Das Jahr 2013 ist in Hinblick auf die erneuerbaren Energien und die Atomenergie äusserst bemerkenswert.
Zum einen plant England in Hinkley Point den Bau eines neuen Atomkraftwerks. Mit dem französischen Energiekonzern EDF einigte sich die britische Regierung auf die finanziellen Rahmenbedingungen: Demnach bekommt der Anlagenbetreiber für jede produzierte Kilowattstunde Strom einen garantierten Betrag von 11 Eurocents (92,50 Pfund pro Megawattstunde) einschliesslich Inflationsausgleich über einen Zeitraum von 32 Jahren. Die Anlage in Hinkley Point soll in rund zehn Jahren in Betrieb gehen.
Zum anderen ist die Vergütung für Solarkraftwerke (Freilandanlagen) in Deutschland im Oktober diesen Jahres unter 10 Eurocents pro Kilowattstunde gefallen ohne Inflationsausgleich und begrenzt auf 20 Jahre:
Die Grafik zeigt die Vergütung für Strom aus Solarkraftwerken in Deutschland als Funktion der Zeit und des jährlichen Zubaus. Wenn ein Solarkraftwerk zum Beispiel am 1. April 2013 ans Netz kam, bekommt der Kraftwerksbetreiber über 20 Jahre für jede produzierte Kilowattstunde 11 Eurocents.
Gemessen an den gegenwärtigen Vergütungssätzen ist Strom aus deutschen Solarkraftwerken, die ab jetzt ans Netz gehen, somit günstiger als Strom aus dem geplanten englischen Atomkraftwerk in Hinkley Point. Insbesondere ist zu betonen, dass die Herstellungskosten von Solarkraftwerken weiter fallen und in 10 Jahren – nämlich dann wenn die geplanten Atomreaktoren in England ans Netz kommen sollen – sicherlich signifikant unter dem heutigen Preisniveau liegen werden.
Natürlich ist der Vergleich zwischen Grundlaststrom aus Kernkraftwerken und wetterabhängigem Strom aus Solarkraftwerken nur begrenzt sinnvoll. Kernkraftwerke produzieren im Normalbetrieb 24 Stunden pro Tag zuverlässig Strom. Abgeshen vom ungelösten Abfallproblem hat die nahezu CO2-freie Kernenergie sicherlich ihre Vorteile solange keine Unfälle wie in Fukushima oder Tschernobyl eintreten. Alleine mit erneuerbaren Energien lässt sich heute noch keine zuverlässige Energieversorgung zu heutigen Konsumentenpreisen gewährleisten. Dies liegt insbesondere daran, dass günstige Stromspeichertechnologien noch nicht zur Verfügung stehen.
Aber das Argument, dass die erneuerbaren Energien im Verhältnis zur Atomenergie zu teuer sind, dürfte mit dem geplanten Bau des englischen Kernkraftwerks wiederlegt sein.
Gerhard Wagner, Leiter Sustainability, Swisscanto