Marktausblick Rentenmärkte
USA
In der abgelaufenen Woche waren relevante Konjunkturdaten rar. Erwähnenswert ist die Stabilisierung der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe bei unter 370 Tsd. Die Aussichten für die Beschäftigungsentwicklung im August haben sich damit aufgehellt. Die Handelsbilanzzahlen für Juni übertrafen die Erwartungen einer Verringerung des Handelsbilanzdefizits bei Weitem. Dieses reduzierte sich in realer Rechnung von USD 47,7 Mrd. auf USD 44,2 Mrd. Es bestehen damit gute Chancen, dass der Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal von den ursprünglich gemeldeten annualisierten +1,5 % p.q. in der zweiten Veröffentlichung Ende August nach oben revidiert wird.
In der nächsten Woche steht wieder eine ganze Reihe von Indikatoren auf dem Programm. Die größte Beachtung werden wohl die Einzelhandelsdaten (Di) für Juli finden. Nachdem der Private Konsum von April bis Juni mehr schlecht als recht gelaufen ist, werden die Einzelhandelsumsatzzahlen einen ersten Hinweis darauf geben, ob sich die Lage im laufenden Quartal zumindest stabilisiert. Wir rechnen aufgrund der rückläufigen Pkw-Absatzzahlen sowie der abermals niedrigeren Kraftstoffpreise nur mit einem geringen Anstieg im Vormonatsvergleich von 0,2 % und sind damit weniger zuversichtlich als der Konsens. Am Mittwoch folgen die Julidaten zur Industrieproduktion. Auch hier teilen wir den Optimismus der Mehrheit der Prognostiker nicht. Wir halten den prognostizierten Anstieg von 0,5 % p.m. für überzogen und erwarten eine Stagnation. Ebenfalls am Mittwoch wird mit dem Empire State Manufacturing Index der erste regionale Stimmungsindikator des laufenden Monats veröffentlicht. Der Konsens rechnet mit einem Ergebnis auf Vormonatsniveau. Für den Philadelphia Fed Index (Do) wird dagegen eine Fortsetzung der Erholung nach dem Absturz im Juni erwartet. Deutlich zuversichtlicher als der Konsens sind wir für die Zahlen zu den Wohnungsbaugenehmigungen und -beginnen (Do). Im Juli dürften beide merklich zugelegt haben. Hierauf deutet der kräftige Anstieg des NAHB Wohnungsmarktindexes in den letzten Monaten hin. Bei den Erzeuger- und Verbraucherpreisen (Di bzw. Mi) rechnen wir aufgrund der Entspannung bei den Energiepreisen im Juli mit einem weiteren Rückgang der Teuerungsrate auf 0,2 % p.a. bzw. 1,5 % p.a. Die Kernrate – Preise ohne Energie und Nahrungsmittel – dürfte dagegen weiter nur in homöopathischen Dosen sinken.
Obwohl in der abgelaufenen Woche quasi keinerlei relevante Konjunkturindikatoren veröffentlicht wurden, legte die Rendite 10jähriger US-Staatsanleihen binnen Wochenfrist 25 Basispunkte auf 1,7 % zu. Die scheinbare Sicherheit, dass es auf absehbare Zeit keine neuerliche Zuspitzung in Sachen Euro-Schuldenkrise geben wird, in die sich der Markt seit der EZB-Pressekonferenz vom letzten Donnerstag lullt, kommt als Erklärung ebenfalls nicht in Frage. So hat die Rendite italienischer und spanischer 10jähriger Staatsanleihen im Verlauf der Woche nicht weiter nachgegeben und auch die Rendite für 10jährige Bundesanleihen bewegte sich seit Ende letzter Woche quasi nicht vom Fleck. Da wir sowohl für die US-Konjunktur als auch für die weitere Entwicklung in Sachen Euro-Schuldenkrise in den nächsten Wochen und Monaten wenig zuversichtlich sind, dürfte es sich beim derzeitigen Renditeanstieg nur um eine temporäre Entwicklung handeln. Bis zum Jahresende erwarten wir deutlich niedrigere Renditen für US-Staatsanleihen.
Eurozone
Die kommenden Tage stehen datenseitig ganz im Zeichen der vorläufigen BIPSchätzungen für das zweite Quartal. Zwischen April und Juni dürfte in nur mehr wenigen Ländern des Euroraums die Wirtschaftsleistung zugelegt haben. Für Deutschland und Österreich setzen wir ein kleines Plus im Vergleich zum Vorquartal an. Für andere Länder in „Kerneuropa“ wie Frankreich und die Niederlande weisen die bislang veröffentlichten Produktionsdaten auf einen kleinen Rückgang beim BIP hin. Portugal wird den bereits vorliegenden Zahlen aus Südeuropa folgen und tief in der Rezession verhaftet bleiben. In Summe ergibt sich für den gesamten Euroraum nach der Stagnation zu Jahresbeginn ein neuerlicher Rückgang der Wertschöpfung. Neben den BIP-Daten werden die Details zur Inflations entwicklung im Euroraum bekannt gegeben. Unverändert sind es wohl Energie- und Lebensmittelpreise, welche sich für den erhöhten Preisauftrieb verantwortlich zeichnen.
