Schwellenländer in der Einzelanalyse

Das Raiffeisen Capital Management Emerging Markets Team mit seinen Einschätzungen zur aktuellen Lage ausgewählter Schwellenländer. Raiffeisen Capital Management | 24.10.2013 09:33 Uhr
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China

Chinas Wirtschaftserholung setzt sich fort – allerdings unter Schwankungen. Es ist wahrscheinlich, dass zum Jahresende hin weitere kleinere wirtschaftliche Konjunkturpakete beschlossen werden und weitere Reformen bei der Unternehmensbesteuerung folgen, um private Unternehmen zu entlasten und den Arbeitsmarkt zu stützen.

Chinesische Aktien legten im September zu – allerdings im unterdurchschnittlich im Vergleich zum gesamten Schwellenländer-Universum. Chinesische Aktien sind attraktiv, wenn man Gewinnwachstum und Aktienbewertung betrachtet. Doch scheinen die Investoren noch auf eine Bestätigung zu warten, dass sich die Entwicklung vom vergangenen Jahr nicht wiederholt, als die wirtschaftliche Erholung im neuen Jahr abrupt endete. Insgesamt betrachtet dürfte der Weg des geringeren Widerstandes für chinesische Aktien in den kommenden Quartalen nach oben gerichtet sein. Die Anzeichen verdichten sich, dass bei chinesischen Aktien damit gegenwärtig auch langfristig eine Trendwende nach oben vollzogen wird.

Indien

Das verarbeitende Gewerbe in Indien sieht sich trotz zuletzt etwas besserer Zahlen weiterhin erheblichem Gegenwind ausgesetzt. Der entsprechende Einkaufsmanagerindex deutet zuletzt abermals auf ein leichtes Schrumpfen hin. Besorgniserregend ist, dass die Exportaufträge sogar noch stärker zurückgingen – trotz der deutlich gefallenen Währung. Auch im Dienstleistungssektor bietet sich ein negatives Bild. Eine schwache Auftragslage und ein angeschlagenes Investorensentiment machen ihm spürbar zu schaffen, zumal der Kostendruck weiterhin hoch bleibt. Angesichts der großen Bedeutung des Dienstleistungssektors für die indische Volkswirtschaft sind das wenig erfreuliche Entwicklungen. Allerdings gibt es auch Positives. Das Handelsbilanzdefizit ist stark zurückgegangen, was vor allem auf niedrigere und kostengünstigere Ölimporte zurückzuführen ist; jedoch halfen dabei auch gestiegene Exporte. Auch die Goldimporte fielen deutlich – die teilweise drakonischen Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung von Goldkäufen durch die Bevölkerung dürften hier Wirkung gezeigt haben. Das sollte die in diesem Jahr kräftig gefallene indische Rupie unterstützen. Diese erholte sich im September bereits deutlich; die ausgeprägte Währungsschwäche der letzten Monate sollte damit erst einmal ausgestanden sein. Ein starkes Indiz dafür ist die Rücknahme einiger Notmaßnahmen seitens der Notenbank, die sie zuvor zur Stützung der Währung vorgenommen hatte und die Bereitstellung zusätzlicher Liquidität.
Das sollte auch den Aktienmarkt beflügeln. Die indische Börse beendete den Monat mit einem kräftigen Plus von rund 4 %. Ausländische institutionelle Anleger traten erstmals seit 3 Monaten wieder als Nettokäufer auf.


Brasilien

Die brasilianische Volkswirtschaft wuchs im 2. Quartal wieder etwas stärker, wobei vor allem die Investitionstätigkeit und die Produktion von Kapitalgütern anstiegen. Schwächer als in den letzten Jahren entwickelte sich hingegen erneut der private Konsum, doch das ist auch kaum anders zu erwarten. Brasiliens private Haushalte haben in den letzten Jahren stark auf Pump konsumiert und stoßen hier schlicht an eine Grenze. Es ist davon auszugehen, dass auch in den kommenden Quartalen daher unterdurchschnittliche Wachstumsraten beim privaten Konsum zu sehen sein werden. Die Inflation ging zuletzt leicht zurück, dürfte aber in den nächsten Monaten wieder anziehen, wenn sich zeitverzögert die Auswirkungen der Währungsabwertung bemerkbar machen. Angesichts dessen könnte es auch noch zu mindestens einer weiteren Zinsanhebung der Notenbank von derzeit 9 % auf 9,5 % kommen. Positiv ist in dem Zusammenhang aber sicherlich zu werten, dass der brasilianische Real sich zuletzt wieder erholen konnte.

