Kommentar: Wie geht es mit der Regierungsbildung in Deutschland weiter?

Im Nachfolgenden kommentieren zwei Experten von Natixis Investment Managers die zähen Verhandlungen der Parteien im Deutschen Bundestag mit dem Ziel, eine mehrheitsfähige und stabile Regierung zu bilden. Natixis Investment Managers | 29.11.2017 10:30 Uhr
Dave Lafferty und Philipp Waechter, Natixis Asset Management / ©  Natixis Global Asset Management
Dave Lafferty und Philipp Waechter, Natixis Asset Management / © Natixis Global Asset Management
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David Lafferty, Chief Market Strategist bei Natixis Investment Managers:

Der bislang gescheiterte Versuch der CDU eine Regierung zu bilden, stellt keine europäische Krise dar: Es handelt sich hierbei vielmehr um ein weiteres Beispiel für die grundlegenden politischen Verschiebungen weg von den etablierten Parteien und hin zum Populismus. Jetzt zeigt sich auch für Merkel, dass die Verhältnisse keineswegs mehr so stabil sind.  Diese Entwicklung ist kein kurzfristiges Marktereignis. Der Euro hat sich bereits stabilisiert, und der DAX konnte sogar zulegen. Die langfristige Frage lautet vielmehr: Kann die EU den weiteren Integrationsprozess fortführen und ihre Institutionen weiterentwickeln, wenn Deutschland seine Führungsrolle vorläufig nicht mehr ausfüllt? Nichts deutet darauf hin, dass Merkel ihren Führungsanspruch aufgibt. Deshalb werden die Parteien gezwungen sein, an den Verhandlungstisch zurückzukehren – oder es kommt zu Neuwahlen. Die europäische Wirtschaft gewinnt zwar gerade an Stärke, doch in Deutschland und in der gesamten EU gibt es noch viel zu tun. Merkel weiß, dass sie diesen Prozess mit einer Minderheitsregierung nicht voranbringen könnte. Mit Neuwahlen hat gewiss kaum einer gerechnet, doch möglicherweise steht sie bereits mit dem Rücken zur Wand.  

Wahrscheinlich würde sich eine gescheiterte Regierungsbildung in erster Linie über die Wechselkurse auf die längerfristige Entwicklung in Europa auswirken. Ein höheres Wirtschaftswachstum und höhere Unternehmensgewinne werden den Aktienkursen Auftrieb geben. Durch das Festhalten der EZB an ihrem expansiven Kurs werden Zinsen und Anleiherenditen niedrig bleiben. Doch der Anstieg des Euro um 15 % zwischen Januar und Anfang September hatte nichts mit Zinsdifferenzen oder der Zentralbankpolitik zu tun, sondern resultierte vor allem aus politischen Erfolgen der „etablierten“ Kräfte wie Macron und Merkel. Diese jüngsten Gewinne könnten gefährdet sein, wenn Merkel, das Zentrum der Euro-Stabilität, geschwächt wird.

Philippe Waechter, Chief Economist bei Natixis Asset Management:

Nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche steht Merkel nicht mehr im Mittelpunkt des Geschehens. Jetzt ist es an Frank-Walter Steinmeier, dem Bundespräsidenten, über die nächsten Schritte zu entscheiden. Dabei gibt es drei Optionen: 

  1. Eine Koalition zwischen CDU/CSU und den Sozialdemokraten. Allerdings zögert die SPD, sich an einer solchen Koalition zu beteiligen. 
  2. Eine Minderheitsregierung. Allerdings könnte dies zu einem Stillstand bei einigen sehr wichtigen Fragen führen, die eigentlich nicht aufschiebbar sind, und an denen auch die Sondierungen gescheitert sind, etwa die Themen Flüchtlinge, CO2-Emissionen, Steuern und Bildung.
  3. Neuwahlen 

Ich favorisiere die dritte Option, vermute jedoch, dass in einer solchen Situation innenpolitische Fragen im Zentrum der Diskussion bzw. des Wahlkampfes stehen werden. Europäische Fragen waren nicht im Zentrum. Doch zuletzt war Merkels Standpunkt eine Art Garantie, dass Europa nicht vergessen wird. Doch genau das droht in absehbarer Zeit: Europa könnte aus den Diskussionen verschwinden.

Zuletzt hat sich der Ausblick für Europa verbessert, vor allem aus zwei Gründen: 

  1. Das BIP-Wachstum ist gestiegen, und die Beschäftigung nimmt rapide zu. 
  2. Merkel und Macron haben sich verpflichtet, die Arbeitsweise der Institutionen auf europäischer Ebene zu verbessern. 

Wenn Merkel geschwächt ist und sich verstärkt auf innenpolitische Themen konzentriert, verschwinden EU-Reformen von der Tagesordnung. Dies führt zu einer Unsicherheit, die wiederum den wirtschaftlichen Horizont verkürzen und zu einem Rückgang der Investitionen führen könnte. Die Chancen, das potenzielle Wachstum zu verbessern, wären dadurch sehr eingeschränkt. Und dadurch wäre auch das Wachstum beeinträchtigt, was schädlich sein kann. Ein weiterer Aspekt von Reformen ist, dass sie das Wachstum fördern und damit das Risiko von Populismus begrenzen. Wenn Merkel aus dem Zentrum rückt und Reformen deshalb liegen bleiben, werden wir wahrscheinlich einen Rückgang des Trendwachstums und damit ein Comeback des Populismus erleben – mit der Gefahr, dass die Institutionen weiter geschwächt werden. Einige Nationalisten möchten aus der EU austreten. 

Wie es in Deutschland politisch weitergeht, ist nicht nur für die Deutschen, sondern auch für die Europäer entscheidend. Denn sollte die gegenwärtige wirtschaftliche Dynamik leiden, wäre dies Wasser auf die Mühlen der Populisten.

Auch die Brexit-Verhandlungsführer werden sehr genau beobachten, was passiert. Eine Stärkung der Populisten würde der britischen Regierung in die Hände spielen, da Populisten Europa nicht mögen. Das wäre die schlimmste Situation für einen Europäer. 

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