Anleger verstehen Fondskosten nicht

Nur wenigen aktiven Fondsmanagern gelingt es besser zu sein als der Index. Warum bezahlen Anleger also für Leistungen, die sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bekommen werden? Eine Studie der US-Universitäten Wharton, Yale und Harvard kommt zu interessanten Antworten und zeigt klassische Anlegerfehler auf. Funds | 14.07.2006 07:27 Uhr
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Indexfonds sind billiger als aktiv gemanagte Produkte. Im Schnitt kosten aktive Aktienfonds laut Daten von Lipper/Fitzrovia 1,63 Prozent, börsengehandelte Indexfonds (ETF´s) sind mit 0,39 Prozent pro Jahr um 124 Basispunkte günstiger. Erkauft ist dieser Kostenvorteil aber auch mit der Gewissheit, nie besser sein zu können als der Index.

Die theoretische Chance, aus einer willkürlichen Auswahl von Fonds diejenigen auszuwählen die besser abschneiden als der jeweilige Vergleichsindex, variiert zwar je nach Fondskategorie, liegt bei Aktien aber im Schnitt um die 20 Prozent (siehe auch "Wo man Mehrwert findet" vom 19.4.2006).

Warum bezahlen Anleger also für Leistungen, die sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bekommen werden?

Um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, haben die Wirtschaftswissenschaftler James Choi, David Laibson und Brigitte Madrian von den US-Universitäten Wharton, Yale und Harvard eine Untersuchung durchgeführt, in der das Kaufverhalten von Fondskäufern in einem Experiment überprüft wurde.

Die Arbeitsthese lautete: Der Großteil der Anleger versteht nicht, was es mit Fondsgebühren eigentlich auf sich hat, daher stellen sie für diese Investoren auch keine Entscheidungsgrundlage dar.

Das Experiment im Detail

Wie Anleger auf Kosteninformationen bei Fonds reagieren, analysierten die Forscher anhand des folgenden Experiments: Versuchspersonen (alles Studenten des renommierten Wharton MBA-Programmes und des Harvard College) mit einem fiktiven Startkapital von 10.000 US-Dollar mussten aus vier verschiedenen S&P 500 Indexfonds (mit identischen Portfolios aber unterschiedlichen Gebührenstrukturen) auswählen. Als Ansporn wurde versprochen, dass eine zufällig ausgewählte Testperson am Ende des Experiments die jeweiligen Gewinne in bar ausbezahlt würde.

Die Informationen bestanden zu Beginn nur aus den jeweiligen Fondsprospekten. In einem zweiten Schritt wurden zusätzlich gesonderten Informationen zur Gebührenstruktur verabreicht, am Schluss auch noch Performancecharts seit Auflage.

Da alle Fondsportfolios identisch waren, wurden theoretisch alle Faktoren der Fondsauswahl per se eliminiert. Bei den Ausgabeaufschlägen lagen die Gebühren jedoch in einer Bandbreite zwischen 2,5 und 5,25 Prozent, die Managementgebühren zwischen 0,59 und 0,80 Prozent p.a..

95 Prozent bevorzugen teure Fonds…

Das erstaunliche Ergebnis: Trotz identischen Fondsportfolios entschieden sich 95 Prozent der Probanden der ersten Gruppe (diese hatten als Entscheidungsgrundlage nur die Fondsprospekte zur Hand) nicht für die günstigste und damit automatisch ertragreichste Variante. Aber auch die Probanden der zweiten Gruppe, welche zusätzlich die gesonderten Informationen zur Gebührenstruktur erhielten, lagen zu 80 Prozent falsch und kauften die teuersten Fonds.

Zudem verteilten die meisten Studenten ihr Kapital unnötigerweise auf mehrere Fonds. Unnötig deswegen, weil ja alle Portfolios identisch waren. Eine zusätzliche Diversifikation konnte durch eine Streuung der Assets auf verschiedene Anbieter also gar nicht erreicht werden.

Warum diese Scheindiversifikation?

Eine konkrete Antwort darauf fanden die Forscher auch nicht. Die Vermutung liegt aber nahe, dass für die Probanden die Marke anziehend wirkte. Bis zu einem gewissen Grad spielt beim Kauf eines Fonds also anscheinend der Name bzw. die Marke eine ebenso wichtige Bedeutung wie die Gebühren.

Und auf noch eine wenig erbauliche Information stießen die drei Forscher: Bei der dritten Gruppe (diese erhielten auch Charts zur Fondswertentwicklung), zeigten diese große Auswirkungen auf die Anlageentscheidungen. Zur Erinnerung: Da es sich ausschließlich um Indexfonds handelte, war die Performance vor Kosten grundsätzlich gleich. Da die Fonds aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgelegt worden waren, wiesen sie natürlich eine unterschiedliche Gesamtwertentwicklung auf. Nach rationalen Maßstäben spielt diese Information also für die Kaufentscheidung keine Rolle - tat sie aber doch: Die Versuchspersonen griffen häufiger zu den Fonds mit der scheinbar besseren Wertentwicklung und verschlechterten sich damit ihren Anlageerfolg. Denn die Forscher hatten die Fonds nämlich so ausgewählt, dass eine scheinbar bessere Performance auch mit höheren Gebühren verbunden war.

Verbessert Finanzwissen den Anlageerfolg?

Dass die Forscher für ihr Experiment ausschließlich finanzwissenschaftlich gebildete Probanden ausgewählt haben, lässt einen weiteren Schluss zu: Auch diese Gruppe scheint vor offensichtlichen Anlagefehlern nicht gefeit.

Fazit

Das Fazit der Studienautoren lautet: „Die meisten Investoren verstehen die Gebühren nicht und scheitern bei dem Versuch, die Gebühren zu minimieren, selbst dann, wenn die Vorteile klar und unumstößlich dargelegt sind."

Mit eingeschlossen sind dabei nicht nur Privatanleger. Denn die Probanden waren MBA-Studenten mit guten Finanzkenntnissen.

Einen Lichtblick gab es dabei allerdings: Testpersonen, die einen gesonderten Ausdruck der Gebührenstruktur erhalten hatten, erzielten bessere Ergebnisse. Die Wissenschafter folgern daraus vier Punkte: 

  1. Politische Entscheidungsträger sollten sich nicht darauf verlassen, dass die Anleger selbst über ausreichende Kostensensitivität verfügen um kompetitiven Druck auf die Fondskosten auszuüben.
  2. Finanzintermediäre sind deswegen angehalten diese Funktion wahrzunehmen, da die Anleger selbst dazu anscheinend nicht in der Lage sind.
  3. Die derzeit sehr prominente Darstellung historischer Wertentwicklungen trägt nicht zu einer Verbesserung des Anlageerfolgs bei. Im Gegenteil: Es hindere Investoren daran optimale Portfolioentscheidungen zu treffen.
  4. Politische Entscheidungsträger sollten nicht so sehr darauf achten welche Informationen dargestellt werden müssen, sondern wo und wie diese veröffentlicht werden. „Würden wichtige Fakten, wie zum Beispiel die Total Expense Ratio, nicht nur in den Fondsprospekten vergraben, sondern prominenter und einfacher verständlich dargestellt werden, verstärkt sich die Tendenz zu billigeren Fonds. Das würde wiederum den Druck auf die Fondskosten vergrößern“, so die Autoren.  
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