Erste AM Chefvolkswirt: Der Reflation-Trade ist vorerst zu Ende

China, Fiskalpolitik, Zentralbanken - drei Impulse, die in der jüngsten Vergangenheit zu einer Beschleunigung des Wachstums geführt haben, laufen aus. Gerhard Winzer, Chefvolkswirt der Erste Asset Management, nimmt den weiteren Verlauf des Reflation-Trades unter die Lupe. Erste Asset Management | 11.04.2017 14:05 Uhr
Gerhard Winzer, Chefvolkswirt, Erste Asset Management / ©  Erste Asset Management
Gerhard Winzer, Chefvolkswirt, Erste Asset Management / © Erste Asset Management
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Auf den Märkten hat im März eine Konsolidierung eingesetzt. Der globale Aktienindex, die Renditeaufschläge für das Kreditrisiko und die Renditen von kreditrisikolosen Staatsanleihen verlaufen seitwärts. Zuvor hatten die risikobehafteten Wertpapierklassen bemerkenswerte Kursanstiege verzeichnet, während die kreditrisikolosen Anleihen Kursverluste aufwiesen. Ist der sogenannte „Reflation-Trade“, also die Positionierung auf ein ansteigendes nominelles Wirtschaftswachstum, zu Ende?

Erholung

Das große Bild: Die Erholung von der „Großen Rezession“ vor knapp zehn Jahren ist in immer mehr Ländern abgeschlossen. Mit den USA und Deutschland befinden sich bereits zwei große Länder am Übergang in die nächste Konjunkturphase Boom. Die Inflation befindet sich in einem günstigen Bereich: Das Gespenst fallender Löhne und Preise ist verschwunden; Inflationsprobleme sind weit und breit nicht zu sehen. Im Einklang damit reduzieren die wichtigen Zentralbanken die geldpolitische Unterstützung in einer vorsichtigen Weise. Mögliche Störfeuer für die Märkte können von der politischen Seite kommen. Generell bleibt das unterstützende Umfeld für die Risiko-Assets also bestehen, die nach unten gerichteten Risiken stammen vor allem von der Politik.

Beschleunigung ...

Mitte des vergangenen Jahres hat die Erholung einen Gang zugelegt. Das globale nominelle Wirtschaftswachstum, also reales Wachstum plus Inflation, ist seitdem angestiegen. Die wichtigsten Gründe dafür sind:

  1. der Stimulus in China,
  2. das Ende der fiskalischen Austerität und
  3. die Lockerung der Financial Conditions.

Der Stimulus in China hat dazu beigetragen, dass sich die Rohstoffpreise nach den Einbrüchen in den Jahren davor stabilisierten und der globale Deflationsdruck verschwunden ist. Im Einklang damit ist das Wachstum der Industrieproduktion und der Unternehmensinvestitionen angestiegen. Zudem hat das Ende der Reduktion der Budgetdefizite in den Industriestaaten das Wachstum unterstützt. Darüber hinaus haben die extrem expansiven Geldpolitiken zu günstigeren Kapitalkosten geführt (gefallene Zinsen und Renditen).

…zu Ende

Mittlerweile nehmen die Anzeichen für ein Ende der Beschleunigungsphase zu:

  • Der globale Einkaufsmanagerindex hat sich seit rund einem Jahr deutlich verbessert. Seit Jahresanfang verläuft der Index allerdings seitwärts. Das deutet unter anderem auf ein Ende der Beschleunigung des Wachstums der Industrieproduktion hin.
  • Im Jahresabstand hat die Inflation deutlich zugelegt. Das kann auf die Stabilisierung der Rohstoffpreise zurückgeführt werden, die zu einem Anstieg der Preisveränderung im Jahresabstand bei den Energiepreisen geführt hat. Dieser Basiseffekt ist jedoch ein temporäres Phänomen. Rechnet man die Schwankungen der Energiepreise heraus, verläuft die Inflation seitwärts. Zudem nimmt auch die Preisveränderung im Monatsabstand wieder ab. Kurz: die Inflationsraten werden heuer nicht weiter deutlich ansteigen.
  • Bei den Überraschungsindizes für die Konjunktur- und Inflationsdaten steigt das Ausmaß der Überraschungen seit Jahresanfang nicht weiter an.
  • Die Zentralbanken reduzieren in einer vorsichtigen Weise die extreme geldpolitische Unterstützung. Zuletzt hat das Protokoll der letzten Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Zentralbank auf ein Ende der Wiederveranlagung der auslaufenden Anleihen sowie der Kuponzahlen noch in diesem Jahr hingewiesen. Der Effekt einer schrumpfenden Zentralbankbilanz wäre ähnlich wie eine Leitzinsanhebung. In diesem Jahr könnten also mit drei Leitzinsanhebungen und der Reduktion der Liquidität vier Straffungsschritte erfolgen.
  • Die ansteigenden Zinsen in China haben zu einer Verschärfung der Monetary Conditions (Index bestehend aus Zinsniveau, Wechselkurs und Kreditwachstum) geführt. Dieser Effekt ist von der chinesischen Politik gewünscht, um eine Übertreibung am Immobilienmarkt zu bekämpfen. Der positive Impuls von China für das globale Wachstum wird dadurch aber geringer.
  • Die Terms of Trade, das ist der Unterschied zwischen den Export- und Importpreisen, steigen in einigen rohstoffproduzierenden Ländern wie etwa in Australien, nicht mehr an, beziehungsweise fallen sogar wie in Brasilien.
  • Die im Anleihemarkt implizierten Inflationsrisikoprämien steigen nicht weiter an (USA) beziehungsweise fallen sogar (Eurozone).
  • Der Renditeunterschied zwischen den Staatsanleihen mit einer langen und einer kurzen Laufzeit wird in den USA und der Eurozone kleiner. Eine anhaltende Beschleunigung des Wachstums bei gleichzeitig vorsichtig agierenden Zentralbanken würde jedoch einen Anstieg des Renditeunterschieds implizieren.

Von Reflation zu Carry

Die drei Impulse (China, Fiskalpolitik, Zentralbanken), die zu einer Beschleunigung des Wachstums geführt haben, laufen aus. Das volkswirtschaftliche Umfeld spricht dafür, dass das Wirtschaftswachstum selbst tragend genug ist, damit das nun höhere Wachstumsniveau gehalten werden kann. Das Umfeld bleibt positiv für risikobehaftete Wertpapierklassen, weil die Konjunkturphase Erholung Bestand hält. Der Reflation Trade (beschleunigtes Wachstum) ist aber vorerst zu Ende. Der Investmentfokus ist auf Anleihen mit einer höheren versprochenen Rendite wie Unternehmensanleihen in den Schwellenländern (Carry) gerichtet. Als unmittelbares Risiko sind die anstehenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich in den Vordergrund gerückt.

Gerhard Winzer, Chefvolkswirt, Erste Asset Management

Hinweis: Dieser Beitrag ist auch im Blog der Erste Asset Management verfügbar.

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