auch die Exportmärkte sind wieder auf Kurs, tragen aber noch nicht soviel zur Wirtschaftsleistung bei wie das 2007 der Fall war. Gleichzeitig treibt die hohe Importrate das Handelsbilanzdefizit in die Höhe. Für höherwertige Autos gibt es derzeit etwa Wartezeiten von bis zu sechs Monaten.

Türkei als günstiger Industriestandort

Die Türkei als Industriestandort profitiert von niedrigen Arbeitskosten, der hohen – und  steigenden – Einwohnerzahl sowie der jungen Bevölkerungsstruktur. In Osteuropa nimmt die Bevölkerungszahl dagegen sukzessive ab und auch die Arbeitskosten steigen. Positiv schätzen Experten ein, dass das Land versucht seine Exportströme zu diversifizieren. So werden türkische Produkte nicht nur nach Europa ausgeliefert, sondern auch nach Russland, den nahen Osten und Nord-Afrika.

Inlandskonsum spricht für das Land

„Was für die Türkei spricht ist der Inlandskonsum sowie regional gut aufgestellte Industrieunternehmen“, so Sebastian Kahlfeld, Manager des DWS Türkei (LU0209404259). Zu letzteren zählt er türkische Baufirmen, die für die hohe Qualität ihrer Bauleistung bekannt sind und unter anderem etliche Hochhäuser in Moskau errichtet haben. Laut dem Fondmanager wird der Industriesektor seit einem halben Jahr immer mehr zum Thema in seinem Fonds, nachdem Financials bisher den Ton angegeben haben.

Bankaktien sind weniger attraktiv

„Die türkischen Banken liefern zwar gute Zahlen, aber die Bewertungen nehmen dieses positive Potenzial bereits vorweg“, so Kahlfeld weiter. Er glaubt, dass es für die Branche schwierig wird die derzeit sehr gute Geschäftsentwicklung zu wiederholen. „Banken könnten margenseitig unter Druck kommen.“ Dazu komme, dass steigende Zinsen für den Sektor tendenziell eher schlecht sind. Möglichkeiten sieht er allerdings für Institute in der zweiten oder dritten Reihe. Sie könnten von einzelnen Trends – wie etwa im KMU-Bereich – profitieren. Weitaus attraktiver als Bankaktien wären derzeit Konsumwerte.

Chancen für Anleger im Finanzsektor?

Dass der türkische Aktienmarkt stark Bank-lastig ist, ist für Doris Stadler, Managerin des ESPA Stock Istanbul (AT0000704333), alles andere als ungewöhnlich. Das spiegelt sich auch im Fonds wider, der sich zu knapp 50 Prozent aus Financials zusammensetzt. Stadler sieht im Gegensatz zu Kahlfeld nach wie vor Chancen für Anleger im Finanzsektor. „Was Privatkredite oder Versicherungen betrifft, ist das Potenzial in der Türkei sehr groß“, so die Expertin. Kreditklemme gebe es keine: Aufgrund ihrer hohen Eigenkapitalquote könnten die Banken ein mögliches Kreditwachstum problemlos finanzieren.

Konsum entwickelt sich positiv

„Man muss davon ausgehen, dass der starke Konsum nicht ewig anhalten wird“, so Kahlfeld. Etwas verlangsamen könnte er sich etwa in der zweiten Jahreshälfte 2011. Bis dahin sieht der Experte allerdings keine Probleme – im Gegenteil: „Der Konsum wird sich weiterhin positiv entwickeln.“ Stadler führt die positive Konsumentwicklung auf geschickte Stimulusmaßnahmen zurück: „Die Regierung hat im Vorjahr die Steuern auf langlebige Wirtschaftsgüter gesenkt und gleichzeitig die Zinsen stark gesenkt.“

Große Energieabhängigkeit könnte Belastung werden

Angesichts der wirtschaftlichen Dynamik rückten Sorgen um das Leistungsbilanzdefizit, das derzeit bei ungefähr fünf Prozent der BIP-Leistung liegt, zuletzt in den Hintergrund. Eine wesentliche Belastung für die Leistungsbilanz stellt die große Energieabhängigkeit dar – rund 80 Prozent des Bedarfs müssen importiert werden. Kraftwerksprojekte wie der umstrittene Ilisu-Staudamm, der eine Höhe von 135 Metern erreichen soll, sollen helfen das Defizit in Zukunft unter Kontrolle zu bringen.

Problem „graue Wirtschaft“

Auch wenn das hohe Leistungsbilanzdefizit auf kurze Sicht kein Problem darstellt, könnte es über einen längeren Zeithorizont das Wirtschaftswachstum gefährden “, warnt Ercan Güner, Manager des HSBC Turkey Equity (LU0213961682), gegenüber e-fundresearch. Wichtig sei es darüber hinaus, dass die Regierung das Problem „Graue Wirtschaft“ angeht. Er erhofft sich dadurch eine Zunahme der Infrastrukturinvestitionen und nicht zuletzt auch, dass die Türkei wettbewerbsfähiger wird.

Russland ist günstiger als die Türkei

Was die Bewertungen betrifft, schätzen Experten die Türkei als nicht mehr ganz billig ein. So sei etwa Russland deutlich günstiger, dafür aber weniger ausbalanciert, wie Kahlfeld erklärt. Stadler schätzt nach eigenen Angaben nicht nur die Diversifizierung des Marktes, sondern auch die hohe Liquidität. Entgegen der Vergangenheit spiegelt die Börse derzeit das starke Wirtschaftswachstum wider. So ist der Leitindex ISE National 30 seit Jahresbeginn von knapp 7.000 auf 9.000 Punkte angestiegen.

Performance der Türkei-Fonds

Eine starke Performance haben auch türkische Aktienfonds hingelegt. Der HSBC GIF Turkey Equity hat Anlegern auf Einjahressicht ein Plus von 74 Prozent gebracht. Der DWS Türkei, der im Vorjahr punkto Performance alle anderen Türkeifonds in den Schatten gestellt hat, konnte über den gleichen Zeitraum seinen Wert um +64 Prozent steigern. Auch nicht verstecken muss sich mit einer Einjahresperformance von +56 Prozent der ESPA Stock Istanbul.

Politische Weiterentwicklung ist wichtig

„Für eine anhaltend positive Entwicklung der türkischen Wirtschaft ist es wichtig, dass nach den Parlamentswahlen im kommenden Jahr wieder eine Partei die Regierung stellt“, so Güner. Die Türkei habe lange genug unter Koalitionsregierungen gelitten, die keine strukturellen Reformen umsetzen konnten. Nach der schweren Krise im Jahr 2001 – der schwersten in der Geschichte des Landes – hätte die AKP schließlich einen schmerzhaften Reformprozess in Gang gesetzt. 

Gerät der Reformprozess ins Stocken?

Für Beobachter hat es allerdings den Anschein als ob der Reformprozess etwas ins Stocken geraten ist und auch die aktiven Bemühungen sich in politischer Hinsicht der EU zu nähern bleiben mehr als überschaubar. Für Experten kann das allerdings auch an der aktuell guten Wirtschaftsleistung liegen. „Die Frage ist, wie die Regierung nach den Wahlen vorgehen wird, um die fiskalpolitischen Probleme in den Griff zu bekommen“, so Kahlfeld. Grundsätzlich sei das politische Risiko derzeit eher gering.

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