Was Anleger von Maria Theresia und der Wiener Börse lernen können

Österreich feiert 300 Jahre Maria Theresia. Sie wurde am 13. Mai 1717 in Wien geboren. Sie war es, die nach einem fehlgeschlagenen Versuch im Jahre 1761 die Wiener Börse durch ein am 1. August 1771 veröffentlichtes kaiserliches Patent gründete. Auch wenn sich seither politisch, wirtschaftlich und technisch sehr viel geändert hat – die bewegte Geschichte der Wiener Börse ist für jeden Anleger sehr lehrreich. Erste Asset Management | 12.05.2017 08:45 Uhr
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Hinweis: Dieser Beitrag ist auch im Blog der Erste Asset Management verfügbar.

Ein Kommentar von Paul Severin, Erste Asset Management:

1. Wertpapierhandel gehört geregelt und überwacht

Die Gründung der Wiener Börse im Jahr 1771 erfolgte vor dem Hintergrund, die Mittel für die vielen kriegerischen Auseinandersetzungen aufzubringen. Die Erbfolgekriege und die Kriege Napoleons haben viel Geld gekostet. Es gab bereits zu diesem Zeitpunkt Wertpapiere in Form von Obligationen (heute: Staatsanleihen), aber noch keinen geregelten Markt an dem diese gehandelt wurden. Die Gründung einer Börse, um die steigenden Haushaltsdefizite geordnet zu finanzieren, war daher eine strategische Frage.#

Bild: Der alte Wiener-Börsensaal fiel einer Brandkatastrophe im Jahr 1956 zum Opfer 

Quelle: Wiener Börse
Quelle: Wiener Börse

 

In dem Patent aus dem Jahr 1771 wird auf mögliche Schäden hingewiesen, die der unkontrollierte Handel mit Wertpapieren nicht nur dem Inhaber, sondern auch dem Emittenten zufügen kann. Winkelbörsen wurden besonders kritisch betrachtet. Damit waren Händler gemeint, die inoffiziell und ohne Konzession agierten. Diese Intransparenz wollte man abschaffen. Ein geordneter Markt war das Ziel.

Die Vorteile eines geregelten Marktes werden oft vergessen, wenn man den Kapitalmarkt generell zu einem Spekulationsobjekt degradiert. Dabei ist es gerade der geregelte und überwachte Ablauf des Wertpapierhandels, der eine Börse auszeichnet.

2. Börsengeschichten und Börsenzyklen wiederholen sich

Die kostspieligen Kriege Napoleons hatten für Österreich fatale Folgen. Im Jahr 1811 führten diese sogar zum Staatsbankrott. Die Kurse von Staatsanleihen sanken damals auf 12% ihres Nennwertes.

Bild: Staatsschuldverschreibung, 1. Mai 1767

Quelle: Wiener Börse
Quelle: Wiener Börse

Auf der anderen Seite führte der industrielle Aufschwung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu zahlreichen Börsengängen. Durch das vermehrte Angebot wurden immer mehr Bevölkerungsschichten dazu bewogen, ihre Ersparnisse in Aktien anzulegen. Dabei handelte es sich primär um spekulative Gelder, welche die Kurse in die Höhe trieben. Das zog wieder Unternehmen an, die wirtschaftlich instabil waren, aber trotzdem an die Börse gebracht wurden. Der Höhepunkt der damaligen Blase war im Jahr 1873 zeitgleich mit  der Weltausstellung in Wien. Der Traum platzte. Zum einen waren die Erwartungen an die Weltausstellung viel zu hoch, zum anderen  kostete sie viel Geld, das falsch eingesetzt wurde. Viele Kleinanleger kauften mithilfe von Krediten Aktien. Als erkannt wurde, dass der wirtschaftliche Erfolg der Weltausstellung ausblieb und die allgemeine wirtschaftliche Lage hinter den Erwartungen zurückblieb, verlangten die Institute von den Spekulanten aufgrund der fallenden Kurse frisches Geld. Viele konnten das Geld nicht aufbringen und verstärkten dadurch die Verkaufsspirale. Es dauerte Jahre bis das Vertrauen wieder zurückkehrte.

