Rohstoff-Experte Marti: Kollabierte Anlageinvestitionen werden zunehmend zu Engpässen mit entsprechend höheren Preisen führen

Welchen Chancen und Herausforderungen ergeben sich bei Rohstoff-Investments im aktuellen Umfeld? Urs Marti, Fondsmanager des Long Term Investment Fund (SIA) - Natural Resources (SIA AG), im Update-Interview mit e-fundresearch.com. Managers | 19.04.2018 13:00 Uhr
Urs Marti, Fondsmanager, Long Term Investment Fund (SIA) - Natural Resources / ©  Strategic Investment Advisors Group
Urs Marti, Fondsmanager, Long Term Investment Fund (SIA) - Natural Resources / © Strategic Investment Advisors Group
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e-fundresearch.com: Mit Blick auf Ihr Anlageuniversum: Welches Resümee ziehen Sie aus den bisherigen Marktentwicklungen 2018?

Urs Marti: Das Universum besteht im Wesentlichen aus 3 Teilen: Mining, Energy und Agriculture. Der Minensektor verzeichnete einen starken Anstieg 2016 und konsolidiert seit anfangs 2017.

Die Aktienbewertungen diskontieren deutlich tiefere Preise als die effektiven Spotpreise. Analog 2002 bis 2007 glaubt man nicht, dass die Preise stabil bleiben (geschweige denn, dass sie ansteigen).

Dies dürfte sich bald ändern, da die weltweite Produktion vieler Metalle zu sinken beginnt. Dies aufgrund der kollabierten Investitionen, welche nötig wären um die Produktion stabil zu halten.

Im Ölsektor ist es ähnlich. Die kleineren E&P companies handeln praktisch noch auf dem Tiefpunkt, obwohl der Ölpreis 50% darüber handelt.

In beiden Sektoren gibt es sehr gute Cashflows, tiefe Bewertungen, steigende Dividenden/Aktienrückkäufe, sinkende Verschuldungsgrade etc.

Der Agrarteil besteht zu einem wesentlichen Teil aus norwegischen Lachsproduzenten. Diese korrigierten stark im zweiten Halbjahr 2017, markieren nun jedoch teilweise neue Höchststände. Auch hier ist ein Angebotswachstum nicht abzusehen und es ist einer der seltenen Rohstoffe, den die Chinesen noch nicht konsumieren.

e-fundresearch.com: Ist es im Zuge der „Rückkehr der Volatilität“ Anfang Februar zu nennenswerten Portfolioumschichtungen gekommen?

Urs Marti: Nein. Evtl. ist es ähnlich wie zu Zeiten des Internetbubble. Das Anziehen der Rohstoffpreise markierte ein Wendepunkt des Zyklus. Dies ist zwar gut für dessen Produzenten, aber sonst für niemanden. Kosten beginnen zu steigen, Kapitalkosten drücken nach oben, Zentralbanken versuchen zu normalisieren (zumindest reden sie davon...) etc.

e-fundresearch.com: Wie beurteilen Sie das aktuelle Bewertungsniveau Ihrer Assetklasse und als wie fortgeschritten würden Sie den aktuellen Zyklus beurteilen?

Urs Marti: Das Niveau ist sehr tief. Kleinere Firmen handeln bis auf 2-3 mal EBITDA, größere 4-5 mal EBITDA. Natürlich ist dies abhängig von den Rohstoffpreisen, da Preisveränderungen eins zu eins auf die bottom-line durchschlagen (auf beide Seiten...).

Die Tiefststände waren Ende 2015. Die Zyklen sind wohl so 10 Jahre (man braucht einige Jahre gute Preise, bis das Vertrauen zurückkommt. Dies benötigt man für Investitionen, welche sich dann nach einigen Jahren auf die Produktion auswirken). Somit haben wir wohl etwa 20% des Zyklus hinter uns.

e-fundresearch.com: Wie trägt Ihre aktuelle Portfoliozusammenstellung diesem Umfeld Rechnung?