Am Sekundärmarkt hat der steile Renditeabwärtstrend bei spanischen und italienischen Anleihen mit kurzer Laufzeit in den letzten Tagen sein Ende gefunden. Die verbale Intervention der EZB scheint nunmehr ausreichend eskomptiert. Doch wie zumeist bei Einflussnahme mittels Ankündigungen, gehen wir auch dieses Mal davon aus, dass früher oder später auch Taten folgen müssen. Konkret bedeutet dies, dass etwa Spanien über das Bankenpaket hinaus Hilfe aus den Rettungsschirmen EFSF bzw. ESM beantragen muss. Nur unter dieser Voraussetzung und bei Einhaltung der entsprechenden Reform- und Sparauflagen ist die EZB gewillt, die Renditen kurzlaufender Schuldtitel tatsächlich tief zu halten. Auch Italien dürfte kein ausreichendes Vertrauen von Kreditgebern genießen, um mittelfristig ohne ein extern überwachtes Reformprogramm auszukommen. Unterdessen haben beide Länder angedeutet, die gefallenen Zinskosten für eine Verlagerung von langfristiger zu kurzfristiger Schuldaufnahme zu nutzen. Dies ist einerseits verständlich, anderseits eine gewagte Taktik, da sich dadurch der Refinanzierungsbedarf in den kommenden Jahren erhöht. In Summe trauen wir der eingekehrten Ruhe am Staatsanleihenmarkt nicht und sehen diese auf Sicht September als Kaufgelegenheit für sichere Häfen (Deutschland, Österreich, Niederlande). Dabei rechnen wir mit einer neuerlichen Verflachung der Renditekurven, was für lange Laufzeiten spricht (zehnjährige).
Der Primärmarkt legt seine alljährliche Sommerpause ein. Es stehen lediglich Emissionen von Geldmarktpapieren an, Italien, Deutschland, Frankreich, Griechenland und Belgien haben Auktionen geplant.
Marktausblick Aktienmärkte
USA
Mit der von den Notenbanken selbst genährten Hoffnung auf weitere Stimulierungsmaßnahmen verweilen die Aktienindizes auf hohen Niveaus. Genau genommen notierten die wichtigsten US-Aktienindizes in den letzten 55 (!) Monaten kaum jemals signifikant höher als heute. Nicht übersehen werden darf aber, dass außergewöhnlich hohe Margen und Rekordgewinne anzeigen, dass der US-Gewinnzyklus bereits in seiner Reifephase angelangt ist. Mit einer möglichen weiteren Zuspitzung der Staatsschuldenkrise in der Eurozone gegen Jahresende hin sowie dringend erforderlichen Konsolidierungsanstrengungen im US-Haushalt nach den Wahlen sehen wir uns bei den gegebenen hohen Indexniveaus veranlasst primär auf tiefere Indexstände gefasst zu sein. Wir ändern unsere Empfehlung von „Halten“ auf „Verkauf“.
Europa
Auch wenn die Kauflaune in einigen Märkten zuletzt ins Stocken geraten ist, konnten die europäischen Aktienmärkte in Summe ihre Gewinnserie fortsetzen. Ähnlich wie schon eine Woche zuvor erwiesen sich die präsentierten Quartalsergebnisse der Unternehmen als Stütze. Rund 60 % der Unternehmen im STOXX Europe 600 gelisteten Unternehmen konnten die Umsatzschätzungen übertreffen, 50 % veröffentlichten besser als erwartete Gewinne. Auch wenn sich die Bewertungsniveaus attraktiv präsentieren, gehen wir von einer Verschlechterung des Sentiments aus, da sich die Schuldenkrise unserer Meinung nach erneut zuspitzen wird.
Japan
Die japanischen Aktienindizes legten letzte Woche kräftig zu. Wenig Unterstützung boten dabei die jüngsten japanischen Konjunkturdaten, welche zeigten, dass das stärkste an wirtschaftlicher Dynamik in diesem Jahr hinter uns liegen sollte. Auch die Berichtssaison konnte letztendlich nicht ganz unsere Erwartungen erfüllen. Als zu große Bürde erwies sich der starke Yen. Das bekommt derzeit insbesondere die ohnehin strukturell angeschlagene Elektronikindustrie zu spüren. Die mittlerweile sehr niedrige Volatilität spricht dafür, dass die Investoren aktuell bereits wieder mit großer Zuversicht in die Zukunft blicken. Dies sollte sich als Trugschluss herausstellen. Eine abermalige Zuspitzung der Verschuldungskrise und ein dadurch aufwertender Yen lassen uns in Richtung Jahresende tiefere Aktienkurse erwarten. „Verkauf“.
Raiffeisen Capital Management Marktbericht per 10. August 2012