Immobilienfonds: „Weg von der Gleichmacherei“

Für Barbara Knoflach, Vorstandsvorsitzende der SEB Asset Management AG und Geschäftsführerin der SEB Immobilien-Investment GmbH, muss die Branche der Immobilienfonds eindeutig weg von der Gleichmacherei. „DEN Offenen Immobilienfonds gibt es in Deutschland schon nicht mehr". Funds | 18.04.2006 07:03 Uhr
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e-fundresearch: Durch die vorübergehende Schließung bzw. Einstellung der Anteilrückgaben dreier deutscher offener Immofonds, hat sich die Stimmungslage bezüglich dieser Veranlagungsform in  Deutschland sehr verschlechtert. Welche Auswirkungen daraus erwarten Sie für die Zukunft?
 
Barbara Knoflach: Die Ereignisse haben der gesamten Branche geschadet, weil aus einer Mischung von Fakten und Spekulationen Unruhe in den Markt getragen wurde, die letztendlich zu einer Welle von Panikverkäufen führten. Für den  Fonds grundbesitz invest der Deutschen Bank wäre sicherlich auch ein anderes Szenario mit anderen Lösungen wie Kreditaufnahme oder Anteilkäufen möglich gewesen. Wenngleich  die Gründe für die Fondsschließungen nicht vergleichbar sind, haben die Ereignisse zu einem Imageverlust geführt. Das verlorene Vertrauen muss jetzt gemeinsam durch Aufklärung wieder aufgebaut und gleichzeitig die Krise als Chance genutzt werden, um neue Anleger für das Produkt zu gewinnen. Denn  generell sind  Immobilienprodukte zurzeit im Trend, zumal sich die Immobilienmärkte – auch Deutschland – im Aufschwung befinden.  Die Möglichkeit einer täglichen Anteilscheinrückgabe spielt bei privaten  Kleinanlegern eine bedeutend größere Rolle als bei institutionellen Investoren, die die langfristige Bindung des angelegten Kapitals explizit bei ihrer Kaufentscheidung berücksichtigen. Aus diesem Grund muss in Zukunft noch mehr an einem effizienten Liquiditäts- und Vertriebsmanagement gearbeitet werden, das sich konsequent an den  Bedürfnissen der jeweiligen Fondszielgruppe ausrichtet. Dazu gehört natürlich auch die Aufklärung der Anleger, dass es sich um ein langfristiges, stabiles Investment handelt, bei dem der Anleger aber  kein garantiertes Plus macht, sondern an der Marktentwicklung teilnimmt. Und da gilt: je weniger diversifiziert desto höher die Verlustwahrscheinlichkeit.

Und wir müssen weg von der Gleichmacherei. „Den“ Offenen Immobilienfonds gibt es in Deutschland nicht mehr, die rund 35 deutschen Fonds unterscheiden sich klar durch ihre Zielgruppenausrichtung und durch spezifische Rendite-Risiko-Profile.  

e-fundresearch: Insbesondere wurden die Rufe nach der Einführung von G-REITs (German-REITs) immer  lauter, manche prophezeien sogar durch die eventuelle Einführung  dieser das baldige Ende der offenen Immofonds. Glauben Sie dass hierdurch ein Verdrängungswettbewerb  für die Immofonds entstehen wird oder sind REITs nur eine weitere willkommene Veranlagungsmöglichkeit am deutschen Immomarkt?

Barbara Knoflach: Eine Verdrängung der Offenen Immobilienfonds  ist nicht zu befürchten, weil die beiden Anlageformen aufgrund ihres  entgegengesetzten Chance-Risiko-Profil (Anm.:  Offener Immobilienfonds = niedrige Volatilität, attraktiver Ertrag, Umbrella = Immobilienaktienfonds = hohe Volatilität, hoher Ertrag) unterschiedliche Anleger ansprechen. Die SEB Asset Management hat vor kurzem (Anm.: am 6. März 2006) den ersten deutschen Umbrella Fonds für internationale Immobilien und REITs auf den Markt gebracht und so das Rendite-Risiko-Anlagespektrum von Immobilienanlagen erfolgreich erweitert.  Für den Investmentmarkt Deutschland sind REITs der nächste logische Schritt auf der Rendite-Risiko-Leiter, die in Summe zu einer Stärkung der Asset-Klasse Immobilie führen. Dieser Ansicht ist auch die Mehrheit der Experten. Für alle  Anlageformen in Deutschland ist die Orientierung an internationalen Standards entscheidend, um international wettbewerbsfähig zu sein und als eigenständige Asset-Klasse marktfähig zu werden. Ein Meilenstein für die Offenen Immobilienfonds ist auf diesem Weg auch die  EU-Harmonisierung. Durch die Einführung der Offenen Immobilienfonds in Österreich und Frankreich ist die EU-Harmonisierung greifbar nahe gerückt.

