„Wir verkaufen Optimismus“

Energie, Rohstoffe, Schwellenländer und Small Caps. In vielen Bereichen sieht Murdo Murchsion, Fondsmanager des 28,9 Mrd. US-Dollar schweren Templeton Growth Fund, Inc., überschwänglichen Optimismus. Das Geld seiner Anleger investiert er lieber in unterwertete Aktien, was ihm zuletzt Performance gekostet hat. Funds | 25.04.2006 06:38 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der Templeton Growth Fund, Inc. erzielte in den letzten zehn Jahren eine jährliche Wertentwicklung von 11,8 Prozent. Den MSCI World Index übertraf der Fonds damit um 3,1 Prozent p.a. und das bei einem geringeren Risiko von 16,4 Prozent (MSCI World: 17,3 Prozent jährliche Volatilität). In den letzten zwei Jahren musste Fondsmanager Murdo Murchison aber einiges an Kritik einstecken, denn der Fonds liegt hinter dem Index zurück. Gegenüber e-fundresearch.com schildert Murchsion, der sich gerade auf Roadshow in Wien befindet, die Gründe und gibt Anlegern Einblick in seine aktuelle Investmentstrategie:

„Underperformance entspricht Erwartungen“

e-fundresearch: Herr Murchison, seit Anfang 2004 erzielte der Templeton Growth Fund, Inc. eine annualisierte Wertentwicklung von 15,7 Prozent und liegt damit knapp 70 Basispunkte pro Jahr hinter dem Vergleichsindex MSCI World zurück. Warum diese unzufriedenstellende Underperformance?

Murdo Murchison: Es stimmt, dass wir über kurze Zeiträume leicht hinter dem MSCI World zurückliegen. Aber unzufrieden bin ich mit absoluten Jahresrenditen von über 15 Prozent trotzdem nicht. Außerdem entspricht das relative Abschneiden voll und ganz unseren Erwartungen: In starken Abschwungphasen erbringt unser Value-Stil die meiste Outperformance. In den ersten ein bis zwei Jahren eines Bullenmarktes schwächt sich das dann ab und wenn der Aufschwung schließlich ein vermehrtes spekulatives Element aufweist, liegen wir in der Regel hinter der Marktentwicklung zurück.  

Optimismus verkaufen und Pessimismus kaufen

Wenn ich das letzte Jahr nur am Strand verbracht hätte und keine Transaktionen getätigt hätte, würden wir heute eine bessere Performance aufweisen. Das liegt vor allem daran, dass ich die boomenden Energieaktien und zyklischen Rohstoffwerte in den Kursanstieg hinein verkauft habe und Aktien aus Bereichen gekauft habe, die vom Markt links liegen gelassen wurden. Bis jetzt hat sich das noch nicht ausgezahlt aber unser Job ist es Pessimismus zu kaufen und Optimismus zu verkaufen. Und teilweise exzessiven Optimismus orte ich zurzeit neben Energie und Rohstoffen, etwa Metallen, vor allem in Schwellenländern, auch in Osteuropa und bei Small Caps.

Konjunkturaufschwung befindet sich eher am Ende

Ich will aber nicht, dass meine Kunden in spekulativen Bereichen investiert sind, die im Falle eines schwächeren Weltwirtschaftswachstums schwere Verluste verzeichnen. Denn derzeit befinden wir uns eher am Ende des konjunkturellen Aufschwunges als am Anfang. Sogar der wirtschaftliche Pessimismus in Europa ist plötzlich verschwunden.

Pharma und Medien als Value-Chancen?

e-fundresearch: Wo gibt es denn derzeit überhaupt noch Pessimismus bzw. wo investieren Sie derzeit das Geld ihrer Anleger?

