Russland Hauptprofiteur des Klimawandels

Ganze Assetklassen erfahren durch den Klimawandel dramatische Veränderungen. Während Staatsanleihen unattraktiver werden, profitiert Russland. Warum Philipp Vorndran, Investmentstratege bei Credit Suisse AM, zu Gewerbeimmobilien rät aber REITs meidet, Industriemetalle untergewichtet aber Gold empfiehlt... Funds | 19.01.2007 06:29 Uhr
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„Temperatur so hoch wie seit Jahrhunderten nicht mehr“

e-fundresearch: Herr Vorndran, die Folgen der Klimaveränderungen werden immer deutlicher spürbar. Welche Rolle spielt dieses Thema eigentlich für Anleger? Philipp Vorndran: Eigentlich eine sehr große. Denn die Auswirkungen der Klimaerwärmung sind nicht mehr zu ignorieren, auch nicht für Anleger. So ist die durchschnittliche globale Temperatur an der Erdoberfläche im 20. Jahrhundert um 0,6°C angestiegen. Während der letzten 150 Jahre  büssten die alpinen Gletscher zudem zwei Drittel ihres ursprünglichen Volumens ein und der Meeresspiegel liegt im Mittel aktuell um 0,1 bis 0,2 Meter höher als noch vor 100 Jahren. Auslöser dafür ist zu einem großen Teil der vom Menschen verursachte Treibhauseffekt. Denn die gegenwärtige Zuwachsrate von Kohlendioxid ist für mindestens die letzten 20.000 Jahre beispiellos. Die atmosphärische Zusammensetzung wird sich auch im Verlaufe des 21. Jahrhunderts weiter durch menschliche Einflüsse verändern. Für die Periode 1990 bis 2100 ist ein mittlerer globaler Temperaturanstieg von 1,4 bis 5,8°C prognostiziert. Damit wird eine Temperatur erreicht, die höher ist als die, die man im 20. Jahrhundert beobachtet hat und sehr wahrscheinlich die Höchste der letzten 10.000 Jahre ist.

Meerespiegel könnte um bis zu zehn Meter ansteigen

Durch die höheren Temperaturen wird sich der Rückzug der Gletscher und Eiskappen fortsetzen und den Meeresspiegel um bis zu 0,88 Meter erhöhen. Das wird zu Überschwemmungen großen Ausmaßes und mehr extremen Wetterereignisse führen. Es ist zum Beispiel sehr wahrscheinlich, dass die Variabilität des indischen Sommermonsuns zunehmen wird. Zur Veranschaulichung: Sollte Grönland vollständig abschmelzen, was dann möglich wäre, wenn die Temperaturänderung auf sieben Grad anstiege und für 1000 Jahre erhöht bliebe, so höbe sich der Meeresspiegel um sieben Meter, das westantarktische Eisschild würde dann noch einmal drei Meter beitragen, so dass man auf etwa zehn Meter käme.

„Standortfaktoren der Unternehmen verändern sich dramatisch“

e-fundresearch: Was gibt es für Anleger aber nun genau zu beachten?

Philipp Vorndran: Wichtig ist, dass die Investoren verstehen wie sie ihre Asset Allokation an das geänderte globale Umfeld anpassen. Denn Unternehmen haften für ihre Verantwortung am Klimawandel (z.B. aus den Sektoren Versorgung und Rohstoffe). Viele Kosten für den Schutz und den Erhalt der Infrastruktur müssen aber auch die einzelnen Staaten tragen. Zudem werden manche Regionen eine dramatische Veränderung ihrer Standortfaktoren durchlaufen, ein Beispiel ist die relative Attraktivität von Immobilien. Denn zukünftig erscheinen zum Beispiel Immobilien der Ostsee attraktiver als bestehende Strand-Grundstücke in Spanien.

Staats- und Katastrophenanleihen meiden

e-fundresearch: Welche Assets sollte man zukünftig lieber meiden?

Philipp Vorndran: Besonders negativ betroffen sind Staatsanleihen, denn die Kosten des Wiederaufbaus von Infrastruktur sind enorm und damit steigt das Ausfallrisiko der Anleihen. Aber auch so genannte Katastrophenbonds sollte man ganz genau prüfen, denn die Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken ändert sich enorm. Zudem sind Unternehmen, die einen ineffizienten Umgang mit Energie betreiben wenig interessant.

In der Summe sollte man aber bedenken, dass die Klimaerwärmung per se nicht überall negativ ausfällt. Je nach Region bzw. Sektor sind einige Anlagen sogar positiv vom Klimawandel betroffen.

Russland als Hauptprofiteur des Klimawandels

e-fundresearch: Zum Beispiel?

