Alte Einstandskurse

Aus Anbietersicht entwickelt sich das Fondsjahr 2007 bis dato durchwachsen. Trotz der boomenden Börsen verzeichnen Aktienfonds Mittelabflüsse und Anleihenfonds leiden unter dem negativen Marktumfeld. Einzig den niedrigmargigen Geldmarktfonds fließen Rekordsummen zu. Was ist passiert? Funds | 14.06.2007 06:32 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Trotz der weiterhin boomenden Aktienbörsen - der Weltaktienindex von MSCI verdoppelte sich seit März 2003 und legte in 2007 um rund sieben Prozent zu – verzeichneten Aktienfonds momentan europaweit Rückflüsse. Allein in Deutschland betrugen die Nettomittelabflüsse im ersten Quartal fünf Milliarden Euro, wobei UCITS-Fonds dabei rund die Hälfte ausmachten. Gemessen an allen UCITS-Fonds wurden laut Zahlen des europäischen Fondsverbands EFAMA im ersten Quartal Aktienfonds in der Höhe von 3,4 Mrd. Euro rückgelöst. Alle anderen Anlagekategorien verzeichneten über diesen Zeitraum Zuflüsse, wobei Geldmarktfonds (53,1 Mrd. Euro) und gemischte Fonds (32,5 Mrd. Euro) bei den Anlegern am Gefragtesten waren. Geldmarktfonds erlebten im ersten Quartal 2007 paradoxerweise sogar die höchsten Zuflüsse aller Zeiten, höher als im ersten Quartal 2003. Im fünften Jahr der Börsenhausse ein interessanter Umstand.

Alte Einstandpreise sind erreicht

„Viele Aktienfondsbesitzer erreichen dieses Jahr ihre alten Einstandspreise aus dem Jahr 2000 und sind froh endlich ohne Verlust verkaufen zu können. Im Lichte einer korrekten Beurteilung der Risikofähigkeit erscheint dieses Verhalten langfristig betrachtet aber wenig zielführend“, bedauert Stefan Bichsel, Präsident der EFAMA das Phänomen. Ähnlich sieht das auch Matthias Bauer, Vize-Präsident der EFAMA und Geschäftsführer der größten Fondsgesellschaft Österreichs, Raiffeisen Capital Management: „Die erreichten Kursniveaus Ende der 90er Jahr fallen aktuell mit hohen Zinssätzen zusammen, was in Ländern mit einer hohen Geldmarktfonds-Kultur, wie Frankreich oder Deutschland, zu entsprechenden Mittelflüssen führt. In Österreich, wo die Sparbuchkultur immer noch stärker ausgeprägt ist, profitieren eher Bankprodukte von diesem Trend. Den Banken ist das aber eigentlich ganz recht: Denn aufgrund der hohen Kreditauslastung brauchen diese die Liquidität dringend“.

Ein Blick auf die historische Aktienkursentwicklung bestätigt das: So liegt der MSCI World Index mittlerweile nur noch 10 Prozent unter seinem Hoch vom September 2000. Der deutsche DAX 30 Index notiert nahezu gleichauf mit seinem alten Höchststand im März 2000. Etwas anders dagegen die Lage in der Schweiz bzw. in Österreich: Der Swiss Performance Index überschritt sein damaliges Hoch bereits im November 2005, der Wiener ATX erlebt seinen Boom erst ab 2003 und eilt seit 2004 von einem Allzeithoch zum nächsten.

Lage regional leicht unterschiedlich

Etwas unterschiedlich deswegen auch die Situation im deutschsprachigen Raum:

