EU-Zinsrichtlinie und steueroptimierte Fondsprodukte

Mit 1. Juli 2005 tritt in den EU-Staaten die neue EU-Zinsrichtlinie in Kraft. 22 EU-Staaten werden die Zinseinkünfte automatisch melden. Österreich, Belgien und Luxemburg behalten dagegen Quellensteuer ein. Einige Fonds sind davon aber ausgenommen, berichtet Rolf Majcen. Funds | 14.06.2005 16:30 Uhr
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Mit 1. Juli 2005 tritt in den EU-Staaten die neue EU-Zinsrichtlinie (Richtlinie 2003/48/EG) in Kraft und in Österreich wird damit gleichzeitig das EU-Quellensteuergesetz (EU-QuStG), BGBl. I, Nr. 33/2004 idF BGBl. I Nr. 180/2004 in Kraft gesetzt.

Der EU-Quellensteuer unterliegt die Zahlung von Zinsen durch eine inländische Zahlstelle an eine natürliche Person, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union hat, betrifft also nur die Zinserträge von EU-Bürgern mit EU-Auslandskonten. Juristische Personen sind dagegen von der Richtlinie ausgeschlossen.

22 EU-Staaten werden die Zinseinkünfte automatisch den zuständigen Finanzbehörden melden, diese melden die Zinseinkünfte den Wohnsitzfinanzämtern weiter. Österreich, Belgien und Luxemburg nehmen aufgrund des strengen Bankgeheimnisses nicht an diesem Informationsaustausch teil und melden keine Zinseinkünfte. Stattdessen wird eine EU-Quellensteuer von den Zinseinkünften einbehalten und in anonymisierter Form an das Finanzamt abgeführt. Der Satz liegt derzeit bei 15 %, steigt aber 2008 auf 20 % und 2011 auf 35 % an. Dadurch bleibt für den Kunden das Bankgeheimnis erhalten.

Nicht alle Fonds unterliegen der EU-Quellensteuer

Von den Regeln über die EU-Quellensteuer sind für Fonds in erster Linie die Bestimmungen über „Zinszahlungen“ von Bedeutung. Investiert der Fonds ausschließlich in von der Richtlinie nicht betroffene Produkte (zB Aktien, Optionsscheine oder bis ersten März 2001 emittiert Anleihen („Grandfathered“-Bonds) unterliegen die Erträge keiner EU-Quellensteuer. Abgesehen von diesem eindeutigen Fall wird es interessant sein, wie die Praxis in jenen Fällen reagiert, in denen sich Fonds auf Grund ihrer tatsächlichen Veranlagung im Grenzbereich zwischen EU-QueSt-Pflicht und Steuerfreiheit befinden.

Bei der Produktgestaltung wird man auch bedenken müssen, dass bei thesaurierten Erträgen die Vorschriften der Zinsrichtlinie überdies erst im Falle der Rückzahlung oder Einlösung greifen.

Nachfolgend soll ein kurzer Überblick gegeben werden:

A) Ausschüttende Fonds

Nach österreichischer Rechtslage werden von der EU-Quellensteuer nur jene Zinserträge erfasst, die ausgeschüttet werden von

  • OGAWs
  • österreichische Investmentfonds, die nicht der OGAW-RL entsprechen, soferne kein Opting-Out erklärt wurde (§ 4 (3) EU-QueStG); darunter fallen zB „Andere Sondervermögen gem. § 20a InvFG, PIFs, Zukunftsvorsorgeprodukte gem. § 108 EStG)
  • sonstigen Einrichtungen nach Ausübung der Opting-In Wahlmöglichkeit gem. § 4 (3) EU-QueStG (das können zB ausländische Fonds gem. § 42 (1) InvFG sein)
  • außerhalb des Gebiets der EU niedergelassene Organismen für gemeinsame Anlagen

Ausschüttungsgleiche Erträge (Thesaurierungen) dieser Fondskategorien werden erst unter gewissen Voraussetzungen im Zuge der Abtretung, Rückzahlung oder Einlösung von EU-Quellensteuer erfasst und genießen diesbezüglich einen Steuerstundungseffekt (§ 6 (1) Z. 4 EU-QueStG).

Auf Grund der Aufzählung der entsprechenden Fondsarten werden vom österreichischen Gesetzgeber Zinszahlungen von nicht der OGAW-Richtlinie (85/611/EWG) entsprechenden, aber dennoch in einem EU-Land domizilierten Fonds, wie etwa SICAV nach Teil II des Luxemburger Fondsgesetzes vom 20.12.2002, nicht vom EU-Quellensteuer-Regime umfasst.

