Putschversuch in der Türkei

Sevda Sarp, Research Analyst, Erste Asset Management, nimmt die jüngsten Geschehnisse in der Türkei sowie deren mögliche Konsequenzen unter die Lupe: Erste Asset Management | 18.07.2016 09:04 Uhr
©  Olivier Le Moal - Fotolia
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Was geschah?


Letzten Freitag Abend unternahm eine Splittergruppe der türkischen Armee, überwiegendenteils mittleren Ranges, einen Putschversuch und nahm Flughäfen, Brücken, Fernsehstationen und Militärhauptquartiere ein, bevor sie das türkische Parlamentsgebäude angriffen und angekohlt und beschädigt zurückließen. Ihre Erklärung lautete, dass sie die Macht übernommen hätten, um die Demokratie vor der Regierung zu beschützen.

Eine Anzahl von Regierungsvertretern, darunter Präsident Erdogan und Premierminister Yildirim, sprachen über FaceTime zu den Medien und trafen die Aussage, dass der Putschversuch von Militärs unternommen worden wäre, die mit der Gülen-Bewegung verbunden wären. Premierminister Binali Yildirim und Erdogan bezeichneten den Versuch als Aufstand und sahen ihn als Angriff auf die Demokratie.

Erdogan und die Moscheen riefen die Bevölkerung dazu auf, auf die Straße zu gehen und sich dem Putsch entgegenzustellen. Die Bevölkerung reagierte deutlich und tat genau das. Nach wenigen Stunden übernahm die Polizei die Kontrolle und stellte an den meisten Orten die Ordnung wieder her. Menschen standen auf Panzern und stimmten Gesänge gegen den Putsch an. Einige hochrangige Militärvertreter aus unterschiedlichen Regionen der Türkei erklärten deutlich ihren Widerstand gegen den Putsch und schlugen sich auf die Seite der Regierung.

Die Regierung und Erdogan machten die Gülen-Bewegung für den gescheiterten Putschversuch verantwortlich, während selbige Bewegung dieser Behauptung widerspricht und darauf verweist, dass sie die Streitkräfte, die den Putsch unternommen hatten, nicht kenne und gleichzeitig den Putsch ebenso verurteile. Angeblich wird vom 1. bis zum 4. August ein hoher Militärrat zusammentreten, bei dem davon ausgegangen wird, dass Präsident Erdogan eine Gruppe von Gülen-Anhängern der Armee verweist.

Am Samstag trat das Parlament zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, und alle Parlamentsmitglieder der sekulären/sozialdemokratischen CHP, der nationalistischen MHP und der linken HDP sprachen sich gegen den Putschversuch aus, welcher keine Unterstützung fand.

Tragischer Weise fanden im Gefolge des gescheiterten Putsches 200 Menschen den Tod und wurden mehr als 1.500 verwundet, und Razzien gegen die Unterstützer der Gruppe haben begonnen. Mehr als 2,800 Militärangehörige wurden bisher verhaftet, und mehr als 2.600 Richter entlassen. Haftbefehle für 140 Staatssenatsmitglieder sind erlassen worden, mehr als 48 Mitglieder des Höchstgerichts und fünf HSYK-Mitglieder sind beurlaubt.

Wie erwartet, hat Präsident Erdogan die USA erneut dazu aufgefordert, Fethullah Gülen auszuliefern, während US-Vertreter solide Beweise forderten, die Gülens Involvierung im Putschversuch untermauerten.

Was sind die möglichen Konsequenzen?

Der erfolglose Putschversuch wird Präsident Erdogans Macht stärken, womit die Türkei stärker in die Richtung eines Präsidialsystems rückt. Es ist noch immer unklar, ob es zu vorgezogenen Neuwahlen kommt, aber sie sind nun deutlich wahrscheinlicher geworden. AKP-Unterstützer befanden sich über das gesamte Wochenende auf den Straßen, und es sieht danach aus, als ob der erfolglose Putschversuch die Unterstützung von AKP im Volk erhöht hätte, was auch Neuwahlen auslösen könnte.

Auf der Makro-Ebene könnte der Putschversuch negative Auswirkungen auf den Konsum und die Investitionsfreudigkeit haben, und der bereits ins Trudeln geratene Tourismussektor könnte weitere Treffer einstecken. Nachdem sich die türkische Lira gegenüber dem US Dollar auf Niveaus über 3,0 befunden hatte, konnte sie während des Wochenendes einen Teil der Verluste wettmachen.

Vizepremier Simsek und der CBT-Gouverneur Murat Cetinkaya machten am Sonntag Abend Konferenzrufe mit Investoren und erklärten, dass die Regierung Spielraum im Budget hätte und dass sie nicht der Ansicht wären, dass es zu permanenten negative Folgen für das Wirtschaftswachstum käme. Die CBT würde auch Maßnahmen zur Milderung der Folgen für den Markt setzen. So erklärte die Zentralbank, dass sie dem Bankensystem Liquidität ohne Limits zur Verfügung stellen würde und dass die Kommission für die Intraday-Liquiditätsfazilität bei null Prozent läge. Die Bank kündigte auch an, die Markttiefe und Kurse zu beobachten und sämtliche Schritte setzen zu wollen, die nötig wären, um die finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Für Dienstag ist ein Strategie-Treffen der Zentralbank geplant, für welches die Marktexperten keine Veränderung des Leitzinses erwarten.

Erdogans Standpunkt und seine volle Antwort, sobald sich der Staub gelegt hat, wird dieses Mal wichtiger als je zuvor für die Wirtschaft sein. Zusätzlich hat der gescheiterte Putschversuch gezeigt, dass ein Putsch in de Türkei keine Option mehr darstellt, was auch für die Zukunft die Sorgen über eine Militärintervention in Zaum halten sollte.

Zu diesem Zeitpunkt sieht es danach aus, als ob die Aktienmärkte aufgrund der politischen Ereignisse wohl nicht ohne Nachwehen davonkämen. Obwohl der Vizepremierminister und der CBT-Gouverneur Anstrengungen unternahmen, um das Vertrauen der ausländischen Investoren zu erhalten und den TRY-Kurs wiederherzustellen, ist davon auszugehen, dass der Aktienmarkt negativ eröffnen wird. Wir weisen auch darauf hin, dass die türkische Lira nach wie vor 2,5% unter dem Schlusskurs von Freitag gehandelt wird.

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