Aufschwung in Japan schon vorbei?

Im Vergleich zum Aktienmarkt in Asien haben japanische Standardwerte in den letzten 12 Monaten klar enttäuscht. Was sind die Gründe und wie geht es im Land der aufgehenden Sonne jetzt weiter? e-fundresearch fragte bei Michael Neppert (dit-Pazifikfonds) und Rainer Vermeheren (DWS Japan) nach. Funds | 11.05.2005 12:56 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

e-fundresearch: Der japanische TOPIX Index ist in den letzten 12 Monaten um knapp 10 Prozent (in Euro) gefallen. Im Vergleich dazu legte der MSCI Asia Pacific ex Japan um 7 Prozent zu. Auch im Vergleich zum MSCI World oder zum S&P 500 liegt Japan zuletzt deutlich zurück. Was waren die Gründe und wie lautet Ihr Performance-Ausblick für die nächsten 12 Monate?

Michael Neppert: Es gibt im Grunde genommen  zwei Gründe, warum Japan in relativer Hinsicht schlechter gelaufen ist: Erstens handelt es sich bei dem japanischen Aktienmarkt um einen zyklischen Markt und zweitens gibt es grundsätzliche Zweifel über die Dauerhaftigkeit des Aufschwungs weltweit. Aus heutiger Sicht sehen wir allerdings für die nächsten 12 Monate ein Aufwärts-Potenzial von 10 bis 15%; im Nikkei halten wir das Erreichen von 13.000 Punkten für möglich. Im Hinblick auf das Gewinnwachstum der Unternehmen sind 5%, maximal 10% möglich. Rainer Vermehren: Der starke Rückgang, besonders im April, hat uns ehrlich gesagt auch überrascht. Wir haben eigentlich eher mit einem Ende der Deflation gerechnet und den Markt robuster gegenüber schlechten Konjunkturdaten erwartet. Die schlechte globale Wirtschaftsentwicklung hat aber auf Japan – im Unterschied zu Gesamt-Asien – einfach besonders stark durchgeschlagen. Da Japan besonders in verarbeitenden Sektoren tätig ist, haben sich die durch China ausgelösten hohen Rohstoffpreise besonders negativ ausgewirkt.

e-fundresearch: Japanische Nebenwerte verdoppelten sich (gemessen am Tokyo SE 2nd Section) in den letzten beiden Jahren. Verschiebt sich der Anlageschwerpunkt 2005 von Smaller auf Larger Caps?

Michael Neppert: Japanische Nebenwerte sind in den vergangenen fünf Jahren sehr gut gelaufen, dies gilt vor allem für value-orientierte Werte. Der Small-Cap-Bereich wird vielleicht noch 1 Jahr gut laufen. Wir erwarten jedoch, dass sich dieser Trend auf mittlere Sicht tendenziell abschwächt. Large Caps kommen von der Bewertungsseite sehr gut herein. Etwa 15% des Pazifikfonds sind momentan in Small Caps investiert; dieser Wert wird vorerst nicht erhöht.

Rainer Vermehren: Ich denke, dass die relative Outperformance von Small Caps noch eine zeitlang so weitergehen wird. Denn die Käufer dieser kleineren Unternehmen sind Großteils lokale Privatanleger, die eher von der Entwicklung der Inlandskonjunktur abhängig sind. Da wir für die japanische Konjunktur aber optimistisch sind, sehen wir kleinere Werte weiter als die Gewinner.

e-fundresearch: Das japanische Wirtschaftswachstum liegt derzeit bei mageren 0,8 Prozent, die Inflationsrate ist mit -0,2 Prozent negativ. Wie beurteilen Sie die japanische Konjunktur zurzeit bzw. wie lautet Ihr Most-Likely-Scenario für die nächsten 12 Monate?

Michael Neppert: Das zweite Halbjahr 2004 lief schlechter als von vielen im Markt erwartet. Aufgrund positiver Basiseffekte erwarten wir jedoch für das erste Quartal 2005 einen Anstieg von über 3% annualisiert im Vergleich zum vorigen Quartal. Dies wird den Markt tendenziell überraschen, da der Konsensus derzeit wesentlich darunter liegt. Auf Sicht der nächsten 12 Monate wird die japanische Konjunktur aus unserer Sicht zunehmend besser performen. Für das laufende Jahr erwarten wir eine Wirtschaftswachstum von 1 - 1,5%.

