Thematic Insights: Zu klein für Robotik?

Bei einer Fabrikbesichtigung finden Sie heute wahrscheinlich folgende Situation vor: Menschen arbeiten mit Werkzeugmaschinen und automatisierten Systemen, die Einzelteile von einem Arbeitsplatz zum nächsten befördern. Roboter fehlen fast völlig und wenn, werden sie keinesfalls flächendeckend eingesetzt. Für viele Beobachter kommt dies überraschend, da Fabrikroboter keine bahnbrechend neue Erfindung sind. Seit jeher sind diese Roboter allerdings teuer, schwierig in der Einrichtung und Programmierung und häufig nur für eine einzige Aufgabe einsetzbar. Dies bedeutet, dass sich der Einsatz von Robotern nur für sehr große Hersteller wirtschaftlich auch rechnet. Credit Suisse | 04.12.2017 11:03 Uhr
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In den letzten Jahren hat der technologische Fortschritt dieses Bild jedoch verändert. Nicht nur bei Preisen, sondern auch bei Benutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Vielseitigkeit hat die Robotik große Fortschritte gemacht. Kleine und mittlere Hersteller, die bis jetzt auf Roboter verzichteten, testen inzwischen erste Einsatzmöglichkeiten oder spielen zumindest mit dem Gedanken, Roboter einzusetzen. Auch bei größeren Herstellern werden Robotiklösungen heutzutage allmählich breiter und in unterschiedlicheren Fertigungsprozessen angewendet. Mit der technologisch getriebenen Kostendeflation und Vielseitigkeit von möglichen Robotiklösungen bieten sich weitläufige Chancen für den «Masseneinsatz» von Robotern im produzierenden Gewerbe und auch in anderen Branchen, die noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium stehen.  

Sag mir, wo sind die Roboter?

Schätzungen der Internation Federation of Robotics (IFR) zufolge kommen heute weltweit im produzierenden Gewerbe nur 7 Roboter auf 1000 Fabrikarbeitende. Nicht selten vermitteln Durchschnittswerte ein verzerrtes Bild. Der Grund für diesen tiefen Durchschnittswert liegt darin, dass Roboter heutzutage einzig und allein im Automobilbau und der Halbleiterfertigung eingesetzt werden. Typisch für diese Industrien ist eine Quote von 100–150 Robotern pro 1000 Fabrikarbeitende. Insgesamt werden rund 60 % aller derzeit in Betrieb stehenden Industrieroboter hier eingesetzt (vgl. Abb. 1). Wenige weitere Branchen wie Metallbau, Chemikalienhersteller, Plastikfabriken und die nahrungsmittel-verarbeitende Industrie zählen ebenfalls auf Roboter, aber in den meisten Bereichen wird kein einziger Roboter in einem Werk zu finden sein.   

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Sicherheit – Roboter in abgeschirmten Zellen

Das klassische Bild einer Automobilfabrik besteht aus elegant synchronisierten Robotern, die an einer automatisierten Produktionsstraße tätig sind, wie etwa in Bild 1. Dieses trägt dazu bei, dass viele Menschen glauben, Automobilfabriken seien gänzlich automatisiert und benötigten nur wenige menschliche Arbeitskräfte. In der Realität sehen die meisten Automobilfabriken ganz anders aus. Zwar kommen in dieser Branche tatsächlich rund 120 Roboter auf jeweils 1000 Fabrikarbeitende, mehr als in jeder anderen Branche des verarbeitenden Gewerbes. Und da menschliche Arbeitskräfte im Allgemeinen eine Acht-Stunden-Schicht arbeiten, während Roboter täglich drei solche Schichten fahren, beträgt die effektive Quote daher 120 Roboter je 333 Fabrikarbeitende. Selbst dann ist die Anzahl der menschlichen Arbeitskräfte im Werk dreimal höher als die Anzahl Roboter. 

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Die Absenz der Menschen in Bild 1 hat einen anderen Grund: Roboter sind gefährlich. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass sich die Roboter in Arbeitszellen bewegen, d. h. in Bereichen, die von menschlichen Arbeitskräften abgeschottet sind. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen lassen sich Unfälle nicht vermeiden. Im Jahr 2015 wurde ein Arbeiter in einer deutschen Automobilfabrik von einem Roboter erdrückt und starb an seinen Verletzungen. Im selben Jahr wurde ein Ingenieur in einer US-amerikanischen Fabrik von einer Roboteranlage eingeklemmt und getötet. Die Gefahr, die von Robotern ausgeht, schränkt ihre Verwendbarkeit in der Produktion massiv ein, da zahlreiche Prozesse von menschlichem Input abhängen. In einigen Fällen bestünde die Möglichkeit, einen Prozess gänzlich zu automatisieren, jedoch ist der Einsatz von Menschen möglicherweise billiger oder einfacher. Daher werden Roboter im Allgemeinen nur für Arbeiten eingesetzt, die sie völlig autonom durchführen können. 

