Raiffeisen Capital Management CIO über Chancen und Risiken einzelner Assetklassen

Das angebrochene Jahr wird Anleger vor besondere Herausforderungen stellen: Nicht nur bei Aktien, sondern auch bei Anleihen werden ohne zusätzliche Risiken vermutlich keine nennenswerten Renditen zu erzielen sein. Rohstoff-Investitionen könnten im Jahresverlauf wieder in den Investmentfokus rücken. MMag. Ingrid Szeiler, Chief Investment Officer bei Raiffeisen Capital Management, spricht über Chancen und Risiken einzelner Assetklassen und erläutert, die Folgen der Entwicklung Chinas auf die Kapitalmärkte. Raiffeisen Capital Management | 20.01.2016 13:11 Uhr
Ingrid Szeiler, CIO, Raiffeisen KAG  / ©  Raiffeisen KAG
Ingrid Szeiler, CIO, Raiffeisen KAG / © Raiffeisen KAG
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e-fundresearch.com: Die globalen Aktienmärkte haben seit Jahresbeginn im Gefolge des Crashs in China stark korrigiert. Ist das der Anfang vom Ende ertragbringender Aktieninvestments? Ingrid Szeiler: Wir beurteilen Aktien weiterhin positiv. Natürlich sind die Bewertungen mittlerweile teurer als noch in den vergangenen Jahren – wir befinden uns ja de facto im achten Jahr eines Kursaufschwungs und die Ängste vor einem Rückschlag nehmen naturgemäß zu. Auf der anderen Seite gibt es aber so gut wie keine Alternativen zu Aktien, denn auch bei Anleihen sind ohne zusätzliche Risiken keine nennenswerten Renditen zu erzielen. Sichere Staatsanleihen wie etwa jene Deutschlands bringen vielleicht ein halbes Prozent. Riskantere Märkte bieten zwar mehr Ertrag, aber relativ wenig Risikopuffer. Allein durch die Dividenden haben Aktienanleger größere Ertragschancen. So hat z. B. Deutschland eine Dividendenrendite zwischen 3,5 bis 4 %. D. h. selbst wenn sich auf der Aktienkursseite nichts bewegt, hat der Anleger immerhin 3,5 % Ertrag und das ist deutlich mehr als auf der Rentenseite. Grundsätzlich setzen wir aber nie nur auf ein Pferd, auch 2016 wird es darum gehen, breit über alle Assetklassen, Regionen und Branchen zu streuen, Absicherungsmechanismen vorsehen und Einzelentscheidungen zu hinterfragen.

e-fundresearch.com: Welchen Investments geben Sie im heurigen Jahr die meisten Wertentwicklungschancen?

Ingrid Szeiler: Abhängig von der eigenen Risikobereitschaft können die Emerging Markets (Schwellenländer)auf Sicht von einem Jahr oder 18 Monaten durchaus interessant sein. Der chinesische Aktienmarkt hat zuletzt starke Verluste hinnehmen müssen, aber China ist ja nur eines von vielen Schwellenländern. Die Emerging Markets sind insgesamt eine sehr inhomogene Anlageklasse. Die Länder reagieren z. B. auf den niedrigen Ölpreis ganz unterschiedlich. Je nachdem, ob sie den Rohstoff importieren müssen oder exportieren, profitieren oder leiden sie massiv. Hinzu kommen hausgemachte Probleme wie die von Russland, Brasilien oder Venezuela. Bei diesen Länder sind wir derzeit sehr vorsichtig, doch im Laufe des Jahres kann es hier zu durchaus attraktiven Einstiegschancen kommen. Wichtig ist nicht nur der Ertrag, sondern auch die Risikobetrachtung.

e-fundresearch.com: Emerging Markets haben in den vergangenen Jahren stark gelitten. Warum sehen Sie diese Märkte wieder positiv?

Ingrid Szeiler: Emerging Markets Aktien sind schon im fünften Jahr schwächer als jene der entwickelten Märkte, daher sind auch die Bewertungen günstiger. Ein Umschwung ist durchaus realistisch, hängt aber stark mit China und dem globalen Wachstum zusammen. Die Emerging Markets bieten Chancen, aber Anleger müssen sich im Klaren sein, dass es auch sehr schnell wieder runter gehen kann. Das muss man aushalten. Bei einem wirtschaftlichen Aufschwung profitieren diese Länder immer sehr stark. Hinzu kommt: Die Emerging Markets haben auch ihre Hausaufgaben gemacht. Ihre Leistungsbilanzdefizite sind nicht mehr so hoch und sie sind weniger verschuldet als viele Länder der entwickelten Welt.

e-fundresearch.com: Welche Implikationen erwarten sie von der Entwicklung in China?