Philipp Vorndran: Da wäre zu allererst einmal Russland zu nennen. Denn das Land hält einen großen Überschussbestand an Greenhouse (GHG) Zertifikaten und verfügt über eine sehr gute makrowirtschaftliche Verfassung. Zudem ist die Finanzierung des Generationenvertrages in Russland gesichert, da die Regierung mit den Einnahmen aus den Rohstoff-Exporten einen staatlichen Fonds speist, der dem norwegischen Petroleum Fonds ähnelt. Mit den Zinserträgen aus diesen Vermögenswerten soll dann der Wohlstand für zukünftige Generationen gesichert werden.

Ganz generell werden zudem Länder mit hoher finanzieller und politischer Stabilität von der Flucht in Qualitäts-Investments profitieren. Klimatisch interessant ist auch die skandinavische Region, die im Vergleich zu Russland eine gute Kombination aus politischer Stabilität und Klimawandel bietet.

Aber auch Bauunternehmen und Bauzulieferer werden am Wiederaufbau der Infrastruktur verdienen. Weitere Beispiele sind Unternehmen aus dem Recycling-Sektor und CO2-proaktive Unternehmen.

Immobilien statt Anleihen

e-fundresearch: Wenn Anleihen zukünftig noch uninteressanter werden, nimmt die Aktien dann automatisch an Bedeutung zu?

Philipp Vorndran: Das würde ich schon so sehen. Denn derzeit glauben selbst viele institutionelle Anleger nicht an die positiven Analysen von uns Strategen und damit an die Anlageform Aktie. Auch der Privatinvestor ist stark untergewichtet und das obwohl Anleihen meiner Meinung immer uninteressanter werden. Als wenig volatile Alternative zu Aktien sind da schon eher reale Vermögenswerte wie Gewerbeimmobilien zu nennen. 

„Prämien bei REITs viel zu hoch“

Meiden würde ich derzeit aber Real Estate Investment Trusts (REITS), da die Prämien viel zu hoch sind. Die Privatanleger kaufen diese zwar immer noch, wissen aber leider oft nicht  was genau sie da kaufen. Wenn ich die Wahl habe, kaufe ich lieber das zugrunde liegende Underlying und nicht die Verpackung. 

Geheimtipp IT?

e-fundresearch: Abgesehen von Gewerbeimmobilien, welche weiteren Assets sehen Sie in näherer Zukunft als interessant an?

Philipp Vorndran: Gegen den Trend wären wir nicht überrascht, wenn Werte aus der Informations-Technologie (IT) positiv abschneiden würden. Ist ein Sektor erstmal in die Ungunst der Anleger gefallen, braucht es etwas, das als Initialzündung wirkt, um das Interesse der Investoren erneut zu wecken. Meines Erachtens könnte die Lancierung des neuen Microsoft Betriebssystems Vista den Stein ins Rollen bringen, da oftmals die Personal Computer aufgerüstet oder ersetzt werden müssen.

Gold als Absicherung gegen geopolitische Krisen

e-fundresearch: Und Gold?

Philipp Vorndran: Spricht man von den weltweiten Unsicherheiten, unvorhersehbaren Ereignissen und geopolitischen Spannungen sollte man nicht außer Acht lassen, dass diese auch neue Türen öffnen. Beispiel Gold: Die physische Nachfrage nach Gold aus den Entwicklungsländern nimmt stetig zu und überdies bleibt Gold eines der wichtigsten Diversifikationsinstrumente für internationale Investoren. Die Flucht in reale Assets und eine vermehrte Nachfrage von Zentralbanken wie China oder Russland helfen zudem. Es ist fast beunruhigend wie viele Investmentberater ihren Kunden derzeit Gold – und Rohstoffe ganz allgemein – empfehlen. Selbst wenn es kurzfristig etwas nach Überhitzung aussieht, langfristig stimmen die Fundamentaldaten. Hinzu kommt, dass Gold dank seiner „Safe-Haven-Funktion“ eine gute Möglichkeit bietet, um von möglichen geopolitischen und ökonomischen Unsicherheiten zu profitieren.

Lieblingsempfehlung Silber

Meine Lieblingsempfehlung unter den Edelmetallen ist aber eigentlich Silber: Denn Silber ist nur mehr ein Abfallprodukt aus der Produktion vieler Metallen. Spezielle Silberminen gibt es kaum mehr, weshalb der Markt gegen den Zyklus die Produktion nicht mehr hochfahren kann.  Mein Geheimtipp sind die 10 Euro Silbermünzen Deutschlands.

e-fundresearch: Vielen herzlichen Dank für das Gespräch! 

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