Ein neues Paradigma für die Notenbanken?

Nachdem die Notenbanken jahrelang auf die Erreichung des Inflationsziels hingearbeitet haben, stehen sie nun mit ihrer Geldpolitik vor einem neuen Paradigma. Dieses neue Paradigma wird einige Zentralbanken dazu zwingen, sich zu entscheiden, ob sie streng ihr Inflationsziel verfolgen oder die Finanzstabilität sicherstellen. In Ländern wie Kanada zeigt sich das bereits. Dort erwärmt sich die Zentralbank allmählich für den Gedanken, dass höhere Zinsen notwendig sind, um zu verhindern, dass die Risiken für die Finanzstabilität weiter zunehmen. Und das obwohl die Inflation, und zwar sowohl die Gesamt- wie auch die Kernrate, in der unteren Hälfte ihres Zielkorridors verharrt. Lombard Odier Investment Managers | 13.07.2017 14:44 Uhr
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Ein Beitrag der verantwortlichen Chefstrategen von Lombard Odier (Didier Rabattu - Head of Equities, Salman Ahmed - Chief Investment Strategist und Charles St-Arnau - Senior Investment Strategist)

Vor Kurzem hat die Fed betont, dass sie vor einer ähnlichen Herausforderung stehen könnte, wenn auch in einem weniger schwerwiegenden Ausmaß. Kommentare hochrangiger FedBeamter in dieser Woche deuten darauf hin, dass die Federal Reserve allmählich damit beginnt, sich wegen der Bewertungen an den Finanzmärkten, vor allem bei Aktien, Sorgen zu machen. So hat Fed-Chefin Yellen verkündet, dass die Bewertungen von Vermögenswerten auf ein Niveau gestiegen sind, die gemessen an Standardkennzahlen “somewhat rich,” also etwas überdurchschnittlich, sind. Darüber hinaus erwähnte der stellvertretende Fed-Vorsitzende Fischer in einer Rede am selben Tag, dass “an den Aktienmärkten die Kurs-Gewinn-Verhältnisse nun im höchsten Quintil ihrer Verteilung stehen.”
Salman Ahmed - Chief Investment Strategist
Salman Ahmed - Chief Investment Strategist
Die hohe Bewertung von Vermögenswerten führt bei der Fed zu einigen Bedenken bezüglich der Finanzstabilität, weil Überbewertung oft mit erhöhtem Risikoappetit verbunden ist und in der Regel zu einer höheren Risikobereitschaft und höherer Kreditaufnahme führt; was wiederum die Verwundbarkeit des Finanzmarktes erhöht. Würden die Bewertungen zurückgehen, könnte dies bei verschuldeten Investoren erhebliche Verluste auslösen, was wiederum andere Märkte anstecken und zu Instabilitäten am Finanzmarkt führen könnte.
Didier Rabattu - Head of Equities
Didier Rabattu - Head of Equities

Diese Bedenken bezüglich der Finanzstabilität erklären, warum die Federal Reserve trotz niedriger Inflation in den USA weiter signalisiert, dass in naher Zukunft weitere Leitzinserhöhungen erforderlich sein werden. Höhere Kosten für die Kreditaufnahme würden helfen, das Ausmaß an neuen Schulden und das resultierende Risiko im System zu reduzieren. In der Eurozone haben Aussagen von EZB-Präsident Draghi in dieser Woche an den Märkten einige Turbulenzen verursacht. Der Markt zeigte auf Draghis Kommentar, dass “deflationäre Kräfte durch reflationäre” ersetzt wurden, eine Überreaktion. Am Markt wurde diese Aussage als Hinweis darauf interpretiert, dass die EZB in Erwägung gezogen hat, ihr Anleihekaufprogramm in naher Zukunft zu reduzieren. Dies stärkte den Euro und schob die Anleiherenditen in einer Art und Weise nach oben, die viele an das “Taper Tantrum” erinnerte. Diese Bewegung am Anleihemarkt rief aber auch den starken Anstieg der Renditen von Bundesanleihen auf über ein Prozent im Juni 2015 ins Gedächtnis. Er wurde durch die Annahme der Anleger ausgelöst, dass die Inflation kurz davor steht anzuspringen, nur um in der folgenden Woche vor dem Hintergrund des Anleihekaufprogramms der EZB und der fortgesetzten Inflationsschwäche wieder in den negativen Bereich abzutauchen.

Charles St-Arnau - Senior Investment Strategist
Charles St-Arnau - Senior Investment Strategist

EZB-Vizepräsident Constancio korrigierte Draghis Aussage etwas, indem er erklärte, dass “die Flaute [in der Wirtschaft] dann größer ist, als wir das vor einiger Zeit beurteilen konnten.” Er fügte hinzu, dass dies, “wenn das der Fall ist, es vollkommen rechtfertigt, was der Präsident (Mario Draghi) am Ende seiner Rede (am Dienstag) sagte, dass wir Ausdauer brauchen.” Was bedeutet, dass jede Verringerung des geldpolitischen Stimulus sehr graduell wäre.