Symbiose zwischen Roboter und Mensch

Eine neue Generation von Robotern ist mit einer Kombination aus verschiedenen Sensoren und intelligenten Algorithmen ausgestattet, die es ermöglicht, dicht mit Menschen zusammenzuarbeiten und auf Sicherheitsmaßnahmen wie Arbeitszellen zu verzichten. Diese Roboter der neusten Generation werden aufgrund ihrer Nähe zum Menschen als «kollaborative Roboter» oder kurz Cobots bezeichnet. Dieser Fortschritt dürfte hinsichtlich der Anzahl an Robotern und deren Arbeitsumfang einen Quantensprung zur Folge haben. 

Tatsächlich lassen sich viele dieser neuartigen Roboter nicht nur gefahrlos zusammen mit Menschen einsetzen, sondern sie können auch Menschen in Hochrisikoeinsätzen ablösen. 

Preis – Einsatz auf breiter Front

Der technologische Fortschritt bei Robotern bringt nicht nur erhöhte Sicherheit, sondern auch günstigere Preise und gesteigerte Benutzerfreundlichkeit. Heutzutage können sich auch Klein- und Kleinstunternehmen einen Teil derselben Produktivitäts-, Effizienzsteigerungs- und Qualitätssicherungstools zu Nutze machen, die den Industriegiganten schon seit Jahrzehnten zur Verfügung stehen. Universal Robots, der aktuelle Marktführer im Cobots-Bereich, veröffentlichte vor kurzem die Broschüre «Are you too small for Robotics?». Die Leser werden durch einen Fragenkatalog geführt, der mit den Worten endet:   

«Cobots sind eine ideale Lösung für kleine und mittlere Hersteller fast aller Arten von Produkten. Erfahren auch Sie, wie Sie Ihr Geschäft ausbauen, Ihre Produktivität und Qualität steigern und den Komfort sowie die Sicherheit am Arbeitsplatz für Ihre Mitarbeitenden erhöhen können.»  

Die Preise für herkömmliche Industrieroboter hängen von ihrer Einsatzart sowie ihrer Größe und dem Umfang der Kundenbestellung ab und können bedeutende Schwankungen aufweisen. Ein einzelner Roboterarm kostet im Allgemeinen zwischen USD 50’000 und USD 150’000. Bis der gekaufte Roboter eingerichtet, kalibriert und programmiert ist, hat sich dieser Preis bereits etwa verdoppelt. Ist ein automatisiertes System zur Versorgung des Roboters erforderlich, kann der Preisaufschlag durchaus auch noch höher liegen. Ein Teil der Installationskosten fällt zudem für Sicherheitsmaßnahmen rund um das System an. Auch wenn ein Roboter installiert ist und eine zeitlang genutzt wird, heißt das nicht, dass der Prozess abgeschlossen ist. Neue Aufgaben, die eine Umprogrammierung des Roboters mit sich bringen, können ebenfalls ein bedeutender Kostenfaktor sein. 

Daher waren Roboter für die meisten KMU in der Vergangenheit unerschwinglich. In den letzten Jahren aber hat eine Reihe von Unternehmen Roboter entwickelt, die bereits für USD 20’000 zu haben sind. Diese neuartigen Roboter nutzen innovative Technologien wie Kraftregelung, industrielle Bildverarbeitung und «program by demonstration» und sind daher für die menschlichen Mitarbeitenden sicher sowie leicht einzurichten und zu programmieren. Zu Beginn dieses Jahres veröffentlichte ein Hersteller von Roboterwerkzeugen namens Robotiq Corp einen „Einkaufsführer für Cobots“, der Systemen von über 20 verschiedenen Unternehmen in einer Preisklasse zwischen USD 20’000 und USD 40'000 vergleicht. Damit sind diese Roboter auch für Kleinsthersteller erschwinglich und lassen sich zudem auch bei Großfirmen in wesentlich breiterem Umfang einsetzen. Das Unternehmen Rethink Robotics in Boston, das Cobots herstellt, hat einige der wesentlichen Unterschiede seines Cobots «Baxter» im Vergleich zu herkömmlichen Industrierobotern zusammengefasst (Abb. 2).  