Ingrid Szeiler: China versucht gerade, sich von einer exportorientierten Industrie zu einer von Inlandsnachfrage getriebenen Dienstleistungsvolkswirtschaft zu entwickeln. Es steht jetzt nicht mehr nur billiges Produzieren im Vordergrund, das Land möchte die eigenen Konsumenten ansprechen. Dieser Prozess dauert natürlich Jahre und führt letztlich zu weniger Abhängigkeit vom Ausland und dazu, dass die Wachstumsraten nicht mehr so exorbitant hoch sein werden wie in der Vergangenheit. Zweistellige Wachstumsraten darf man nicht mehr erwarten. Nichtsdestotrotz ist China für rund 19 Prozent der Weltwirtschaft verantwortlich, wenn also die Nachfrage in China nachlässt, hat es schon Implikationen auf den Rest der Welt – insbesondere auf Europa und hier auf Deutschland.

e-fundresearch.com: Welche Möglichkeiten hat die Chinesische Notenbank?

Ingrid Szeiler: Die Notenbank hat aus vergangenen Fehlern gelernt und lässt nun mehr den freien Markt spielen – der Yuan wertet peu à peu ab. Aber auch diese Vorgehensweise wird von vielen kritisiert. Sie vermuten dahinter eine explizite Strategie, durch die sich China einen Vorteil im Export verschaffen möchte. Das halten wir für übertrieben. Insgesamt mischen sich die Notenbanken weltweit mittlerweile sehr stark in die Kapitalmärkte ein, indem sie bei Turbulenzen sofort Unterstützung geben. Als es im Sommer zu massiven Kursrückgängen auf den chinesischen Aktienmärkten kam, hat die Regierung ein Verkaufsverbot für große Firmen verhängt. Vor allem die staatsnahen Firmen mussten ihre gesamten Aktienpakete auf sechs Monate halten. Damit hat man einen Crash zwar kurzfristig verhindern können, doch diese 6-Monats-Frist wäre jetzt ausgelaufen. Mittlerweile wurde sie übrigens neuerlich eingesetzt. Deshalb wollten chinesische Privatinvestoren im Vorfeld ihre Aktien verkaufen.

e-fundresearch.com: Wie stark sind die globalen Aktienmärkte an die Entwicklung in China gekoppelt?

Ingrid Szeiler: Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass die gesamte Wirtschaft am Tropf der Notenbanken hängt – egal wo. Es ist eigentlich kein freies Spiel der Märkte mehr und das halte ich für gefährlich. Wobei in China die Wirtschaft und der Aktienmarkt nicht so stark korrelieren wie in der entwickelten Welt. Die geringere Nachfrage in China hat aber jedenfalls Implikationen auf die Aktienbewertungen in den entwickelten Ländern, deswegen haben auch die Börsen in den USA und Europa nachgegeben.

e-fundresearch.com: Welche Emerging Markets bieten die besten Chancen?

Ingrid Szeiler: Am Positivsten sind wir für Zentraleuropa gestimmt – da sehen wir die größten Chancen. Wir sehen aber genauso Chancen bei einigen asiatischen und lateinamerikanischen Ländern. Dort haben die Währungen sehr stark gelitten, deshalb wäre unsere Präferenz, Anleihen in der Lokalwährung zu kaufen, weil es die Chance gibt, dass die Währung gegenüber Dollar und Euro aufwertet. Erschwerend könnten etwaige Zinsanhebungen in den USA sein, denn Emerging Markets-Länder sind auch in Dollar verschuldet und damit werden die Schulden teurer. Allerdings rechnen wir heuer nur mit zwei Zinserhöhungen in den USA. Ein weiteres Risiko ist der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, der rasch zu einem Ölpreisanstieg führen könnte.

e-fundresearch.com: Die entwickelten Märkte weisen inzwischen hohe Bewertungen auf. Ist der Markt noch interessant?

Ingrid Szeiler: Innerhalb der entwickelten Welt präferieren wir Europa. US-Aktien sind schon eher teuer und man hat zuletzt gesehen, dass etwa Technologieaktien die Erwartungen nicht mehr erfüllen können. Europa ist in den letzten Jahren immer hinterher gehinkt. Wir erwarten uns jetzt von Europa mehr als von den USA.

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch!

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