Der Aktienmarkt konnte nach dem positiven Augustverlauf erneut zulegen und verbuchte ein Plus von über 4 %. In den kommenden Monaten könnten weitere Kurserholungen folgen; allerdings ist auch mit fortgesetzten Störfeuern von der Währungsseite zu rechnen.

Russland

Russlands Wirtschaft verliert weiter an Dynamik; das Wachstumsbild hat sich in den letzten Quartalen kontinuierlich abgeschwächt. Technisch gesehen befindet sich das Land nach zwei Quartalen einer leicht schrumpfenden Wirtschaftsleistung in einer Rezession; doch für das Gesamtjahr ist dennoch mit einem positiven Wachstum zu rechnen. Die Notenbank ließ die wichtigsten Zinssätze erwartungsgemäß auch im September unverändert, kündigte allerdings eine Umstellung auf den wöchentlichen Repo-Satz als für die Geldpolitik relevanten Zinssatz an. Diese Umstellung hat keine gravierenden Auswirkungen auf die Liquidität und dient der Vereinfachung der Geldpolitik. Die Zentralbank verwies in der Sitzung ein weiteres Mal auf wirtschaftliche Schwächetendenzen und niedrigere Inflationsrisiken im 2. Halbjahr. Gleichwohl ist die aktuelle Inflationsrate (+6,1 % p.a.) noch deutlich zu hoch, so dass die Notenbank bislang nur begrenzten Spielraum für Zinssenkungen hat.
Nach der Schwäche in den Vormonaten konnte der Rubel in September von der allgemeinen Verbesserung der Investorenstimmung profitieren und legte zu. Auch die Anleiherenditen folgten dem weltweiten Trend und gingen im September zurück. Der Aktienmarkt legte im Vergleich zu den anderen Emerging Markets überdurchschnittlich stark zu und stieg um rund 7 % – trotz eines rückläufigen Ölpreises. Vor allem der Gasriese Gazprom trug mit einem zweistelligen prozentualen Kursgewinn dazu bei.

Türkei

Die Türkei ist aufgrund der schwachen externen Position und der starken Abhängigkeit von ausländischen Kapitalzuflüssen in den letzten Monaten eines der am stärksten negativ betroffenen Schwellenländer. Die Höhe des Leistungsbilanzdefizits ist zwar schon seit längerem die Achillesferse des Landes, doch erst mit der abrupten Trendwende bei den Kapitalflüssen in die bzw. aus den Emerging Markets ist diese Anfälligkeit der Türkei wieder verstärkt ins Blickfeld gerückt. Die Notenbank vollzog seitdem zwei Erhöhungen der oberen Grenze des Korridors für die kurzfristigen Zinsen, um die Währung zu stabilisieren. Weitere Schritte sind derzeit allerdings nicht in Sicht, da sonst die Konjunktur zu stark leiden könnte. Im September beruhigte sich die Situation auf den globalen Märkten, was türkischen Anleihen zugute kam, die sich im Zuge dessen deutlich erholten.

Das gilt auch für den Aktienmarkt, der noch im August ein zweistelliges Minus verzeichnet hatte und diesen Verlust im September aber mehr als aufholte. Eine Rolle sowohl bei den vorangegangenen Verlusten als auch der nachfolgenden Erholung spielte sicherlich die Situation rund um das Nachbarland Syrien. Die dort einsetzende Entspannung beflügelte türkische Aktien zusätzlich.

