„Brasilianische Aktien sind viel zu billig“

Bereits vor den Korrekturen wiesen Brasilien-Aktien mit einem KGV von 10 die günstigste Bewertung aller Schwellenländer-Märkte weltweit auf. 2007 rechnet Luiz Ribeiro, Fondsmanager des größten Brasilien-Fonds HSBC GIF Brazil Equity, deswegen mindestens noch mit einem Plus von 25 Prozent für die Börse São Paulo. Funds | 08.03.2007 06:17 Uhr
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Luiz Ribeiro ist seit Juli 2005 Fondsmanager des derzeit über 600 Millionen Euro großen HSBC GIF Brazil Equity Fund. Zudem ist der Leiter des brasilianischen Aktienteams von HSBC für den hauseigenen Latin America Freestyle verantwortlich. Davor war der Brasilianer zwischen 1996 und 2003 schon Fondsmanager des ABN AMRO Latin America Equity Fund (siehe auch "Lateinamerika-Aktienfonds im Vergleich" vom 13.10.2003). 

Unter dem aktuellen Fondsmanager legte der HSBC GIF Brazil Equity Fund im Zeitraum 1.7.2005-5.3.2007 um 49,4 Prozent p.a. zu und schlug den MSCI Brazil Index um beachtliche 14 Prozent p.a. Auf Sicht der letzten 12 Monate liegt der Fonds mit einem Ertrag von 5,2 Prozent zwar hinter dem Osprey Brasilien Inside von SEB auf Platz 2/5 Brasilien-Aktienfonds aber immer noch deutlich vor dem MSCI Brazil Index mit -3,6 Prozent. Als offizielle Messlatte gilt für Ribeiro aber der von MSCI speziell für HSBC berechnete MSCI Brazil 10/40 Index, welcher u.a. das maximale Indexgewicht pro Aktie auf zehn Prozent reduziert und deshalb auch ohne Einsatz von Derivaten auch für einen Luxemburger Investmentfonds nachbildbar ist.

2007: „Börse in São Paulo steigt um 25 Prozent“

e-fundresearch: Brasilianische Aktien wurden von dem weltweiten Aktienkursverfall am stärksten getroffen und verloren innerhalb weniger Tage fast 14 Prozent an Wert. Wie geht es 2007 weiter?

Luiz Ribeiro: Wir sind schon vor der Korrektur davon ausgegangen, dass brasilianische Aktien aufgrund ihrer günstigen Bewertung dieses Jahr noch rund 25 Prozent an Aufwärtspotential aufweisen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund zehn anhand der Gewinne der nächsten 12 Monate ist Brasilien hinter Peru und Venezuela weltweit der billigste Schwellenländer-Aktienmarkt. Zum Vergleich: Lateinamerika ist im Schnitt mit einem KGV von 13 rund ein Drittel teurer, globale Schwellenländer sind mit 13,1 auch viel höher bewertet. Vorausgesetzt, dass das globale Wirtschaftswachstum nicht einbricht, wovon wir nicht ausgehen, bleibt unsere Prognose für 2007 auch nach dem Mini-Crash aufrecht.

Gewinnwachstum doppelt so hoch wie in globalen Schwellenländern

e-fundresearch: Im Schnitt der letzten drei Jahre legte der MSCI Brazil um rund 40 Prozent pro Jahr zu? Warum sollte die Börse in diesem Jahr eigentlich ein weiteres Viertel an Wert zulegen?

Luiz Ribeiro: Die Gründe hierfür liegen vor allem in der guten Entwicklung der Unternehmensgewinne. In den letzten Jahren wurde der Markt trotz der starken Kursgewinne nicht teurer, weil die Firmen ihre Gewinne eben in diesem Ausmaß steigern konnten. In diesem Jahr geht der Konsensus von weiteren Gewinnsteigerungen von 20 Prozent aus, was weit über dem globalen Durchschnitt der Schwellenländer von neun Prozent liegt. Für 2008 rechnen wir in etwa mit einem Gewinnwachstum zwischen 8-9 Prozent, was immer noch viel ist im relativen Vergleich zu anderen Regionen. 