Urs Marti: Sowohl im Minen- als auch im Energiesektor sind die Investitionen in einem noch nie dagewesenen Ausmaß kollabiert. Dies wird zu sinkender Produktion führen.

Unser Fokus liegt auf meist mittleren/kleineren Firmen, welche ihre Investitionsphase abschließen und nun die Früchte durch Produktionswachstum ernten werden.

Dies sind auch die Firmen, die im Bärenmarkt 2011 - 2015 am stärksten unter Druck kamen. Die Projekte, welche nun in Produktion gehen, erforderten Milliardeninvestitionen, steigende Verschuldung, Abschreibungen aufgrund sinkender Preise/Rentabilität etc.

Im Minensektor liegt der Fokus auf Kupfer, Zink, Nickel (Metalle wie Kobalt, Moly, Mangan, Vanadium, PGMs und viele mehr sind meistens deren Nebenprodukte).

Im Energiesektor auf Rohöl und nicht die Gasproduktion. Möglichst Firmen, die ihre Investitionsphase abschließen, Produktionswachstum erzielen, sinkende Investitionen aufweisen und deshalb ein Exposure zu steigenden Ölpreisen haben (vor allem die Supermajors werden sinkende Produktionen haben, zudem wirken deren „Production Sharing Agreements“ wie „Caps“ und „Floors“ auf den Ölpreis).

e-fundresearch.com: Mit Blick auf Mitbewerber: Welche Positionierungen beziehungsweise Consensus-Trades können Sie im derzeitigen Markumfeld am wenigsten nachvollziehen?

Urs Marti: Gemäß unserer Erfahrung sind Rohstoffzyklen reine Angebotszyklen. Die Nachfrage/der Verbrauch von Rohstoffen entwickelt sich analog zum GDP. Trotzdem gibt es immer wieder Prognosen zu explodierender Nachfrage von bestimmten Rohstoffen aufgrund neuer Technologien etc., seien dies Brennstoffzellen, Solarpanels, Smartphones etc. Vielleicht mag man sich noch an den Hype in den seltenen Erden aufgrund der steigenden „Smartphone Penetration“ erinnern. Obwohl sich das sogar so bewahrheitet hat, ist der ganze Hype kollabiert.

Solche Erwartungen lösen immer einen Investitionsboom aus, welcher dann höhere Produktion und ein Überangebot nach sich zieht. Zudem werden in dieser Phase spekulative Lager aufgebaut.

Diese Entwicklung sehen wir derzeit in Lithium. Die Situation ist vergleichbar mit vielen Rohstoffen anno 2011. Die Investitionen sind explodiert und die Produktion wird markant ansteigen. Mal schauen, ob die EV Penetration wirklich in dem Ausmaß ansteigt wie prognostiziert. Jedenfalls braucht es dazu nicht nur Lithium, sondern auch Kupfer, Nickel, Kobalt, Alu, Strom etc.

e-fundresearch.com: Welche Entwicklungen und Events sollten Investoren mit Blick auf Ihre Assetklasse im weiteren Jahresverlauf besonders genau im Fokus halten?

Urs Marti: Die kommenden Produktionsrückgänge in Rohöl, Kupfer, Zink, Nickel, Uran etc.

Viele Rohstoffe sind in jährlichen Angebotsdefiziten, somit sinken die bestehenden Lager.

Je nach Rohstoff ist dieser Zyklus etwas weiter oder weniger weit fortgeschritten. Sobald diese Lager ein gewisses Niveau erreichen, bewirken Produktionsausfälle deutliche Preisbewegungen. Solche Produktionsausfälle sind jedoch die Norm, im Durchschnitt etwa 5% der potenziell möglichen Jahresproduktion. Dies nicht infolge politischer Ereignisse, sondern aufgrund der üblichen Schwierigkeiten, welche Mutter Erde täglich so bereithält.

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Marti!

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