Frontier Markets Fondsmanager Bell: "Hochwertige Finanzwerte als logischer Portfolio-Bestandteil"

Worauf mit Blick auf die Frontier Markets im aktuellen Umfeld besonders genau geachtet werden sollte und in welchen Bereichen sich die derzeit attraktivsten Stock-Picks indentifizieren lassen, diskutiert e-fundresearch.com im Interview mit Oliver Bell, Frontier Markets Fondsmanager aus dem Hause T. Rowe Price. Managers | 29.03.2018 11:00 Uhr
Oliver Bell, Portfoliomanager Frontier Markets Equities Strategy und Middle East & Africa Strategy, T. Rowe Price / ©  T. Rowe Price
Oliver Bell, Portfoliomanager Frontier Markets Equities Strategy und Middle East & Africa Strategy, T. Rowe Price / © T. Rowe Price
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e-fundresearch.com: Was sind Ihre wichtigsten Erkenntnisse in der Entwicklung von MENA (Mittlere Osten und Afrika) und den Frontier Markets seit Jahresbeginn?

Oliver Bell: Die Länder der MENA- und Frontier-Universen sind in diesem Jahr gut vorangekommen. In Nordafrika beobachten wir Ägypten aufgrund seiner relativen Bedeutung für das regionale Wachstum. Nach der Abwertung des ägyptischen Pfunds im Jahr 2016 haben wir einen starken Anstieg der Inflation erlebt und erwarten eine binnenwirtschaftliche Erholung sowie die Wiederwahl des Präsidenten Abdel Fattah el-Sisi bei den bevorstehenden Wahlen. Bei den Frontier Markets sind wir im Hinblick auf die Chancen in Afrika südlich der Sahara optimistisch. Dort sehen wir eine individuelle wirtschaftliche Verbesserung in Kombination mit einem regional breiteren Wandel. Obwohl sich Südafrika nicht in unserem Frontier-Universum befindet, hat das wirtschaftliche Wohlbefinden Südafrikas Auswirkungen auf einen großen Teil des Kontinents. Wir betrachten die jüngste Wahl von Cyril Ramaphosa zum Präsidenten als einen positiven Wendepunkt sowohl für Südafrika als auch für die weitere Region.

e-fundresearch.com: Die meisten Ökonomen sprechen von einem eher synchronisierten globalen Wachstums-Comeback: Gilt das auch für die MENA-Region und die Frontier Markets?

Oliver Bell: Nach der Dürre und der wirtschaftlichen Stagnation im letzten Jahr könnte sich Afrika 2018 wieder positiv entwickeln. Für den gesamten Kontinent wird ein Wirtschaftswachstum erwartet. Kenia und Nigeria sind zwei Beispiele, bei denen sich die Wachstumsraten laut IWF im Vergleich zu den Tiefstständen aus 2016 und 2017 verbessern werden.

Insgesamt liegen die BIP-Wachstumserwartungen für viele Frontier-Länder in einer Spanne von sechs bis neun Prozent. Dies ist eine viel stärkere Wachstumsrate als in den Industrieländern und zum großen Teil als auch in den Schwellenländern. Wir gehen davon, dass sich dies fortsetzen wird, angesichts der unterstützenden makroökonomischen Fundamentaldaten der Frontier Markets. Eine friedlichere Politik führte hier zu höheren Direktinvestitionen aus dem Ausland, woraus ein nachhaltiges BIP-Wachstum entstanden ist.

e-fundresearch.com: Hat dieses positive Wachstumsumfeld auch bereits zu einem angemessenen Gewinnwachstum in Ihren Regionen geführt?

Oliver Bell: Die Aktienmärkte an den Frontier-Märkten haben sich in den letzten Jahren und seit Jahresbeginn gut entwickelt. Der Grund dafür ist ein substanzielles Gewinnwachstum, das wir länder- und sektorübergreifend beobachten. Wir glauben, dass es eine lange Startbahn für zukünftiges Gewinnwachstum gibt, da sich die Volkswirtschaften weiter verbessern, wenn Mittelschichten entstehen und sich entwickeln. Natürlich spielt auch die hohe Qualität der Geschäftsführung der Unternehmen in den Frontier Markets eine wichtige Rolle.

e-fundresearch.com: Wie steht es mit der (relativen) Gesamtbewertung Ihrer Märkte? Ist jetzt noch ein günstiger Zeitpunkt zu investieren?

Oliver Bell: Wir sind davon überzeugt, dass die Frontier Markets im globalen Portfolio eines Anlegers vertreten sein sollten. Die makroökonomischen Fundamentaldaten und die demografische Entwicklung in vielen Frontier-Märkten sind günstig und ähneln in einigen Fällen denen der Schwellenländer vor etwa 15 bis 20 Jahren. So sind fast 60 Prozent der Gesamtbevölkerung im Frontier-Markets-Universum jünger als 30 Jahre – junge Arbeitskräfte, die das Wirtschaftswachstum antreiben und sich in vielen Ländern zu einer soliden Mittelschicht von Verbrauchern entwickeln sollten.

