Corporate Bonds sind nicht teuer

Bei Euro Corporate Bonds scheinen die fetten Jahre endgültig vorbei. Wie sollten Anleger darauf reagieren unn mit welchen Renditen kann man zukünftig rechnen? e-fundresearch fragte Andreas Weidinger (Q.I.K. Corporate Bond) und Michael Sonner (dit-Corporate Bond Europa). Funds | 06.07.2005 09:45 Uhr
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e-fundresearch: Wie lautet Ihr genereller Geld- und Kapitalmarktausblick auf Sicht der nächsten 12-36 Monate im Euroraum?

Andreas Weidinger: Prognosen für 12-36 Monate zu treffen halte ich für etwas gewagt. Wer hätte heute vor 12 Monaten gedacht, dass die Rendite einer zehnjährigen österreichischen Staatsanleihe nur mehr bei 3,16% steht. Mit Ultimo Juni 2004 war das Renditeniveau für diese Laufzeit noch bei 4,38% und damit viel, viel höher. Geld – und Kapitalmärkte eignen sich oft nicht für langfristige Prognosen. Unserer Ansatz ist – vor allem was Zins- und Währungsentwicklungen betrifft – wesentlich kürzer. Wir verwenden hier quantitative Modelle, die mit historischen Datenreihen getestet wurden. Das erlaubt uns wesentlich rascher auf Veränderungen zu reagieren. Fondsmanagement ist ein sehr dynamischer Prozess. Unsere Modelle gehen momentan davon aus, dass die Renditen für Staatsanleihen weiter sinken werden und zwar für alle Laufzeiten. Was die Währungsentwicklung betrifft, gehen wir von einer Seitwärtsbewegung des USD zum EURO aus. Aber wie gesagt, dieser Ausblick kann sich täglich ändern. Es werden ja auch ständig neue Informationen auf den Kapitalmärkten verarbeitet und die machen diese dann oft sehr volatil. Aber gerade dadurch gibt es immer genügend Möglichkeiten für einen Fondsmanager. In Summe gibt es momentan keine Anhaltspunkte, dass die Renditen im EURO – Raum massiv steigen werden. Die Inflationsgefahr ist – trotz eines hohen Ölpreises – gering und die Konjunktur im EURO – Raum wird auch in den nächsten Jahren keine allzu positiven Überraschungen liefern. Michael Sonner: Der globale Konjunkturaufschwung wird in den kommenden Monaten an Tragkraft verlieren. In der Eurozone trüben eine Verlangsamung des Exportwachstums und die Erwartung nachlassender Investitionen die Wachstumsaussichten. Hinzu kommt die ausbleibende Erholung der Beschäftigungszahlen und der daraus resultierende schwache Konsum.

e-fundresearch: Mit welcher Entwicklung bei Unternehmensanleihen rechnen Sie in den nächsten Monaten? In welchen Laufzeiten und Sektoren ist Ihr Fonds aktuell über- bzw. untergewichtet und warum?

Andreas Weidinger: Sollte in den nächsten Monaten nichts Überraschendes an den Kapitalmärkten passieren – also kein rasanter Kursverfall an den Aktienmärkten, kein externer Schock, dann werden die Spreads von Unternehmensanleihen in einer Seitwärtsbewegung verlaufen. Das Zinsniveau ist historisch gesehen im EURO – Raum so gering wie noch nie und es gibt noch jede Menge von Anlegern, die in Assetklassen investieren wollen, mit denen sie höhere Erträge als Staatsanleihen erwirtschaften können. Unternehmensanleihen sind eine Alternative dazu. Die Nachfrage wird also relativ hoch bleiben und jede Ausweitung der Spreads wird von vielen zu einem Einstieg oder Erhöhung des Portfolioanteils in dieser Assetklasse genutzt werden.