Wir stimmen zwar zu, dass angesichts der breit angelegten zyklischen Erholung in der Region und dem Rückgang der deflationären Risiken letztlich eine Verringerung der Höhe des monetären Stimulus auf dem derzeit außerordentlichen Niveau gerechtfertigt wäre. Doch weist die fortgesetzte Schwäche der Inflation weiter auf die Notwendigkeit eines monetären Impulses in der Eurozone hin. Und es besteht noch nicht einmal Eile, die Höhe des Stimulus auch nur sehr marginal und allmählich zu verringern. Darüber hinaus bedeutet die anhaltende Besorgnis bezüglich des Bankensektors und die Auswirkung negativer Zinsen auf die Profitabilität der Banken, dass die Überlegungen zur Finanzstabilität auf die Notwendigkeit eines anhaltenden geldpolitischen Stimulus hindeuten. Daher haben wir vorgeschlagen, dass die EZB eine Kontrolle der Renditekurve nach japanischem Vorbild in Erwägung ziehen sollte (siehe „Europe enters a sweet spot (for a change!),“ deutsch: “Europa wird zum Sweetspot für Investoren!),” Global Perspectives, Mai 2017).

Aktienmärkte: Was würde Yellen vorschlagen?

Für Zentralbanker ist es recht ungewöhnlich, sich zu den Bewertungen am Kapitalmarkt zu äußern. Yellen ist nicht anders in dieser Hinsicht und sie hat in der Vergangenheit kaum die Bewertung am Aktienmarkt kommentiert, was darauf hindeutet, dass der Notenbank derzeit etwas Sorgen bereitet.

Die Divergenz im geldpolitischen Pfad der USA und Europas wird einige Auswirkungen auf den Aktienmarkt haben. Die Bewertung am US-Markt ist bereits hoch, angeschoben von der Erwartung, dass Deregulierung, Steuerreformen und Investitionen in Infrastruktur das Wachstum ankurbeln und die Profitabilität verbessern werden. Allerdings bedeuten die zunehmenden Zweifel an der Fähigkeit der Trump-Regierung, ihre Stimulus- und Deregulierungsagenda durchzubringen, dass das Wachstum und das Gewinnwachstum für einige Zeit nicht in Gang kommen. Damit würde die Profitabilität in einem Augenblick schwach bleiben, in dem sich der Return-on- Equity der US-Unternehmen außerhalb des Finanzsektors auf einem Allzeittief befindet.

Darüber hinaus wird das erwartete allmähliche Zurückfahren des monetären Stimulus durch die Fed die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Bewertungsanstieg verringern. Die Erhöhung der Kreditkosten wird die Fähigkeit der Unternehmen reduzieren, um mit einem höheren Leverage die Gewinne zu steigern, was die Attraktivität des US-Aktienmarktes weiter reduziert.

 

Im Gegensatz dazu bleibt der europäische Aktienmarkt, wie wir in „Europe enters a sweet spot (for a change!) erläutert haben, günstig. Die Aktienrisikoprämie – die jährliche Überschussrendite, die man von einem Investment in Aktien anstelle von Staatsanleihen angesichts der aktuellen Bewertungen erwarten kann – ist in Europa gegenüber den USA auf dem höchsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt. Trotz den zugrundeliegenden ökonomischen Fundamentaldaten und der Tatsache, dass europäische Unternehmen viel mehr von der stärker werdenden Erholung in den Emerging Markets profitieren, sowie dem anhaltenden monetären Stimulus, sind europäische Aktien verglichen mit ihren US-Pendants bemerkenswert günstig. Darüber hinaus dürften die anhaltenden monetären Impulse und die andauernde, auf breiter Basis stattfindende zyklische Erholung in der Region für das Gewinnwachstum in Europa wohl positiv sein. Dies deutet darauf hin, dass ein weiterer Aufwärtstrend bei europäischen Aktien wahrscheinlich ist.

Wir glauben, dass die Bewertungslücke weitgehend auf die hohen Erwartungen an die US-Konzerne nach der Wahl von Donald Trump und auf die politische Unsicherheit in Europa zurückzuführen ist. Letztere aber hat sich mit dem jüngsten Schlag gegen die Ambitionen von Marine Le Pen in Frankreich und dem Wiedererstarken von Angela Merkels CDU bei den Kommunalwahlen in Deutschland stark zerstreut.

 

Die Tatsache, dass die Reduzierung des monetären Impulses auf der ganzen Welt zusätzlich zur anhaltenden Verbesserung der Fundamentaldaten bescheiden ausfallen sollte, bedeutet für Aktien aus den Emerging Market (EM), dass diese weiterhin gut unterstützt bleiben dürften. Darüber hinaus haben sich die EM-Aktienmärkte in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Während diese Märkte vor einigen Jahren stark am Rohstoffzyklus hingen, ist der Anteil an Aktien, die mit dem Rohstoffsektor zu tun haben, im EM-Aktienindex in den vergangenen Jahren zugunsten anderer Sektoren zurückgegangen. Dies bedeutet, dass EM-Aktien nicht mehr eine Erhöhung der Rohstoffpreise brauchen, um besser zu laufen, als andere Märkte. Deshalb bleiben wir für Schwellenländeraktien positiv eingestellt.

Aber auch EM-Anleihen in lokaler Währung erachten wir als aussichtsreich. Die guten Fundamentaldaten, die die Aktien beeinflussen, sind auch für Lokalwährungsanleihen positiv. Darüber hinaus glauben wir, dass Schwellenländerwährungen derzeit unterbewertet sind und dass ein Teil dieser Unterbewertung in naher Zukunft korrigiert werden könnte, da die Marktteilnehmer die verbesserten Fundamentaldaten in der Region allmählich berücksichtigen.

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