Demgegenüber fallen beispielsweise Zinszahlungen von off-shore-Fonds, die nach dem EU-QueStG als „außerhalb des Gebiets der EU niedergelassene Organismen für gemeinsame Anlagen“ qualifiziert werden,  unter diese Bestimmung. Aber auch hier wird wohl die Praxis erst zeigen, was man tatsächlich unter einem „Organismus für gemeinsame Anlagen“ versteht und was nicht mehr. Das EU-QueStG sieht im Einklang mit der Zinsrichtlinie eine De-Minimis-Regel vor: Bei Ausschüttern liegen keine Zinserträge vor, wenn sie von in Österreich niedergelassenen Fonds stammen, soferne diese Fonds aus der in den Fondsbestimmungen oder in der Satzung dargelegten Anlagepolitik oder in Ermangelung dessen auf Grund der tatsächlichen Zusammensetzung des Vermögens nicht mehr als 15 Prozent in "zinstragende" Produkte investiert haben. In Staaten außerhalb der EU aufgelegten Investment-Sondervermögen steht diese Möglichkeit allerdings nicht offen, und ihr Zinsanteil ist daher immer zu erfassen (§ 6 (3) EU-QuStG). Sollten der Zahlstelle keine Informationen über den genauen Anteil der Zinszahlungen an den ausgeschütteten Erträgen vorliegen, wird ex lege angenommen, dass der Gesamtbetrag der ausgeschütteten Erträge als Zinszahlung gilt.

B) Veräußerungserträge von ausschüttenden und thesaurierenden Fondsanteilen

Sowohl Ausschütter als auch Thesaurierer können von der Besteuerung der Veräußerungserlöse durch die EU-QueSt betroffen sein. Wiederum trifft es aber nur jene Fondsarten, die unter Punkt A geschildert wurde also:

  • OGAWs
  • österreichische Investmentfonds, die nicht der OGAW-RL entsprechen, soferne kein Opting-Out erklärt wurde (§ 4 (3) EU-QueStG)
  • sonstigen Einrichtungen nach Ausübung der Opting-In Wahlmöglichkeit gem. § 4 (3) EU-QueStG
  • außerhalb des Gebiets der EU niedergelassene Organismen für gemeinsame Anlagen

Die Veräußerungserträge von ausschüttenden und thesaurierenden Fondsanteilen unterliegen jedoch nur dann der EU-QueSt, wenn über 40 % (ab 1.1.2011: 25 %) des Fondsvermögens in Zinsanlagen investiert wurde, sei es unmittelbar oder mittelbar über eine andere Beteiligung.

Doch damit die Befreiung von der EU-Quellensteuer im Veräußerungsfall auch tatsächlich erfolgen kann, ist noch eine weitere Voraussetzungen nötig, denn der Zahlstelle muss eine entsprechende Information über den Prozentanteil des in „zinstragende“ Produkte angelegten Vermögens vorliegen, da dieser Prozentanteil sonst ex lege mit als über 40 % liegend angenommen wird und eine Zwangsbesteuerung auslöst (§ 6 (1), Z. 4 EU-QueStG). Sofern die Informationen nicht aus Fondsbestimmungen oder Fondsprospekt ersichtlich ist, ist die tatsächliche Zusammensetzung des Fondsvermögens maßgebend für die Prozentanteile.

Ausschüttende Fonds, die mehr als 15 %, aber höchstens 40 % in zinstragende Papiere investieren, unterliegen nur mit den ausgeschütteten Zinserträgen der EU-QueSt, nicht jedoch auch mit den Veräußerungserträgen bei Anteilscheinrückgabe (Verkauf), denn nur ausschüttende Fonds, die mehr als 40 % in zinstragende Papiere investieren, unterliegen sowohl mit den ausgeschütteten Zinserträgen als auch mit den bei Anteilscheinrückgabe (Verkauf) vereinnahmten Zinserträgen der EU-QueSt.

Thesaurierer unterliegen der EU-QueSt erst, wenn sie zu mehr als 40 Prozent in "zinstragende" Produkte investiert haben.

C) Fonds im Grenzbereich

Laut EU-QuStG haben die depotführenden Stellen in Ermangelung entsprechender Angaben in den Fondsbestimmungen und im Fondsprospekt die tatsächliche Zusammensetzung im Zeitpunkt der Veräußerung zu beachten (§ 6 (5) EU-QuStG). Das wird nicht immer unproblematisch sein, bzw. kann es durchaus sein, dass sich Fonds laufend im „Grenzbereich“ bewegen, also mal ein paar Monate unter die Zinsrichtlinie fallen, weil über 40 % zinstragende Produkte vorhanden sind (zB hoher Cash-Bestand bei Aktienfonds), dann wieder mehrere Monate nicht unter die Richtlinie fallen, weil zB die Cash-Bestände zu Gunsten des Erwerbs von Aktien auf ein tiefes Niveau gedrückt wurden.

Für diese Fälle sollte man Erleichterungen schaffen, indem man das EU-QueSt-pflichtige Vermögen an Hand weniger Stichtage aus der Vergangenheit (zB Rechnungsjahrende, Halbjahr) ermittelt und die so ermittelten Sätze für eine Periode (zB 1 Rechnungsjahr) gelten lässt um dann erneut den Prozentsatz an Hand dieser Methode für die nächste Periode ermittelt.


Quelle: Dr. Rolf Majcen, Leiter der Rechtsabteilung der FTC Vermögensberatung Pomeranz & Partner GmbH, [email protected], www.ftc.at


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