Indien: Neuwahlen als Kaufgelegenheit

Der Börsen-Boom in Indien erreicht mittlerweile gewaltige Dimensionen: Seit 2003 legte der MSCI India kum 551 Prozent zu, allein seit Ende August kamen 35 Prozent dazu. Über die weiteren Aussichten sprachen wir mit Arun Mehra, Fondsmanager des 2,9 Mrd. Euro großen Fidelity Funds – India Focus. Funds | 18.10.2007 06:00 Uhr
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Der Fidelity Funds – India Focus erzielte seit Auflage am 23.8.2004 eine jährliche Performance von 47,7 Prozent. Den MSCI India Index mit 53,8 Prozent konnte Fondsmanager Arun Mehra und sein Team aber nicht schlagen, wobei man damit nicht alleine ist. Von den insgesamt acht Indien-Aktienfonds, welcher eine diesbezügliche Historie aufweisen und im deutschsprachigen Raum zugelassen sind, schlug kein einziger Fonds den Index. Mehra, der den Fonds seit Start verwaltet, kam 1997 zu Fidelity und war dort als Analyst in Hong Kong tätig. Bis 2004 war er in London als Chef des Analyseteams für europäische Telekom und Versorger-Werte tätig. e-fundresearch traf den gebürtiger Inder letzte Woche am Rande der Fidelity Asia Investment Conference in Frankfurt und sprach mit Ihm über die weiteren Aussichten für den Markt bzw. seinen Fonds:

Wird der Börsenboom weitergehen?

e-fundresearch: Herr Mehra, indische Aktien stiegen in den letzten vier Jahren, gemessen am MSCI India Index, im Durchschnitt um über 50 Prozent pro Jahr. Damit hängt Indien sogar Aktien aus China oder Brasilien ab. Wie lange kann das noch so weitergehen?

Arun Mehra: Das Wachstum der indischen Wirtschaft und der Unternehmen war und ist enorm stark und wir erwarten, dass das kurzfristig auch so weitergeht. So prognostizieren wir für den breiten Markt ein Gewinnwachstum der Unternehmen zwischen 16 und 17 Prozent. Die Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe, also Small- und Mid-Caps, wachsen aber noch viel schneller, etwa zwischen 30 und 40 Prozent. Zudem waren indische Aktien in den Jahren 2001 und 2002 stark unterbewertet und 2003 sehe ich deswegen nur als gesunde Gegenbewegung. Ob der Markt auch zukünftig noch Jahresrenditen zwischen um 30 Prozent abwerfen wird, weiß ich leider auch nicht. Aber die fundamentale Wachstumsstory Indiens ist intakt und sollte auch in den nächsten zehn Jahren die Aktienrenditen positiv beeinflussen. 

„Vorgezogene Wahlen 2008 wären Kaufgelegenheit“

e-fundresearch: In Indien mehren sich die Anzeichen für vorgezogene Wahlen im Frühjahr 2008. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen auf den Aktienmarkt? Bei den letzten Parlamentswahlen 2004 brach die Börse ja um knapp 30 Prozent ein…

Arun Mehra: Politische Unsicherheiten, wie etwa ein Regierungswechsel, sind für Aktien kurzfristig nicht gut, siehe April und Mai 2004 in Indien. Aber diese Kursverluste sind fast immer eine optimale Kaufgelegenheit für langfristige Investoren, welche dann günstiger in den Markt einsteigen können. Auch das hat die Kursentwicklung seit 2004 in Indien bewiesen. Denn mit großen Änderungen in der Wachstumspolitik Indiens rechne ich auch im nächsten Jahr nicht.

„Indische Aktien sind nicht teuer“

e-fundresearch: Wie teuer ist die indische Börse, etwa im Vergleich zu anderen Schwellenländer-Börsen?

Arun Mehra: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt in Indien durchschnittlich bei 18. Bei einem Gewinnwachstum von 16 bzw. 17 Prozent pro Jahr ist die Börse sicher nicht teuer. Für Investoren wie uns ist diese Aussagekraft aber beschränkt, denn Mumbai ist eine Stockpicker-Börse bei der einige Aktien sehr teuer, einige noch immer sehr billig sind. So finde ich zum Beispiel in Indien Banken von herausragender Qualität, welche mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von nur eins bewertet sind. Dagegen sind Rohstoffwerte großteils sehr teuer, auch Large Caps wie Reliance Industries.