Polen

In Polen gibt es mittlerweile wieder überwiegend positive Konjunktursignale. Industrieproduktion und Einzelhandel entwickeln sich wieder besser, die Reallöhne bieten Unterstützung und auch die Verkaufsmanager-Umfragen deuten auf eine positivere Konjunkturdynamik hin. Zugleich ist die jährliche Inflationsrate weiterhin auf dem sehr niedrigen Niveau (1,1 %). Die Zentralbank hat den Leitzins Anfang Oktober erwartungsgemäß nicht verändert. Bemerkenswert sind die im September bekanntgegebenen Details zur Pensionsreform. Der Anleiheteil der privaten Pensionsvorsorge wird vom Staat übernommen und reduziert auf diese Weise die Staatsverschuldung um ca. 8 % des BIP. Letztere liegt derzeit bereits über der in der Verfassung verankerten Grenze von 55 % des BIP. Das würde rasche budgetäre Konsequenzen erfordern – die mit der Pensionsreform zunächst vermieden werden könnten. Die Reform weist gewisse Parallelen mit der Pensionsreform in Ungarn auf, ist aber bei weitem nicht so radikal. Für den Anleihenmarkt wird das längerfristig eher negative Auswirkungen haben, da ein wichtiger Marktteilnehmer damit ausfällt. Allerdings hat die Erfahrung in Ungarn gezeigt, dass das längerfristig verkraftbar sein kann. Die unmittelbare Reaktion war jedenfalls negativ, sowohl auf der Anleihen- als auch auf der Währungsseite; sie war allerdings nur von kurzer Dauer. Im Laufe des Septembers fanden polnische Anleihen mit der besseren Investorenstimmung Unterstützung und stiegen mit dem Gesamttrend mit. Der Aktienmarkt geriet Anfang September massiv unter Druck, erholte sich später jedoch wieder und schloss den Monat nahezu unverändert. Mittel- und langfristig dürfte der Trend aber weiter nach oben zeigen.

Tschechische Republik

Tschechiens jüngste Konjunkturdaten deuten auf eine Belebung der Konjunktur nach rund zwei Jahren Rezession, vorwiegend gestützt durch einen robusten Außenhandel. Die Industrieproduktion zeigt eine positive Tendenz, aber auch die binnenwirtschaftliche Dynamik verbessert sich und die Einzelhandelsumsätze bieten zunehmend Unterstützung. Auch für die kommenden Monate stehen die Vorzeichen aufgrund der gestiegenen Neuaufträge gut. Die Inflation ist mit derzeit 1,3 % gegenüber dem Vorjahr kein Grund zur Besorgnis. Die Anleiherenditen folgten dem Grundton der deutschen Staatsanleihen und legten zu. Die Krone tendierte ebenfalls fester und mit der Verbesserung der Konjunkturdaten nimmt die Rhetorik der Zentralbank zur Währungsschwächung mittlerweile ab. Der Aktienmarkt in Prag legte im September leicht zu und verbuchte ein Plus von rund 1,5 %.

Ungarn

In Ungarn bleibt die Inlandsnachfrage anhaltend schwach; dafür kommt aber Unterstützung vom Außenhandel. Die ungarische Notenbank senkte Ende September den Leitzins wie allgemein erwartet um weitere 0,2 %-Punkte auf nunmehr 3,6 %. Seit Mitte 2012 wurden die Zinsen damit bereits um 3,4 % nach unten genommen. Ungarische Anleihen profitierten davon wie auch vom allgemeinen Rendite-Trend und auch der Forint zeigte eine ähnlich positive  Entwicklung wie der Zloty – ein Zeichen dafür, dass aktuell vor allem externe Faktoren die Währungen der Region treiben und landesspezifische Themen eine untergeordnete Rolle spielen. Die Regierung arbeitet weiterhin an Maßnahmen, um Hypothekenschuldner mit Fremdwährungskrediten weiter zu entlasten. Der ungarische Aktienmarkt stieg im Einklang mit der weltweiten Tendenz um rund 2,5 %, entwickelte sich damit allerdings deutlich schwächer als der Durchschnitt der Schwellenländer.

Anhang:

Raiffeisen Capital Management em-report

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