Murdo Murchison: Pessimismus herrscht vor allem in gefallenen Growth-Sektoren, etwa in den Bereichen Pharma & Biotechnologie und Medien. Vor fünf Jahren waren wir in diesen Bereichen gar nicht investiert, jetzt sind das die am stärksten gewichteten Branchen im Fonds und machen knapp 20 Prozent des Portfolios aus. Denn viele Large Cap Pharmas, etwa Merck oder GlaxoSmithKline sind sehr günstig bewertet und für ein halb so hohes Kurs-Gewinn-Verhältnis wie in den Jahren 2000/2001 zu haben. Teilweise preist der Markt gar kein Gewinnwachstum mehr ein, was für mich außergewöhnlich ist, wenn man sich die demografischen Trends hin zu einer immer älteren Bevölkerung ansieht.

„Noch keine Fondsschließung geplant“

e-fundresearch: Der Templeton Growth Fund, Inc. ist über 28,9 Mrd. US-Dollar schwer. Der FTIF Templeton Growth (Euro) Fund ist zusätzlich über sieben Mrd. Euro groß. Ist es nicht im zunehmenden Maße langsam schwer so viel Geld effizient zu verwalten?

Murdo Murchison: Es ist viel schwerer neue Kunden zu gewinnen als bestehende zu halten. Aus diesem selbstlosen Grund heraus, liegt unser Fokus darin die bestehenden Fondsinvestoren zufrieden zu stellen. Ich habe mit Greg Johnson, unserem CEO, eine Vereinbarung, dass die finale Entscheidung über eine mögliche Schließung des Fonds eine Portfolio-Managemententscheidung ist. Derzeit ist das aber noch nicht wahrscheinlich, da wir in verstärktem Maße günstige Value-Chancen im Large Cap Bereich finden. Und bei Investments in Siemens, Pfizer, Time Warner etc. haben wir auch bei einem so großen Fondsvolumen keine Probleme. Die Konsequenz mit der wir handeln, sehen Sie in der nicht ausgeweiteten Titelanzahl im Portfolio: Als ich 2001 den Fonds übernommen habe, war der Templeton Growth Fund, Inc. in knapp 120 Positionen investiert, heute sind es rund 100. Zudem können wir einen extrem geringen Portfolioumschlag aufweisen, der unsere Broker zwar wenig freut unseren Kunden aber dafür auch bei einem großen Portfolio noch eine effiziente Umsetzung erlaubt. Derzeit ist deswegen noch keine Fondsschließung geplant. 

„Mehr Denken, weniger traden“

e-fundresearch: Wie oft schichten sie in ihren Fonds eigentlich im Schnitt um?

Murdo Murchison: Der Portfolioumschlag des Templeton Growth Fund, Inc. liegt zwischen 20 und 30 Prozent, wobei ich versuche immer weniger zu traden dafür aber mehr zu analysieren und nachzudenken. Ich denke, das ist einer der Hauptunterscheidungsmerkmale zu vielen Konkurrenten: Denn die durchschnittliche PTR (Portfolio Turnover Ratio) liegt bei Aktienfonds über 100 Prozent. Das bedeutet, das im Schnitt deren Portfolios einmal pro Jahr komplett gedreht werden. Allein die damit verursachten Kosten sind schwer zu rechtfertigten.

Eine kürzlich von Credit Suisse erstellte Untersuchung, hat gezeigt, dass die Investment Banken mit Hedgefonds zwischen 30 und 40 Mrd. US-Dollar pro Jahr an Transaktionskosten verdienen. Wenn man dem das Gesamtvolumen von Hedgefonds in der Größenordnung von 1000 Mrd. US-Dollar gegenüberstellt, macht das alleine Kosten von 3-4 Prozent pro Jahr aus.