Das erinnert an die Spekulationsblase des ehemaligen Börsensegments „Neuer Markt“ in Deutschland Ende 1999/2000. Dieses Segment wurde 1997 im Zuge der Euphorie um die New Economy nach dem Vorbild der amerikanischen Technologiebörse NASDAQ eingerichtet. Auch hier gab es aufgrund des Milleniumwechsels viel zu hohe Erwartungen. Dabei gingen viele Unternehmen an die Börse, die Hoffnung auf Erfolge in der Zukunft verkauft hatten aber sonst auf einem schwachen Fundament standen. Eine Börsenweisheit beschreibt dieses Phänomen so: „Kein Preis ist für einen „Bullen“ zu hoch und kein Preis für einen „Bären“ zu niedrig.“ Übertreibungsphasen sind an der Börse nichts Neues und wird es immer wieder geben.

3. Die Börse ist ein Abbild der Wirtschaft

Im Jahr 1816 erfolgte die Gründung der „Privilegierten österreichischen Nationalbank“, deren Aktien am 1. April 1816 an der Wiener Börse eingeführt wurden. Die Aktien der Österreichischen Nationalbank waren lange Zeit die einzigen die dort gehandelt wurden. Ludwig van Beethoven war übrigens damals einer der Aktionäre.

Bild: Namensaktie Ludwig van Beethoven

Quelle: Wiener Börse
Quelle: Wiener Börse

 

Erst 1842 folgten weitere Aktien der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn, der Budweis-Linz-Gmundner Eisenbahn und der Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft. Keines dieser Unternehmen notiert heute noch an der Börse.

Die Aktienbörse ist ein Abbild der Wirtschaft. Unternehmen gehen an die Börse, werden übernommen oder übernehmen wieder andere Unternehmen. Manche Unternehmen gehen in Konkurs, andere ändern ihre Geschäftstätigkeit, ihren Namen oder ziehen sich von der Börse wieder zurück. Das alles ist ganz normal. Wirtschaft bedeutet Veränderung und Wandel. Wer sich an Aktien beteiligt, beteiligt sich an der Wirtschaft und profitiert auch von den Veränderungen.

4. Aktien als Inflationsschutz

Mit Beginn des ersten Weltkrieges stellte die Wiener Börse ihren Betrieb ein. Erst gegen Ende 1919 wurde der Börsenverkehr wieder aufgenommen. In der nun folgenden Periode der politischen und soziologischen Umgestaltung sowie der „Kroneninflation“, die unzählige Familien um ihre Ersparnisse brachte, erlebte die Börse noch einmal einen großen Zulauf und eine inflationsbedingte Aufwärtsbewegung der Kurse. Nach Einführung der Schilling-Währung und nach Konsolidierung der wirtschaftlichen und der Währungsverhältnisse, trat auch für die Wiener Börse eine ruhigere Zeit ein.1)

Aus dieser Zeit stammt auch die Börsenweisheit, dass Aktien ein guter Schutz gegen Inflation sind. Sparer haben im Falle von sehr hoher Inflation oft das Nachsehen, besonders wenn die Inflationsraten über dem Zinssatz liegen. Die Situation ist heute ähnlich, auch wenn das Ausmaß der Inflation mit ca. 2% wesentlich kleiner ist. Dennoch beflügelt die reale Entwertung des Geldvermögens auch jetzt die Aktienbörsen.

