Asiatische Aktienanlagen als neuer „sicherer Hafen“
Robustes Wachstum, solide Bilanzen und Risikokennziffern zwingen Anleger zum Umdenken
Kommentar von Hugh Young, Aktienvorstand Aberdeen Asset Management Asia
Während der Westen und seine Regierungen mit Herabstufungen und immer steigenden Schuldenbergen kämpfen, stehen die Zeichen in Asien weiterhin auf Wachstum. Die Währungen der Region ließ man langsam aufwerten und es wurden unterschiedliche Maßnahmen eingeleitet, um die boomenden Immobilienmärkte unter Kontrolle zu halten. Die Zentralbanken haben sowohl die Zinsen als auch die erforderlichen Mindestreserven für Kreditgeber angehoben. Im größten Land China lassen die Wirtschaftsaktivitäten etwas nach, da die Regierung das Wachstum durch gezielt eingeführte Verknappungsmaßnahmen etwas gedrosselt hat. Das Land expandierte zu schnell, die Verbraucherpreisinflation war zu hoch. Ein Risiko liegt bei den angehäuften Schulden der Provinzregierungen; diese machen rund 27 Prozent des Bruttoinlandproduktes aus und wurden überwiegend in Immobilien- und Infrastrukturprojekte investiert. Geplatzte Kredite in den zumeist von der Regierung kontrollierten Banken könnten sich von daher zukünftig als Problem herausstellen. Ausschlaggebend für Asien wird insgesamt sein, ob es gelingt, die Inflation unter Kontrolle zu halten und gleichzeitig das Wachstum zu stabilisieren.Dennoch geht es unseren Portfoliounternehmen in der Region gut. Die jüngste Berichtssaison war durchaus zufrieden stellend. Es steht jedoch außer Frage, dass die Situation in den kommenden Quartalen schwieriger wird. Die Unternehmensgewinne sind im vergangenen Jahr zum Teil um über 25 Prozent gestiegen, für das laufende Jahr geht Aberdeen von einem Gewinnwachstum von ca. zehn Prozent aus. Für Unternehmen, die auf Nachfrage aus dem Westen angewiesen sind, werden verständlicherweise härtere Zeiten anbrechen. Gleichzeitig steigen Unternehmenskosten und Firmen, die diese nicht an ihre Kunden weitergeben werden, müssen folglich mit niedrigeren Gewinnmargen rechnen.
Nach wie vor präferieren wir die Standorte Singapur und Hongkong: Unternehmen, die hier an den Aktienmärkten notiert sind, sind global aufgestellt, die Unternehmenslenker sind erfahren und kümmern sich um ihre Aktionäre. Bei der Branchenauswahl liegt der Schwerpunkt auf der Finanzbranche Asiens. Asiatische Banken sind gesund, sie werden konservativ geführt und die Kreditvergabe geschieht umsichtig. Der Ausblick für diesen Sektor ist positiv, besonders da Verbraucherkredite in der Region bisher nur eine geringe Rolle spielen und dieses Segment starkes Wachstum verspricht.
Die Region ist gegenüber dem Westen insgesamt hervorragend aufgestellt, die Wachstumsraten sind höher, die Staatsfinanzen solide. Zwei besondere Antriebsmotoren sind die Demografie – Asien hat eine weitaus jüngere Bevölkerung als der alternde Westen – und die wachsende Mittelschicht. Während die Region derzeit noch stark vom Export abhängig ist, sollte die steigende Binnennachfrage dies zukünftig ändern.
Da das Wachstum in Europa und den USA voraussichtlich auf Jahre hinaus schwächeln wird, ist es an der Zeit, dass Anleger ihre Definition von „Risiko“ überdenken: in der Vergangenheit haben Investoren während unsicherer Zeiten oft Gelder aus den „risikoreichen“ Schwellenländern abgezogen und sind in „sichere Häfen“ im, Westen geflüchtet. Mit den Problemen, die sich dem Westen stellen, dürfte dieses Verhalten jedoch überholt sein, denn in Asien spielt zukünftig „die Musik“.