e-fundresearch: Es wurden schon seitens des BVI Initiativanträge  bezüglich der Änderung der Fondsvorschriften  eingebracht. Unter anderem wird eine stärkere Reglementierung bei den Sachverständigengutachten und einer  Erhöhung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindest-Cashbestandes gefordert. Wäre es möglich dass dadurch eine Überreglementierung zustande kommt und die Fonds in ihrer Agilität eingeschränkt werden?

Barbara Knoflach: Generell sollte ein Mehr an Regeln dem Anleger nutzen und nicht schaden. Klares Ziel muss dabei sein, das Produkt weiter zu stärken und den unterschiedlichen  Zielkundengruppen der Fonds Rechnung zu tragen. Die Vorschläge  erfordern teilweise gesetzliche Änderungen.  Das Maßnahmenpaket enthält aber auch freiwillige Initiativmaßnahmen wie eben die angesprochene  Änderung der  Liquiditätsgrenzen – sowohl der Mindestliquidität von 5% auf 10% als auch die Einstellung des aktives Vertriebs ab einer Liquidität von  40%. Für Fonds, die sich an private Kleinanleger richten, ist diese Erhöhung mehr als sinnvoll, da ohnehin zur Steuerung der Fristeninkongruenz erforderlich.

Grundsätzlich sollte nur soviel Reglementierung erfolgen wie für einen fairen Marktwettbewerb erforderlich. Und da hilft gelegentlich auch der berühmte „Blick über den Tellerrand“: anzustreben sind meines Erachtens auch hier möglichst europäisch / international wettbewerbsbegünstigende Rahmenbedingungen.
 
e-fundresearch:
 Welche Änderungen in den Fondsvorschriften würden sich die Fondsgesellschaften selbst erwarten?

Barbara Knoflach: Ich habe es schon anklingen lassen. Die deutschen Offenen Immobilienfonds haben sich zu einer sehr heterogenen Fondsgruppe entwickelt. Die Produkte unterscheiden sich erheblich in puncto Anlegerzielgruppen, strategische Ausrichtung, Risikopräferenz und Ertragspotenzial. Die Ausdifferenzierung wird sicherlich tendenziell weiter zunehmen. Meiner Meinung gibt es zwei wesentliche Punkte. Erstens müssen die gesetzlichen Regelungen internationale Standards erfüllen – hier sind wir auf einem guten Weg – zweitens  muss  das Management  entsprechend der  spezifischen Anlagepolitik der Fonds agieren. Ein Beispiel: Fonds,  die das Postulat der täglichen Verfügbarkeit für den Kleinanleger jederzeit aufrecht erhalten wollen, werden sicherlich wie wir mit dem SEB ImmoInvest eine im Vergleich zu anderen Fonds überdurchschnittliche  hohe strategische Liquidität fahren und die liquiditätsbedingten Verwässerungseffekte in Kauf nehmen. Fonds, die eine  konservative, sicherheitsorientierte  Anlagestrategie haben, werden die Grenzen nicht ausschöpfen, sondern vorsichtig agieren - sowohl bei der Fremdfinanzierung – sprich  Leverage-Quote – als auch  bei der Währungskursabsicherung.  Der  Anleger weiß, dass  es die „eierlegende Wollmilchsau“ nicht gibt. Höhere Renditen sind immer mit höheren Risiken verbunden. Also  Produktwahrheit und –klarheit  ist für mich ein ganz wichtiger Schritt . Hierzu gehört  selbstverständlich auch die Transparenz  über die jeweilige Anlagestrategie zum Beispiel in Form von Risikoklassen.

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch! 

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