Aberdeen AM: USA können sich als Überraschungskandidat für wirtschaftliche Erholung in 2011 erweisen
Kommentar des US-Aktienteams von Aberdeen
Nach wie vor geht Aberdeen Asset Management davon aus, dass das globale Wachstum 2011 von den Schwellenländern getrieben wird. Für positive Überraschungen könnten aber die USA sorgen. Deren Kritiker fokussieren sich momentan zu stark auf die regelmäßig veröffentlichten Arbeitslosenraten und ignorieren die ersten positiven Anzeichen des Stellenmarktes und die zunehmende wirtschaftliche Stabilität. Gerade Arbeitsmarktdaten hinken zeitlich aktuellen Wirtschaftsaktivitäten immer etwas hinterher. Der Konsumer-Index, die Nettoexportraten und Unternehmensprofitabilität sind Kennzahlen, die sich von daher besser als mögliche Wirtschaftsindikatoren eignen. Seit dem zweiten Weltkrieg gab es keinen Zeitraum, in dem sich die Arbeitslosenquote so hartnäckig bei über neun Prozent hielt. Seit über 19 Monaten gibt es kaum Anzeichen einer Erholung; auch die Anzahl der Langzeitarbeitslosen beläuft sich auf rund fünf Millionen Amerikaner. Da kann es nicht überraschen, dass Präsident Obama die finanzielle Unterstützung verlängert hat. Im privaten Sektor hat sich die Erholung bis jetzt allerdings nicht bewahrheitet – Unternehmen haben dem Aufwärtstrend von Ende 2008 und Anfang 2009 nicht getraut; die weiterhin sinkenden Preise am Immobilienmarkt drücken auf das Konsumentenvertrauen und bestätigen noch die vorherrschende unternehmerische Unsicherheit.Positive Signale – steigende Steuereinnahmen
Es gibt jedoch positive Signale, die nicht ignoriert werden sollten: das Vermögen pro Haushalt wuchs im dritten Quartal 2009 auf 1,2 Billionen US-Dollar an, angespornt durch die Aktienmarktrallye und sinkende Schulden, was sich wiederum positiv auf das persönliche Einkommen und das Einkaufsverhalten der Amerikaner auswirkt. Das sind zwei wichtige Schritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Erholung.
Arbeitszeiten pro Woche verlängern sich
Skeptiker sollten auch nicht die Anzeichen der Erholung am Arbeitsmarkt übersehen. Viele der amerikanischen Finanzvorstände sehen der Zukunft positiver entgegen – in 2011 wird wieder eingestellt, wie ein Report von Bank of America Merrill Lynch feststellt. Rund 47 Prozent der Befragten gehen davon aus, 2011 zusätzliches Personal einzustellen, das sind 19 Prozent mehr als noch im vergangenen Jahr. Die Anzahl der Antworten zur Erwartung von Entlassungen fiel von neun auf sechs Prozent. Manpower Inc, ein führender Personaldienstleister, geht in einer aktuellen Analyse ebenfalls von offenen Stellen in unterschiedlichen Branchen aus, die bis jetzt noch nicht besetzt wurden. Ebenso die monatliche Veröffentlichung des amerikanischen Statistikbüros (US Bureau of Labour Statistics) – es wird etwas einfacher, eine Stelle in den USA zu finden.
Die Arbeitslosenzahlen greifen zum Beispiel nicht die Tendenzen auf, dass viele Teilzeitstellen bereits in Vollzeitarbeitsplätze umgewandelt wurden; dass Zeitarbeitsverträge verlängert werden und dass die durchschnittliche Arbeitszeit pro Woche zunimmt. In anderen wirtschaftlichen Veröffentlichungen sind bereits Gehaltszuwächse messbar; ein weiteres Zeichen für eine Verbesserung der Lage. Steuerbescheide für November 2010 sind um sieben Prozent gestiegen. Das ist der schnellste Anstieg seit Jahren – schneller auch als in den Jahren 2001 bis 2007 – und ein weiteres Signal dafür, dass die Realeinkommen steigen. Die Tatsache, dass die von Bush verabschiedeten Steuersenkungen für weitere zwei Jahre verlängert werden, unterstützt die wirtschaftliche Stabilität weiter.
US Aktien – unter den günstigsten Assetklassen weltweit
Interessanterweise ist es vielleicht diese Neueinschätzung für das amerikanische Wachstum, die Investoren im Moment motiviert, US-Staatsanleihen zu verkaufen, ebenso wie der zeitgleich sinkende Goldpreis – und nicht die Ängste, dass das US-Budget komplett aus dem Ruder läuft. Optimisten sollten sich vor diesem Hintergrund die Frage stellen, ob US-Aktien, die derzeit zu den günstigsten Assetklassen weltweit gehören, nicht doch ein Comeback erleben, wenn auch ein spätes.