Schwellenländer-Anleihen in lokaler oder Hartwährung?

Schwellenländer-Anleihen in lokaler Währung unterschieden sich entscheidend von entsprechenden Hartwährungs-Investments. Rob Drijkoningen, Leiter des Emerging Market Debt Teams bei ING Investment Management, erklärt die Vor- und Nachteile dieser noch jungen Assetklasse. Funds | 12.05.2006 07:29 Uhr
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1. Grundlegende Unterschiede der Assetklassen:

Anleihen von Schwellenländern in Hartwährung (Emerging Market Debt Hard Currency - kurz: EMD HC), mit denen die meisten Investoren seit längerem vertraut sind, bieten Investoren Zugang zu Kreditrisiken von Schwellenländern. Die Rendite dieser Investments wird durch risikolose USD-Anleihenverzinsung (US-Staatsanleihen) sowie dem Credit Spread bestimmt. Einen weiteren Weg stellen Investitionen in Anleihen von Schwellenländern in lokaler Währung (Emerging Market Debt Local Currency - EMD LC) dar. Dadurch partizipiert der Investor an der Entwicklung lokaler Staatsanleihen in Schwellenländern aber auch an der jeweiligen Fremd-Währungsentwicklung (EM FX).

Lokale Schwellenländer-Staatsanleihen bieten Zugriff auf Kreditrisiken wie bei Hartwährungsanleihen, jedoch über den Credit Spread der lokalen Anleihe. Obwohl dieses Kreditrisiko dem Kreditrisiko für Anleihen von Schwellenländern in Hartwährung sehr ähnlich ist, gibt es doch Unterschiede: In einer angespannten volkswirtschaftlichen oder politischen Situation etwa könnte die Regierung mit einer Kategorie in Verzug geraten, mit der anderen jedoch nicht. Unter normalen Umständen werden die Unterschiede im Wesentlichen durch die Merkmale des Marktes bestimmt, wie etwa, ob ausländische Investoren leichten Zugriff erhalten, entsprechende Steuern einbehalten werden, lokale Investoren auf einfache Art und Weise im Ausland investieren können etc.

Das zusätzliche Währungsexposure in den Schwellenländern bietet Zugriff auf eine Kombination zwischen Währungsrisikoprämie und realer Währungsauf- bzw. -abwertung. Dies ist eine ganz andere Art von Exposure als der Credit Spread. In Schwellenländern mit hoher Kreditwürdigkeit und niedrigen Credit Spreads ist das Potential auf weitere Kreditverbesserung äußerst begrenzt. Die kontinuierliche, wirtschaftliche Entwicklung wird dann größtenteils eine reale Währungsaufwertung nach sich ziehen.

Ein praktisches Beispiel für diese Auswirkungen kann in Osteuropa gesehen werden: Obwohl die Credit Spreads praktisch verschwunden sind, stellt die reale Währungsaufwertung einen starken, mittelfristigen Trend dar. Anleihenfonds von Schwellenländern in lokaler Währung -mit der Kombination aus lokalen Staatsanleihen und Fremd-Währungsexposure - eignen sich daher besonders für eine Partizipation an diesem Trend.

Zusammengefasst partizipieren Investoren mit Anleihen in lokaler Währung in größerem Umfang an der Entwicklung in den aufstrebenden Märkten als mit Hartwährungsinvestments.

2. Instrumente und Benchmarks im Überblick:

Bei ING Investment Management ist unsere Orientierungsgröße für Anleihen von Schwellenländern in lokaler Währung der Vergleichsindex JP Morgan ELMI+. Dieser Vergleichsindex bildet die Performance von Devisentermingeschäften (currency forward contracts) mit einer durchschnittlichen Duration von sechs Wochen ab. Seit kurzem steht auch ein alternativer JP Morgan Vergleichsindex zur Verfügung, der GBI-EM Index. In diesem Index sind nur Anleihen von Schwellenländern in deren eigener Währung verzeichnet und in dieser Form verlangt der Index von den Emittenten, dass sie einen besonderen Standardtyp lokaler Anleihen herausgegeben, die im GBI-EM vertreten sind. Diese Strukturierung bringt es mit sich, dass nur die am weitesten entwickelten Schwellenländer tatsächlich darin vertreten sind. Da es nur einige wenige dieser Länder gibt, schließt dieser Index eine Menge interessanter Schwellenländer aus.

Der Vergleichsindex ELMI+ bildet die Entwicklung einer ausgedehnteren Anzahl von Schwellenländern (einschließlich der Länder, die noch einen lokalen Anleihenmarkt entwickeln müssen oder gerade dabei sind, dies zu tun) ab. Oftmals sind diese Länder auch die Interessantesten. Und obwohl Devisentermingeschäfte vielen Investoren nicht geläufig sind, sind sie unbedingt erforderlich, um einer breiten Palette lokaler Märkte mit festverzinslichen Papieren Exposure zu bieten. Bei unseren Anleihefonds in lokaler Währung investieren wir deshalb in eine Kombination aus Devisentermingeschäften und Schatzanweisungen/Anleihen in Landeswährung.

3. Anlageergebnisse im Vergleich:

Als Assetklasse sind Schwellenländer-Anleihen in lokaler Währung weniger volatil als Anleihefonds von Schwellenländern in Hartwährung. Über die letzten fünf Jahre betrug die Volatilität des ELMI+ 4,9% gegenüber 7,8% beim EMBI Global Diversified. US-Staatsanleihen wiesen im besagten Zeitraum 5,3% Volatilität auf. Die historischen, risikoadjustierten Renditen des ELMI+ Index sind hoch, was wir übermäßig hohen Währungsrisikoprämien zuschreiben.