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Autohersteller investieren schon seit Jahrzehnten in herkömmliche Industrieroboter und wissen genau, welche Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen die Robotik ermöglicht. Sie zählen auch zu den ersten Unternehmen, die diese neuen Technologien eingeführt haben. Die Werke, in denen diese neuartigen Robotertechnologien derzeit erprobt werden, werden auch als «Fabriken der Zukunft» bezeichnet. Bei Volkswagen unterstützen Cobots die Mitarbeitenden beim Anziehen schwer zugänglicher Schrauben in Antriebssträngen; der Audi R8 wird inzwischen in einem modularen und mobilen Arbeitszellenformat anstatt wie sonst üblich in einer linearen Fertigungsstraße gebaut; BMW setzt 3D-Drucker ein, um über 10’000 Teile des Rolls-Royce Phantom herzustellen und die Belegschaft der Leipziger Panamera-Karrosseriewerkstatt von Porsche dürfte derzeit mit die höchste Roboterdichte der Welt aufweisen. 

Kosteneffizienz

Bei niedrigerem Preis und weniger Komplexität lohnt sich der Einsatz von Robotern auch für Unternehmen mit geringerem Produktionsvolumen sowie Unternehmen mit einer breiten Produktpalette. Industriegiganten mit hohen Stückzahlen und wenig diversifizierter Produktpalette sind nicht länger die Einzigen, die Roboter nutzen können. Günstigere Preise machen Robotiklösungen selbst für die kleinsten Hersteller wirtschaftlich tragbar. Damit nicht genug: Die Robotik hat das Potenzial, die Ökonomie des verarbeitenden Gewerbes auch in anderer, grundlegenderer Weise neuzugestalten. Die Wirtschaftstheorie lehrt, dass Fabriken erbaut werden, um die Nutzung des in Maschinen und Anlagen investierten Kapitals zu maximieren. Ein signifikanter Preisrückgang bei diesen Produktionsmitteln könnte einige Hersteller jedoch veranlassen, ihre Fertigungszentren in verschiedene kleinere Standorte verstreut zu verlegen und das Endprodukt so näher zum Kunden zu bringen, die Lieferzeiten zu verkürzen und eine kundenspezifischere Produktgestaltung zu ermöglichen. 

Es gibt bereits erste konkrete Beispiele für einen solchen Trend. Laut der Boston Consulting Group ist Daimler-Benz der Ansicht, dass Kunden in naher Zukunft schon in letzter Minute noch Änderungen an den individuell für sie gestalteten Fahrzeugen vornehmen können. Das hochgradig automatisierte Werk von Adidas im deutschen Ansbach trägt den Beinamen «Speedfactory». Es ist darauf ausgelegt, Laufschuhe an einem einzigen Tag zu produzieren, anstelle von zwei bis drei Monaten in der traditionellen Fertigungskette. Es wird erwartet, dass die Roboter- und Fertigungskosten in Hochlohnländern wie Deutschland durch die Möglichkeit, kleine Volumen oder sehr zielgruppenspezifische Schuhe zu produzieren, die den lokalen Geschmack und aktuellen Trends treffen, mehr als kompensiert werden. 

Fazit

Der technische Fortschritt beschert uns nicht nur günstigere Roboter und Automationssysteme, sondern auch sicherere, intelligentere und benutzerfreundlichere Lösungen. Daher dürften Roboter immer häufiger und im immer breiterem Umfang Verwendung finden, wie zum Beispiel in Wirtschaftszweigen wie dem Gastgewerbe, dem Gesundheitswesen oder der Dienstleistungsbranche. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich dabei um einen tendenziell strukturell wachsenden Trend, da die meisten Hersteller und Industriezweige sich dem Potenzial und der vielseitigen Einsatzmöglichkeiten von Robotern in ihrer Branche heute noch nicht bewusst sind. 

Mit der zunehmenden, weltweiten Einführung von automatisierten Systemen und Roboterlösungen zur Steigerung der Produktivität, Verbesserung der Lebensqualität oder vielleicht auch zur Erledigung von schmutzigen oder gefährlichen Arbeiten dürfte die Sicherheit dieser Systeme immer entscheidender werden. Zwischen Robotik und Sicherheit besteht eine symbiotische Beziehung: Mehr automatisierte Systeme erfordern mehr Sicherheits- und Kontrollmechanismen. Mehr Sicherheits- und Kontrollmechanismen lassen sich wiederum nur mit zusätzlichen automatisierten Steuerungs- und Koordinationsinstrumenten effizient betreiben. Credit Suisse Asset Management hat zwei Strategien entwickelt, um den Kunden ein «Pure Play»-Engagement in diesen überzeugenden und miteinander verknüpften langfristigen Wachstumsthemen zu bieten: Robotik und Automation sowie Schutz und Sicherheit.

Weitere Informationen (wie aktuelle Fonds-Factsheets, Performanceberichte oder Quartalskommentare) finden Sie hier (Sicherheit) oder hier (Robotik). 

Angus Muirhead, Senior Portfolio Manager, Credit Suisse Asset Management 

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