Im Hinblick auf die Inflation erwarten wir erste positive Anzeichen für einen Ausweg aus der "Deflationsspirale" bereits in diesem Jahr. Positive Inflationszahlen erwarten wir jedoch nicht vor der ersten Jahreshälfte 2006.

Rainer Vermehren: Ausgehend von einem von uns weiter erwarteten rasanten Wachstumstempo in China – welches bis zur Olympiade 2008 anhalten sollte – sind für die weitere Entwicklung in Japan positiv eingestellt. Auch die Deflation sollte, obwohl wir das auch bereits 2004 prognostiziert haben, dieses Jahr endlich kein Thema mehr sein. Aber natürlich haben auch uns die letzten negativen Konjunkturzahlen aus Japan etwas nachdenklich gestimmt. Sollte die weltweite Wirtschaftsentwicklung schwächer verlaufen als erwartet, wird das auch für Japan nicht positiv sein. 2005 dürfte deswegen nur ein „normales“ Aktienjahr werden, wobei Anleger mit Renditen zwischen 8 und 10 Prozent rechnen sollten.

e-fundresearch: Wie stark hängt die japanische Wirtschaft von China ab und wie wirken sich politische Turbulenzen zwischen Tokio und Peking auf die Börse aus?

Michael Neppert: Im Grunde genommen sind beide Nationen massiv aufeinander angewiesen: Die wirtschaftliche Abhängigkeit Japans von China hat sich deutlich verstärkt und Peking möchte weiterhin vom Technologie-Transfer profitieren. Wir gehen daher davon aus, dass es sich um lediglich kurzfristige Spannungen handelt und die chinesische Regierung versuchen wird, weitere Demonstrationen zu unterbinden.

Rainer Vermehren: Japan hängt stark von China ab, das ist kein Geheimnis mehr. Vor allem wird China im produzierenden Bereich immer stärker zum Konkurrenten Japans. Das Thema dürfte aber derzeit wieder in den Hintergrund rücken, da beide Seiten von einer Eskalation der Situation nicht profitieren würden. Einen Denkprozess hat es aber in Japan schon ausgelöst, da viele japanische Firmen ihre Produktion nach China ausgelagert haben. Eine Diversifikation der Produktionsstandorte erscheint deswegen für viele jetzt sinnvoll, vor allem da viele südostasiatische Länder sogar schon niedrigere Kostenstrukturen aufweisen als China selbst.

e-fundresearch: In welchen Branchen und Sektoren finden Sie aktuell relativ gesehen die meisten Investmentideen?

Michael Neppert: Im Fonds setzen wir eher auf Werte, die von einer positiven Entwicklung der Inlandskonjunktur profitieren. Die Arbeitslosenzahlen konnten gesenkt werden, die Zahl der Vollzeit-Beschäftigten ist angestiegen. In den nächsten drei Jahren wird ein Großteil der Babyboomer in den Ruhestand geschickt, wodurch wieder neue Nachfrage für Arbeitnehmer entsteht.

Konsumwerte stehen allerdings derzeit noch nicht im Vordergrund. Die größte Übergewichtung im Fonds repräsentieren derzeit die Banken und Finanzwerte. Diese haben die Finanzkrise überwunden und überfällige Restrukturierungsmaßnahmen erfolreich umgesetzt. Eine weitere Übergewichtung haben wir im Immobilienbereich. Der seit Jahren andauernde Verfall der japanischen Immobilienpreise verlangsamt sich und Immobilien werden wieder als Investmentalternative interessant. Eher defensiv eingestellt sind wir im Bezug auf die Sektoren Nahrungsmittel und Pharma.

Rainer Vermehren: Im Moment halten wir den Ball relativ flach, da keine eindeutigen Trends abzulesen sind. Große Über- und Untergewichte im Vergleich zum TOPIX Index fahren wir deswegen nicht. Bereist seit Anfang des Jahres gehen wir aber von einer Rückkehr der Inflation aus und haben Immobilien übergewichtet. Untergewichtet sind wir dagegen in Telekom-Aktien bzw. großen Banken.

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch! 

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