Trotz der starken Renditen in den letzten Kalenderjahren blieb die Performance hinter der breiteren Erholung der Schwellenländer zurück. Wir sehen daher weiteres Aufholpotenzial. Die Bewertungen der Frontier-Aktien bleiben im Vergleich zu ihren globalen Pendants angemessen, wenn auch nicht billig. Die langfristigen Wachstumsaussichten für viele Unternehmen sind erheblich unterbewertet.

e-fundresearch.com: Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Sie ein Bottom-up-Stockpicker sind: Welche Branchen und Unternehmenstypen versprechen derzeit die besten relativen Anlagechancen?

Oliver Bell: Wir hatten immer eine hohe Alloktion in qualitativ hochwertigen Frontier-Finanzwerten. Die Auswahl dieser Titel ahat seit Beginn unserer Strategie am meisten zur Performance beigetragen. Wir betrachten gut geführte Banken als den ersten Sektor, der von größeren makroökonomischen Verbesserungen profitiert, da die Nachfrage nach Krediten neben der besseren Geschäftsstimmung steigt. Bei den wichtigsten Bankbeständen in Argentinien, Vietnam und Saudi-Arabien entwickelten sich die Positionen besonders gut.

e-fundresearch.com: Können Sie einige Ihrer aktuellen vielversprechenden Stock Picks nennen?

Oliver Bell: Eine unserer größten Positionen ist die argentinische Bankengruppe Grupo Financiero Galicia. Ein sich verbessernder makroökonomischer Hintergrund und unterstützende politische Maßnahmen führen zu hohen Kreditwachstumsraten von rund 40 Prozent für dieses und nächstes Jahr. Angesichts seines kompetenten Managementteams und seiner marktführenden Position sehen wir das Geldinstitut besonders gut positioniert, um davon zu profitieren.

Unsere Top-Consumer-Position ist eine Off-Benchmark-Holding der Mobile World Investment Group in Vietnam. Das Unternehmen ist ein kleiner Elektronikfachhändler, der rund 40 Prozent des inländischen Marktanteils beherrscht. Es hat eine starke Online-Präsenz in einer expandierenden Industrie. Wir gehen davon aus, dass Mobile World mit Hilfe einiger strategischer M&A-Aktivitäten und eines ehrgeizigen Plans, weitere Filialen zu eröffnen, weiterhin Marktanteile von kleineren Unternehmen übernehmen wird.

e-fundresearch.com: Welche Bereiche würden Sie hingegen strukturell im aktuellen Umfeld eher vermeiden?

Oliver Bell: Wir neigen dazu, Länder zu untergewichten, die uns relativ hoch bewertet erscheinen. Wir meiden zudem Unternehmen, deren Geschäftsführung nicht transparent genug agiert. Letzteres erschwert es, sich ein detailliertes Bild im Hinblick auf die Investmentchancen zu machen. Momentan sind wir bei marokkanischen Aktien stark untergewichtet. Dort konnten wir – selbst nach unseren Investitionsreisen in das Land – nicht viele überzeugende Bottom-up-Geschichten finden.

Auch in Kuwait sind wir derzeit untergewichtet. Hier suchen wir noch nach weiteren Hinweisen dafür, dass die Nachwehen im inländischen Bankensystem nach der Finanzkrise von 2008 ein Ende finden.

e-fundresearch.com: Auf welche Schlüsselereignisse und Entwicklungen sollten sich die MENA- und Frontier-Markt-Investoren künftig konzentrieren?

Oliver Bell: In Afrika sollten wir die Entwicklung von Kenia im Blick haben. Dort würden wir gerne eine Anhebung der Obergrenzen für die Zinssätze der Banken sehen. Die Begrenzung hat dazu geführt, dass die Banken das Risiko nicht ausreichend bewerten konnten und die Kreditexpansion aus der Wirtschaft zurückgezogen haben – insbesondere aus dem KMU-Bereich, der die Lebensader einer florierenden Wirtschaft darstellt.

Im Nahen Osten beendete Saudi-Arabien das Jahr 2017 in ereignisreicher Weise. Wir hoffen auf eine ruhigere Phase und eine solide Umsetzung der Reformagenda von Kronprinz Mohammed bin Salman.

In Asien stehen in Sri Lanka viele Investitionsprojekte an, die möglichst bald umgesetzt werden sollten. Wir hoffen zudem, dass das Land eine Wiederholung der Überflutungen vermeiden kann, die den Verbraucherunternehmen im Jahr 2017 erhebliche Beschwerden bereiteten.

In Argentinien behalten wir vor allem die Inflation im Auge, die weiter unter die 20 Prozent Marke sinken muss – im Einklang mit den ausgegebenen Inflationszielen von Präsident Mauricio Macri im vergangenen Dezember. Weiterhin würden wir weitere Reformfortschritte und eine Beschleunigung der Erholung im Inland begrüßen.

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Interview, Herr Bell!

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