Die niedrige Volatilität von lokalen Anleihen überrascht viele Investoren, da Anleihen von Schwellenländern in deren eigener Währung als ein höheres Risiko als Anleihen in Hartwährung erachtet werden. Die niedrige Volatilität ist nicht nur durch die kürzere Laufzeit des ELMI+ bedingt, sondern auch durch die Tatsache, dass die starken Schwankungen der Währungen sich gegenseitig aufheben (die wechselseitigen Abhängigkeiten, sprich Korrelation, der Assetklassen untereinander sind gering).

Darüber hinaus ist die Korrelation von Anleihen in lokaler Währung zu US-Staatsanleihen und weltweiten Anleihen sehr gering und beträgt in beiden Fällen 0,1 über einen Zeitraum von fünf Jahren. Als solche verhält sich die Verteilung der Renditen beachtlich gut:

  • Trotz der Tatsache, dass riskante Assetklassen normalerweise zu Abweichungen von der Normalverteilung (so genannten Fat Tails und negativem Skew) neigen, weicht die Verteilung der Renditen über die letzten zehn Jahren und mehr nur unerheblich von einer Standardnormalverteilung ab.
  • Das tatsächliche Verhalten von Anleihen in lokaler Währung in schwierigen Zeiten ist keinesfalls entmutigend. Investoren fürchten im Allgemeinen, dass in schlechten Börsenphasen - wenn eine Diversifizierung am meisten vonnöten ist - Korrelationen zusammenlaufen und die Diversifizierung völlig verschwindet. Wenn wir uns verschiedene Krisenzeiten genauer ansehen, stellen wir fest, dass die Korrelationen der unter Druck stehenden Währung zu anderen Schwellenländer-Währungen gering bleiben niemals beunruhigende 0,7 oder darüber erreichten.

4. Alpha-Chancen in neuen Märkten:

Im Laufe des letzten Jahres konnten wir feststellen, dass seitens der Regierungen der Schwellenländer verstärktes Interesse bestand, ihre lokalen Bondmärkte zu entwickeln. Diese Regierungen sind geradezu darauf erpicht, Anleihen in eigener Währung aufzunehmen, um sich besser gegen externe Schocks zu schützen.

Da diese lokalen Bondmärkte neu und den Investoren daher nicht geläufig sind, bieten sich hier gute Chancen um Alpha zu generieren. Während sich die Märkte weiter entwickeln, werden Risikoprämien und Liquiditätsaufschläge sinken. Darüber hinaus sind Fehler bei der Risikokalkulation auf neuen Märkten wahrscheinlicher als bei schon entwickelten. Bei der Analyse haben wir zudem festgestellt, dass die vergleichbaren Kreditrisikoprämien auf den meisten Märkten mit lokaler Währung höher ist als auf den weiter entwickelten Hartwährungs-Märkten.

Der globale Devisenhandel wird zudem von Akteuren dominiert, die nicht auf maximale Rendite aus sind. Er zielt normalerweise darauf ab, das Wechselkursrisiko zu minimieren. Nur geschätzte 10-30 Prozent der Akteure sind „optimierende Investoren“. Daher bietet sich hier die Chance, durch aktives Management speziell in den weniger liquiden Märkten zusätzlichen durch Devisengeschäfte zu schaffen.

5. Breitere regionale Streuung:

Aus regionaler Perspektive bieten lokale Schwellenländer-Anleihen eine Diversifizierung gegenüber Hartwährungs-Anleihen. Der Index in lokaler Währung ist mehr auf Osteuropa und Asien ausgerichtet, während sich die Hartwährungs-Anleihen eher auf Lateinamerika beziehen. Unsere Anleihefonds von Schwellenländern in lokaler Währung weisen derzeit 40% Osteuropa, 28% Lateinamerika, 17% Asien sowie 11% Mittlerer Osten und Afrika auf. Unsere derzeitige Länderaufteilung für Anleihefonds von Schwellenländern in Hartwährung liegt bei 52% Lateinamerika, 27% Osteuropa, 14% Asien und 3% aus dem Mittleren Osten und Afrika.

6. Jüngste Entwicklungen und Trends:

Das Interesse an lokalen Anleihemärkten seitens der Investoren für Schwellenländer ist im vergangenen Jahr stark angestiegen. Dies deutet darauf hin, dass diese Assetklasse weiter an Bedeutung gewinnt. Diese Phase hat gerade erst begonnen und hat noch einen weiten Weg vor sich. Hinsichtlich der Vorteile wird sie mehr Investoren dazu bringen, sich Anleihefonds von Schwellenländern in lokaler Währung genauer anzusehen, was wiederum für die weitere Entwicklung der Assetklasse erforderlich ist.

Doch es bedeutet auch, dass einige der wünschenswerten Merkmale von Anleihefonds von Schwellenländern in lokaler Währung reduziert werden. Im Laufe des vergangenen Jahres wurden Anleihefonds von Schwellenländern in lokaler Währung effizienter. Im Hinblick auf die Vorteile bedeutet dies, dass auch die Liquidität verbessert und es damit einfacher wurde, Positionen in Anleihefonds von Schwellenländern in lokaler Währung abzuändern.


Über den Autor:
Rob Drijkoningen ist Leiter des globalen Emerging Market Debt Teams bei ING Investment Management in Den Haag. ING verfügt bereits seit 1998 über eine erfolgreiche Historie bei Schwellenländer-Anleiheninvestment in lokalen Währungen. Verwaltete Publikumsfonds sind etwa der ING (L) Renta Fund Emerging Markets Debt (HC) bzw. der ING (L) Renta Fund Emerging Markets Debt (LC).



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