  • In Österreich stieg das Aktienfondsvolumen im Zeitraum Januar-Mai 2007 um fünf Prozent auf 31,7 Mrd. Euro oder 18,3 Prozent des gesamten Fondsvolumens an. Ende Dezember waren es noch 18,0 Prozent des Gesamtmarktes. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings das Faktum, dass der Aktienfondsanteil im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr gering ist. Denn nur in Ungarn, Portugal, Tschechien, Slowakei und Türkei ist er geringer. Auch verzeichnete der österreichische Markt im Mai bereits wieder größere Nettomittelzuflüsse: Plus 1,9 Mrd. Euro im letzten Monat sind dabei doppelt so viel im Zeitraum Januar bis April zusammengenommen. Dabei stammt jedoch der überwiegende Teil von Großanleger- und Spezialfonds, Publikumsanleger standen weiter auf der Verkaufsseite. Während gemischte Fonds und Rentenfonds in den ersten fünf Monaten weiter an Marktanteil verloren, waren Geldmarktfonds unterm Strich die größten Gewinner. Auch alternative Fonds legten zu, berichtet die VÖIG.
  • In Deutschland haben bei den Publikumsfonds ebenfalls Geldmarktfonds weiter die Nase vorn und verbuchten im April (die laut BVI letzten verfügbaren Zahlen) einen Netto-Mittelzufluss von 2,0 Mrd. Euro, gefolgt von „Sonstigen Wertpapierfonds“ (plus 1,3 Mrd. Euro) – vor allem bestimmte Rentenfonds und Zertifikatefonds. Den dritten Platz nehmen Mischfonds ein, denen im April 1,0 Mrd. Euro zuflossen. Anleger vertrauten Offenen Immobilienfonds im April 0,4 Mrd. Euro und Dachfonds 0,3 Mrd. Euro an. Aktienfonds verzeichneten aber Abflüsse von 0,5 Mrd. Euro, reine Rentenfonds von 0,9 Mrd. Euro.
  • Auch in der Schweiz verloren Aktienfonds im April mit Nettomittelabflüssen von 0,4 Mrd. Schweizer Franken stark. Die großen Gewinner waren hier aber nicht die Geldmarktfonds, ganz im Gegenteil: Mit einem Mittelabfluss von 0,6 Mrd. Schweizer Franken verloren Geldmarktfonds laut Zahlen der SFA sogar am stärksten. Anlagestrategiefonds, also gemischte Fonds, konnten mit +1,1 Mrd. Schweizer Franken das meisten Neugeld anziehen. „Eigentlich ist das eine sehr gute Entwicklung. Denn mit Anlagestrategiefonds kann man zukünftig Unfälle gut vermeiden. Für mich ist das ein Zeichen von zunehmender Beratungsqualität, weil die Anleger nicht mehr nur auf fokussierte Themen reagieren, sondern breit gestreut anlegen“, erklärt Bichsel weiter, der auch Partner bei der Genfer Privatbank Lombard Odier Darier Hentsch & Cie. ist.

MiFID ebenfalls Schuld?

Einen weiteren Grund für die momentane Situation ortet Martin Maier, Geschäftsführer der österreichischen Allianz Invest KAG, bei der Verunsicherung unter den Beratern hinsichtlich der neuen EU-Richtlinie MiFID. „Angekündigte Verschärfungen hinsichtlich der Vertriebsstrukturen, etwa die Vorgabe Kapitalschäden für den Anleger zu vermeiden, führen dazu, dass die Berater noch risikoaverser agieren. Eigentlich ist das aber ganz und gar nicht im Sinne des Anlegers, der dadurch nur Rendite liegen lässt“, so Maier weiter.

Wie geht es weiter?

Kontroversiell wird derzeit darüber diskutiert, wie und ob sich der Trend der Privatanleger, weg von Aktienfonds, weiter verstärkt oder bald umkehrt. „Ich denke für die meisten Anleger und deren Berater ist das Parken der Mittel in Geldmarktprodukten nur eine Zwischenlösung und ich bin gerade deshalb bullish für Aktien. Denn in 12 Monaten könnten viele erkennen, dass sie einiges an Performance liegen gelassen haben und zähneknirschend in Aktien bzw. Aktienfonds investieren“, glaubt Bauer. Zu denken gibt ihm auch, dass traditionelle Aktienfonds verstärkt Abflüsse verzeichnen: „Alles was neu ist und ein aktuelles Thema abdeckt ist gefragt. Viele Anleger denken dabei aber zu kurzfristig, das ist gefährlich“.

Fazit

Die derzeitige Situation ist für die Fondsgesellschaften alles andere als komfortabel. Die (relativ hochmargigen) Aktienfonds finden derzeit kaum Absatz, Rentenfonds leiden unter den weiter steigenden Leitzinsen und die Zuflüsse bei den margenschwachen Geldmarktfonds können die Einnahmenausfälle kaum wettmachen. Auch die institutionellen Fondsprodukte, welche derzeit gegen den Trend starken Absatz finden, haben naturgemäß niedrigere Margen als Retailprodukte. So lange der gesamte Fondsmarkt aber weiter wächst, ist das kein großes Problem „Obwohl die wenigsten Anbieter mit diesem Szenario gerechnet haben, ist das Wachstum des Gesamtmarktes ja weiter zufrieden stellend “, betont Maier. Etwas vorsichtiger ist Bauer: „Man muss die Situation sicherlich im Auge behalten und dann kostenseitig darauf reagieren bzw. die Publikumsfonds besser positionieren“.

Aber auch die Anleger selbst machen sich mit ihrem Verhalten wenig Freude: Langfristig bringt eine Geldmarktveranlagung nach Abzug von Kosten, Steuern und Inflation nicht viel mehr als einen Nullertrag. Im Interesse aller Beteiligten bleibt also zu hoffen, dass die Geldparkplätze wirklich nur als Kurzparkzone gesehen werden…


Alle Daten per 8. Juni 2007 in Euro (außer anders angegeben)
Datenquelle: EFAMA, VÖIG, BVI, SFA, Lipper, eigene Berechnungen  

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.