Michael Sonner: Das fundamentale Bild für europäische Unternehmensanleihen bleibt stabil, wenngleich die positiven Nachrichten über Bilanzbereinigung und Schuldenreduzierung nachlassen. Stattdessen rücken Aktionärsinteressen wieder stärker in den Fokus. Unternehmen erhöhen die Dividende, kaufen eigene Aktien zurück, und auch Fusionen und Übernahmen sind wieder ein Thema. Gegenwärtig gewichten wir BBB-Anleihen mit kürzeren Laufzeiten leicht über, da dieser Bereich das beste Risiko/Ertrags-Profil bietet. In der Sektorallokation favorisieren wir nichtzyklische Sektoren wie den Telekommunikationsbereich. Vorsichtig sind wir hingegen in zyklischen Sektoren, da insbesondere längere Laufzeiten in diesem Bereich von einer hohen Spread-Volatilität gekennzeichnet sind.

e-fundresearch: Euro-Corporates weisen derzeit einen Spread von weniger als 60 Basispunkten auf. Der Rückgang der Risikoaufschläge wird begleitet von tendenziell niedriger werdenden Volatilitäten an den Aktienmärkten (=Risikomärkten). Unterschätzen die Anleger derzeit das Risiko bzw. wie versuchen Sie in einem Umfeld zukünftig steigender Spreads positive Renditen zu erzielen? Sind Sie z.B. Credit Default Swaps investiert?

Andreas Weidinger: Stimmt, da haben sie recht, dass die Riskoaufschläge relativ gering sind und die Volatilitäten an den Aktienmärkten zurückgegangen sind. Aber auch hier sollten wir beachten mit welchen Zeiträumen wir das derzeitige Marktumfeld vergleichen. Von 1997 bis 2003 waren diese Parameter um einiges höher. In diesen Zeitraum sind aber auch einige außergewöhnliche Ereignisse gefallen: Asienkrise 1997, Rußlandkrise und Krise um Long-Term Capital Management 1998, Bubble an den Aktienmärkten mit einer für viele kaum vorstellbaren Kurskorrektur in den Jahren 2000, 2001 und 2002, die Anschläge am 11. September 2001 und der Irakkrieg im Jahr 2003. Also das war sicher eine außergewöhnliche Periode. Wenn wir etwas länger zurückblicken, dann lässt sich auch feststellen, dass sowohl Risikoaufschläge als auch die Volatilitäten an den Aktienmärkten ziemlich lange ziemlich niedrig bleiben können, wie das von 1991 bis 1996 der Fall war und wenn sie über diesen langen Zeitraum in Unternehmensanleihen nicht investiert sind, entgeht einem einiges an Performance. Und wenn dann eine Krise da ist, fehlt beinahe jedem der Mut zu investieren, also antizyklisch vorzugehen. In einem Umfeld steigender Spreads haben es Unternehmensanleihenfonds schwer besser zu sein als Staatsanleihen. Wir versuchen eben mit einer ausgefeilten Einzeltitelselektion das Spreadrisiko so gering wie möglich zu halten.

In Credit Default Swaps sind wir zur Zeit noch nicht investiert. Was Derivate betrifft, handeln wir zur Zeit nur börsengehandelte Derivate  und das sind Credit Default Swaps nicht.

Michael Sonner: Einzelne Titel weisen einen durchaus höheren Spread aus. Dementsprechend sollte es durch eine gute Einzeltitelauswahl und richtige Sektorallokation auch im jetzigen Umfeld möglich sein, stabile Erträge zu erzielen. Auch wenn die Spreads in den vergangenen zwei bis drei Jahren stärker zusammengelaufen sind, ist der Markt mittelfristig betrachtet nicht extrem teuer. Darüber hinaus differenziert der Markt wieder stärker zwischen einzelnen Schuldnern. Das bietet uns als aktiv handelnden Fondsmanagern auch wieder größere Chancen.

e-fundresearch: In den letzten drei Jahren konnten mit Euro Corporate Fonds rund sieben Prozent pro Jahre verdient werden. In den letzten 12 Monaten sogar 9,8 Prozent (gemessen am FTSE Euro Corporate Bond Index), Staatsanleihen waren (gemessen am API Index) mit +11 Prozent aber sogar besser. Mit welcher Rendite können Anleger realistisch nach Kosten in den nächsten drei Jahren rechnen? Wird sich das zusätzliche Risiko auch in einem Mehrertrag widerspiegeln?