Fonds und Gebühren

Aber auch die traditionelle Fondsindustrie wird sich zukünftig an niedrigere Gebühren gewöhnen müssen, womit ich aber kein Problem habe. Denn alles andere wäre nicht gerechtfertigt. Teilweise bin ich selbst erstaunt, wie viele Kosten zwischen dem Anleger und dem tatsächlichen Investment stehen. Eine Kapitalgarantie ist da nur ein Beispiel.

e-fundresearch: Wie sollen langfristig orientierte Anleger derzeit ihr Geld anlegen? Anleihen scheinen wenig attraktiv und auch bei Aktien erwähnen sie, dass die Risiken die Chancen derzeit übersteigen…

Murdo Murchison: Verstehen Sie mich nicht falsch, einen großen Kurseinbruch prognostiziere ich nicht. Denn obwohl die Aktienmärkte generell eher teuer als billig aussehen, wäre eine solche Vorhersage unseriös. Ob der DAX nach drei guten Jahren jetzt langsam Probleme macht, ich weiß es nicht. Ich bin mir aber sicher, dass es die anderen Marktteilnehmer auch nicht wissen. Alles was ich mache, ist das Geld meiner Anleger gegen einen möglichen Kurseinbruch in Aktien zu investieren, die günstig sind und damit in Abwärtsphasen weniger verlieren sollten als teure.

„Anleihenrisiken werden nicht kompensiert“

Wer langfristig anlegen will kommt um Aktien nicht herum. Denn die Renditen am langen Ende der Zinskurve sind unglaublich niedrig und die Bewertungen entsprechend teuer. Ich finde es fast schon unverantwortlich, zu welchem Investmentverhalten Versicherungen rechtlich gezwungen werden, um das Geld ihrer Kunden langfristig zu investieren. Denn langlaufende Anleihen, und hier liegt der Investmentschwerpunkt dieser Institutionen, bieten einfach nicht genügend hohe Renditen um ein solches Risiko zu kompensieren. Neben dem Durationsrisiko spielt nämlich auch das Länderrisiko eine große Rolle: Denn einige Industriestaaten stehen vor großen demografischen Herausforderungen. 

Was Murchison Anlegern rät

e-fundresearch: Welchen generellen Rat haben Sie für nicht professionelle Anleger parat?

Murdo Murchison: Man sollte sich bei seinen Investmententscheidungen nur ja nicht  an den in den letzten 1-2 Jahren erzielten Erträgen orientieren. Dieser ausgezeichneten Performance nachzulaufen führt unweigerlich zu einem hohen Risiko und auch die Statistik spricht gegen ein solches Handeln: Kurzfristige Outperformance endet zumeist in einer darauf folgenden Underperformance. Besser geeignet sind da schon langfristig erfolgreiche Fonds, die risikoadjustiert Mehrwert generieren konnten.

Außerdem sollten Anleger regelmäßig, etwa monatlich, in einen Sparplan investieren und für 10, 20 Jahre diese drei oder vier Investments einfach vergessen. Kurzfristiges Timing von Sektoren, Regionen oder Währungen macht dagegen wenig Sinn.

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!

Alle Daten per 31.03.2006 in Euro
Quelle: Lipper, Franklin Templeton


Über die Person:
Murdo Murchison ist als Executive Vice President und Portfoliomanager für Templeton Global Advisors Ltd. tätig. Er verwaltet unter anderem das Flagschiffprodukt der Franklin Templeton-Gruppe, den US-amerikanischen Templeton Growth Fund, Inc. und den FTIF Templeton Growth (Euro) Fund. Zusammen ist Murchison damit für ein Volumen von über 36 Mrd. Euro verantwortlich. Murchisons Spezialgebiet ist die Analyse von Aktien der Finanzbranche, speziell von Banken in Europa und Asien, der Technologie-Hardwaresparte sowie des Haushalts- und Konsumgüterbereichs. Murdo Murchison stieß 1993 zu Templeton. Seine Karriere im Investmentbereich begann bei Schroder Investment Management Ltd. in London. Außerdem war er als Anwalt bei einer schottischen Kanzlei tätig. Murchison schloss sein Studium an der Edinburgh University als Bachelor of Law mit Auszeichnung ab und erwarb danach an der Glasgow University das Diplom der Rechtspraxis. Murdo Murchison ist diplomierter Finanzanalyst (CFA) und Mitglied des Institute of Investment Management & Research (AIIMR). 

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.