Sinkende Realzinsen gut für Aktien

Ein weiterer Grund für unseren Optimismus sind die hohen Realzinsen. Bei einer Inflation von knapp 3,8 Prozent liegen die nominellen kurzfristigen Zinsen immer noch bei 13 Prozent. Bis Ende 2007 rechnen wir aber mit weiteren Zinssenkungen auf 11,5 Prozent. Dieser Prozess sollte mittelfristig weitergehen und die Nachfrage nach Anleihen eindämmen bzw. den Aktienmarkt unterstützen.

„Brasilianer selbst investieren lieber in Anleihen“

e-fundresearch: Brasilien zählt schon fast traditionell zu den billigsten Börsen der Welt. Warum ist das eigentlich so?

Luiz Ribeiro: Der Hauptgrund dafür ist, dass es in Brasilien kaum inländische Käufer für Aktien gibt. Der brasilianische institutionelle Anleger war und ist aufgrund der hohen Realverzinsung eher in Anleihen und kaum in Aktien investiert. Dasselbe gilt für Privatanleger, die neben dem Anleihen- vor allem den Geldmarkt für ihre Investments nützen. Aus diesem Grund ist der brasilianische Aktienmarkt fast ausschließlich von ausländischem Kapital abhängig, weshalb er auch so anfällig auf Verknappungen der globalen Liquidität ist. Das Gegenteil davon ist Chile, wo ein entwickeltes Pensionssystem u.a. viel Geld in heimische Aktien investiert. Dort sind die Bewertungen deshalb auch viel höher,  aktuell liegt das KGV in etwa doppelt so hoch wie in Brasilien. Ich denke diese Situation wird sich in den nächsten Jahren aber nicht ändern. Mittelfristig  - abhängig von der sinkenden Realverzinsung – sollten Aktien aber auch in Brasilien an Bedeutung gewinnen.    

„BIP-Wachstum ist eine Enttäuschung“

e-fundresearch: Im Gegensatz zu den anderen BRIC-Ländern, ist das BIP-Wachstum  Brasiliens mit gerade einmal drei Prozent sehr gering. China, Indien oder Russland wachsen in etwa dreimal so schnell. Was sind die Gründe und wirkt sich das nicht negativ auf die Unternehmen und damit die Börse aus?

Luiz Ribeiro: Das BIP-Wachstum Brasiliens ist eine klare Enttäuschung, keine Frage. Als Hauptgrund sind die hohen Steuersätze zu nennen, die zu den höchsten der Welt zählen. Zudem sind die Ausgaben der Regierung, etwa für die Löhne im öffentlichen Bereich, viel zu hoch und machen derzeit bereits 22,5 Prozent des BIP aus. Zum Vergleich: Vor sieben Jahren lag dieser Satz mit 19 Prozent noch viel tiefer.

Andererseits ist die Infrastruktur verbesserungsbedürftig. Präsident Lula hat aber vor kurzem aber bereits seinen Plan präsentiert, wie er das BIP-Wachstum auf rund fünf Prozent pro Jahr erhöhen will. Leider zählen zu seinem Maßnahmen keine tief greifende und notwendige Steuerreform, dafür aber enorme Investitionen in Infrastruktur. Ein weiteres Hindernis war und ist für die Wirtschaft die hohe Realverzinsung, aber dieses Problem wurde bereits vor Jahren erkannt und die Zinsen sollten weiter fallen.

"Anstieg des Brasilianischen Real geht nicht weiter"

e-fundresearch: Zur guten Performance brasilianischer Aktien hat, zumindest aus Sicht von Euro-Investoren, auch der starke Brasilianische Real beigetragen, welcher im Schnitt seit 2004 um 8,5 Prozent pro Jahr an Wert zugelegt hat. Geht das so weiter?

Luiz Ribeiro: Nein, das glauben wir nicht. Die Regierung versucht bereits alles um den Real vor weiteren Kursanstiegen gegenüber dem US-Dollar zu bewahren und kauft US-Dollar gegen Real. Der starke Anstieg der Währungsreserven, derzeit bei 100 Mrd. US-Dollar, ist ein direktes Ergebnis daraus. Bis Jahresende dürfte sich das Verhältnis Real/US-Dollar aber kaum verändern, wir gehen von einer stabilen Entwicklung aus.

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!

Alle Daten per 5.3.2007 in Euro
Quelle:

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