"Drei Voraussetzungen gilt es zu erfüllen, um im herrschenden Niedrigzinsumfeld mit Anleihen auch heute noch nach Anzug der Inflation nennenswerte Renditen zu erzielen. Erstens ist ein globaler Ansatz notwendig. Nur weil es in Deutschland oder Österreich kaum noch höher verzinsliche Anleihen gibt, gilt das nicht weltweit. Anleger sollten sich durchaus auch in exotische Regionen vorwagen.
Außerdem müssen sich Investoren derzeit auch mit geringeren Bonitäten begnügen. Das ist nicht per se mit einem hohen Ausfallrisiko verbunden. Nach einer Untersuchung der renommierten Ratingagentur Moody`s beläuft sich die Ausfallquote von Anleihen mit einem BBB-Rating auf Sicht von zehn Jahren gerade einmal auf 1,2 Prozent – vorausgesetzt, die Emittenten stammen aus dem Infrastrukturbereich. Die Erklärung ist offensichtlich. Das Geschäft dieser Unternehmen ist sehr kapitalintensiv, weshalb sie hoch verschuldet sind und ihre Bonität niedrig eingestuft wird. Gleichzeitig verfügen aber die Betreiber von Mautstraßen, Bahntrassen oder Flughäfen über sehr gut planbare und stabile Cashflows. Somit kann auch im High Yield-Bereich das Risiko von Zahlungsausfällen sehr niedrig gehalten werden.
Schließlich sollten Anleger – drittens – einen langfristigen Ansatz verfolgen, um in einen höheren Renditebereich vorzudringen.
Ein gutes Beispiel für die Kombination dieser drei Renditetreiber ist die Emission von Jain Irrigation (ISIN: XS1555346995). Der Hersteller von Bewässerungssystemen stammt aus Indien, ist weltweit tätig, jedoch im deutschsprachigen Raum weitgehend unbekannt. Langfristig profitiert Jain Irrigation davon, dass landwirtschaftliche Flächen immer intensiver genutzt werden müssen, denn sie werden durch die Ausbreitung der Städte und durch Versteppung immer weiter zurückgedrängt. Gleichzeitig gilt es, immer mehr Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen. Eine intensive Nutzung von Anbauflächen ist in den meisten Regionen der Welt ohne künstliche Bewässerung nicht möglich. Jain Irrigation bewegt sich somit in einem wachsenden Absatzmarkt. Standard and Poor`s stuft die Anleihe nur mit B+ ein, was den hohen Kupon von 7,12 Prozent erklärt. Der Bonds wird am 1. Januar 2022 fällig. Investoren mit einem etwas längeren Anlagehorizont können also darauf setzen, den Nominalbetrag in knapp fünf Jahren wieder zurückgezahlt zu bekommen.
Ebenfalls im deutschsprachigen Raum eher unbekannt ist der italienische Baukonzern Astaldi (ISIN: XS1000393899). Aber auch dieses Unternehmen macht rund um den Globus Geschäfte. Der Schwerpunkt der Italiener liegt klar auf Infrastruktur, also dem Bau von Krankenhäusern, Flug- und Seehäfen, Staudämmen, Straßen, Brücken U-Bahnen und Industrieanlagen. Zuletzt hat Astaldi unter anderem die Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Rom und Neapel sowie die Yavuz-Selim-Brücke bei Istanbul fertiggestellt. Die Anleihe von Astaldi ist ebenfalls mit einem Kupon von 7,12 Prozent ausgestattet und läuft noch bis zum 1. Dezember 2022.
Die beiden Bonds zeigen deutlich, dass sich auch im Niedrigzins-Umfeld noch immer ansehnliche Renditen erzielen lassen, wenn die Anleger Bond-Picking betreiben und auch auf etwas weniger beachtete Märkte ausweichen. Da Anleihen zunehmend in großen Stückelungen emittiert werden, um die Prospektpflicht zu umgehen, bieten sich auch Fondslösungen an. Der OVID Infrastructure HY Income (ISIN: DE000A112T83) umfasst aktuell 67 Anleihen, die alle gleichzeitig aus dem High Yield- und Infrastrukturbereich stammen."
Rainer Fritzsche, Mitgründer und Inhaber der OVIDpartner GmbH
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