5. Börsen zu schließen ist keine gute Idee

Der Kriegsausbruch 1914 brachte der Wiener Börse zunächst die Schließung. Bald stellte sich heraus, dass eine geschlossene Börse nicht den Wertpapierhandel verhinderte, sondern dieser weiterhin abseits behördlicher Kontrollen stattfand –  mit allen negativen Folgen1). Im zweiten Weltkrieg, bzw. von 1938 bis 28.3.1945 handelte die Wiener Börse ohne Unterbrechung. Am 28.3. fand die letzte Versammlung an der Wertpapierbörse statt. Am 15.11.1948 wurde die Wiener Börse wieder feierlich eröffnet und hat seither ihren festen Platz im österreichischen Wirtschaftsleben.

Interessant: Im Allgemeinen haben Eigentümer von Wertpapieren die Kriegsjahre besser überstanden, als jene von Bargeld oder Sparkonten. Das Interesse an Wertpapieren ist daher seit der Wiedereröffnung ständig gestiegen.

Wenn nicht gehandelt wird, besteht das Risiko, dass die Kursfindung außerhalb eines geregelten Marktes erfolgt. Heute werden oft die Börsenkurse bei extremen Tagesbewegungen ausgesetzt. Immer wieder wird darüber diskutiert, wie sinnvoll das ist. Die Geschichte lehrt uns, dass der Handel auch in schwierigen Zeiten aufrechterhalten werden sollte. Geschäfte außerhalb der Börse sind intransparent.

6. Eine Börse ist Voraussetzung für Wohlstand und Arbeitsplätze

Die Versorgung der Wirtschaft und des Staates mit Kapital, sei es für Eigenkapital in Form von Aktien oder Fremdkapital in Form von Anleihen ist die wichtigste Funktion eines Handelsplatzes. Wenn Unternehmen Kapitalgeber für ihre Geschäftsmodelle gewinnen können, entstehen neue Arbeitsplätze, Staaten können ihren Haushalt kostengünstig und transparent finanzieren und die Liquidität für ihre Vorhaben sicherstellen.

Wenn man von der Börse spricht, wird oft der Blick auf Silicon Valley gerichtet. Junge Unternehmen benötigen Risikokapital um etwas Neues zu versuchen. Die Mittel dafür erhalten sie oft nicht über traditionelle Wege wie mit einem Kredit. Das gilt auch für bestehende Unternehmen.

7. Börsenkurse sind ein wichtige Information für alle Wirtschaftstreibenden

Es ist wichtig die Kurse als Signal an die Wirtschaftstreibenden zu interpretieren. Die transparente Preisfindung und Kursfestlegung sind wichtige Informationen für alle Wirtschaftstreibenden und auch für den Staat.

Im aktuellen Kurs sind Informationen, die öffentlich verfügbar sind enthalten und geben über die künftige Einschätzung Auskunft. Der Kurs bildet daher die zukünftigen Erwartungen genau ab. Das ist die Demokratie an der Börse. Hier treffen sich unterschiedliche Marktmeinungen. Nur wenn Jemand gewillt ist zu einem bestimmten Preis zu kaufen oder zu verkaufen kommt ein Kurs zustande. Er spiegelt die Einschätzung des  Unternehmenswertes am besten wieder.

1) Wiener Börse: 1771 bis 1959; Wiener Börsekammer
Festschrift 200 Jahre Wiener Börse, Dr. Harald Eichler

  • Fotos/Bildmaterial: freundlich von der Wiener Börse zur Verfügung gestellt:
    * Staatsschuldverschreibungen aus der Gründungszeit der Wiener Börse
    * Die Nationalbankaktie von Ludwig van Beethoven. Die Nationalbank-Aktien wurden am 1.4.1816 an der Börse eingeführt und am 27.5.1818 kam das erste amtlich notierte Geschäft zustande. Damit  war das erste Aktienpapier an der Wiener Börse gehandelt worden. Der Kurs war 510 ½ Gulden C.M.
    * Handelssaal des Börsengebäudes am Ring 19. Jhdt.

Der Autor bedankt sich bei der Wiener Börse für die wertvollen Quellen und Bilddateien.

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