Andreas Weidinger: Ja, die hohen Erträge der Vergangenheit schauen natürlich gut aus. Aber diese hohen Erträge kamen vor allem durch Kursgewinne aufgrund fallender Renditen auf den Anleihenmärkten und geringerer Spreads bei den Unternehmensanleihen zustande. Sie sind damit im wahrsten Sinne des Wortes bereits hinter uns und sicher nicht in den nächsten Jahren zu erwarten. Staatsanleihenindizes – wie der API Index - waren in den letzten 12 Monaten aufgrund ihrer längeren Restlaufzeiten besser als Unternehmensanleihen. Wir sollten nicht vergessen, die Zinsen sind in dieser Periode rasant gesunken und Staatsanleihen haben davon etwas mehr profitiert.

Also Anleger, die sich jetzt einen Rentenfonds kaufen wollen, können davon ausgehen, dass die Erträge wesentlich geringer ausfallen werden. Der massive Renditerückgang ist in diesem Ausmaß bereits hinter uns und liegt nicht mehr vor uns. Mit einem EURO – Staatsanleihenfonds wird man in etwa 3% bis 3,5% p.a. verdienen können. Wenn der Fondsmanager sehr gut ist, sind vielleicht 50 Basispunkte mehr drinnen. Für Corporate Bond Fonds – so wie unser Q.I.K. Corporate Bond erwarten wir zur Zeit einen Ertrag von 3,5% bis 4% p.a. und auch hier gilt: Gutes Fondsmanagement zahlt sich aus und bringt einen höheren Ertrag. Unser Ziel ist es um 50 Basispunkte besser als die Benchmark oder Meßlatte unseres Fonds über einen längeren Zeitraum zu sein. Selbstverständlich nach allen Spesen, die im Fonds anfallen. Also wenn sie mich nach drei Jahren wieder fragen werden, ob ich mit der Entwicklung des Q.I.K. Corporate Bond in den vergangenen drei Jahren mit einem Ertrag von 4,5% p.a. zufrieden bin, so kann die Antwort dann durchaus „ja“ sein.

Was Ihre letzte Frage betrifft, ob sich das zusätzliche Risiko von Unternehmensanleihen in einem Mehrertrag widerspiegelt, möchte ich Ihnen in einer Hinsicht widersprechen: Einzelne Unternehmensanleihen in einem Portfolio haben natürlich ein höheres Risiko aufgrund eines möglichen Ausfalls oder einer möglichen Herabstufung des Ratings durch die großen Ratingagenturen. Aber ein gut diversifiziertes Portfolio von Unternehmensanleihen – und mit den Indizes kann man das auch schön für die Vergangenheit zeigen - weist ein besseres Ertrags-/Risikoportfolio auf als ein Portfolio von EURO – Staatsanleihen. Also gerade das macht diese Assetklasse so interessant: höherer Ertrag bei gleichem oder sogar geringerem Risiko. Das wollen wir in unserem Fonds natürlich auch erreichen und das ist uns in den letzten drei bzw. fünf Jahren auch recht gut gelungen.

Michael Sonner: Die Renditen, die in den letzten Jahren mit Unternehmensanleihen erzielt werden konnten, waren außergewöhnlich gut. Je nach zugrunde liegendem Vergleichsindex haben Corporate Bonds sogar besser abgeschnitten als Staatsanleihen. Das Umfeld hat sich jedoch geändert. Und auch wenn sich immer wieder ausssichtsreiche Investmentchancen auf Einzeltitelebe auftun werden,  muss man damit rechnen, dass die Credit Returns in den kommenden 12 Monaten geringer als in der jüngeren Vergangenheit ausfallen werden. Garant zur Erzielung einer Mehrrendite sollte auch in Zukunft die Vermeidung von Ausfallrisiken, gepaart mit einem aktiven Laufzeitmanagement und der richtigen Einzeltitel- und Sektorauswahl sein.

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!  



Alle Daten per Juni 2005 in Euro
Quelle:
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