Indien und Korrelationen

e-fundresearch: Der indische Aktienmarkt weist unter den Schwellenländer gegenüber Aktien aus entwickelten Ländern, gemessen am MSCI World Index, mit rund 0,8 eine sehr hohe Korrelation auf. Die MSCI Indizes für China, Russland oder Brasilien sind auf Sicht der letzten beiden Jahre nur in etwa halb so stark mit Weltaktien korreliert. Warum ist das eigentlich so und was bedeutet das für Anleger?

Arun Mehra: Das ist eine sehr kurzfristige Betrachtung, denn 2006 lag dieser Wert noch bei 0,3. Allein in den letzten 12 Monaten hat sich das aber dramatisch verändert und ich denke man muss sich das in 3-4 Jahren nochmals ansehen. Aber die ansteigenden Korrelationen sind sicher ein Beweis dafür, dass das globale Anlegerinteresse im letzten Jahr angestiegen ist.

„Wir sind kein aggressiver Fonds“

e-fundresearch: Wie haben Sie den Fonds aktuell aufgestellt und in wie vielen unterschiedliche Aktien sind Sie investiert?

Arun Mehra: Aktuell halten wir rund 130 Positionen, davon machen Large und Mid Caps je knapp 40 Prozent aus. Der Rest entfällt auf Small Caps.

e-fundresearch: Sind 130 Positionen nicht etwas viel? Laufen Sie da nicht Gefahr, überdiversifiziert zu sein bzw. ist es dann nicht auch schwerer den Markt zu schlagen?

Arun Mehra: Ich habe von Beginn an immer betont, dass wir kein aggressiver Fonds sind und das Risiko im Auge behalten bzw. breit gestreut anlegen werden. Der Fokus liegt auf der fundamentalen Bewertung von Aktien und nicht nur auf dem Momentum. Und genau das tue ich auch. Im indischen Aktienindex machen aber bereits die vier größten Werte rund 40 Prozent der Marktkapitalisierung aus. Das ist schon ein Problem…

Warum kein Indien-Fonds den Markt schlägt

e-fundresearch: Ist das auch der Grund, warum zum Beispiel über die letzten drei Jahre kein einziger Indien-Aktienfonds den MSCI India schlagen konnte? Auch Sie kamen mit einem Ertrag von 45 Prozent p.a. nicht an den Index mit 51 Prozent heran.

Arun Mehra: Ja, das ist genau der Punkt. Wenn Aktien wie Reliance, welche im Index 15 Prozent ausmachen, boomen, hat man es als aktiver Manager nicht leicht. Maximal dürfen die meisten Fonds, auch wir, nur zehn Prozent des Volumens in eine Aktie investieren. Und aktuell sind es bei uns mit drei Prozent sogar noch viel weniger. Aber wenn die Hausse bei Large Caps einmal endet, dreht sich das Bild sehr schnell. Dann wird es für Stockpicker wie uns auch wieder besser laufen.

„Volatilität ist die größte Herausforderung“

e-fundresearch: Was ist eigentlich der schwierigste Teil Ihres Jobs als Fondsmanager eines fast drei Milliarden großen Indien-Aktienfonds?

Arun Mehra: Ohne Zweifel das Management der Volatilität. Denn Indien ist einer der volatilsten Börsen der Welt. Hier sind wir stolz darauf, mit einer Volatilität von rund 20 Prozent seit Auflage, zu den relativ gesehen schwankungsärmsten Indien-Fonds zu zählen. Aber auch die Volatilität der Ein- und Auszahlungen von Fondsanlegerseite ist eine Herausforderung: Wenn die Märkte einbrechen finden wir verstärkt Anlagechancen. Da wir in diesen Zeiten in der Regel aber Mittelabflüsse zu verzeichnen haben, können wir teilweise nicht so viel kaufen wie wir gerne würden.   

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!

Alle Daten per 15.10.2007 in Euro
Quelle:

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