"Sell in May and go away": Mythos oder Realität?

"Sell in May and go away, (but remember to come back in September)" - steckt hinter dieser "Börsen-Regel" mehr als nur ein netter Reim? Harald Egger, Chief Analyst der Erste Asset Management hat nachgerechnet: Erste Asset Management | 08.05.2017 09:59 Uhr
©  Eric Rothermel / Unsplash
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HinweisDieser Beitrag ist auch im Blog der Erste Asset Management verfügbar.

"Wer kennt sie nicht, die alte Börsenregel “Sell in May and go away”. Manchmal wird die Regel noch erweitert durch den Nachsatz „but remember to come back in September“. Wir wollen dieser Börsenweisheit auf den Grund gehen und analysieren die Wertentwicklung (Performance) an den weltweiten Börsen der letzten 48 Jahre. Dafür gibt es einen Index. Das Unternehmen MSCI begann am 1.1.1970 mit der Berechnung des MSCI Welt-Index. Das ist der Startzeitpunkt unserer Analyse.

Nachdem die Regel, dass man seine Schäfchen im Mai ins Trockene bringen soll, aber nicht vergessen darf, im September wieder zurückzukehren, in den USA aufgestellt wurde, wollen wir die Performance sowohl aus Sicht eines US Anlegers, als auch aus Sicht eines EURO Anlegers untersuchen. Dabei gehen wir wie folgt vor:

Anleger A: ist zu jedem Zeitpunkt voll investiert, Referenzwährung USD.

Anleger B: voll investiert mit Ausnahme Monate Mai-August, Referenzwährung USD

Anleger C: wie A immer voll investiert, hat aber als Referenzwährung den EURO

Anleger D: wie B mit Referenzwährung EURO

Die 4 Anleger haben seit 1970 folgende Resultate erzielt:

Anleger B ist nur in 8 von 12 Monaten investiert.

Sein Ertrag liegt aber nur knapp hinter der Performance von Anleger A. Rein statistisch gesehen (Gleichverteilung der Monats- Erträge) müsste der Ertrag von B zwei drittel der Performance von A sein, d.h. 6,6%. Mit 9,0% liegt der Ertrag aber deutlich höher.

Um diese Performance genauer zu untersuchen führen wir eine Monte Carlo Simulation durch. Diese statistische Methode geht wie folgt vor: Wir wählen zufällig 8 Monate und berechnen die Performance anhand realisierter Monatserträge. D.h. wir wollen wissen, ob die bewusste Auswahl von 4 (nicht investierten) Monaten abweicht von einer Methode wo wir zufällig 4 Monate auswählen. Diesen Prozess wiederholen wir 1000 Mal. Wir erhalten dabei folgendes Ergebnis:

Die Simulation bestätigt unsere Annahme, dass eine Performance von 6,5% am häufigsten auftritt. Eine Performance von 9% ist nicht unmöglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. Konkret tritt eine Performance von 9% und größer mit einer Wahrscheinlichkeit von 3% auf. D.h. mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% ist die Performance von Anleger B signifikant höher als erwartet.

D.h. die Börsenregel hat damit durchaus ihre Berechtigung. Zwar ist die Performance von 9% schlechter als eine Performance von 9,9% (bei durchgehender Haltedauer), allerdings ist die Performance signifikant besser als der Erwartungswert von 6,6%.

Wir wiederholen nun das Prozedere für einen EURO-Anleger. Die Performance für eine BUY and HOLD Strategie beträgt 11,2%. Ein Anleger, der die Börsenregel umgesetzt hat, erzielte eine Performance von lediglich 6,3%. Der Erwartungswert für Anleger D liegt bei 7,5%, d.h. Anleger D hat nicht einmal den Erwartungswert erzielt, geschweige annähernd das Ergebnis von Anleger C. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis größer bzw. gleich 6,3% beträgt, liegt bei 48%. D.h. Anleger D hat ein Ergebnis erzielt, dass im Rahmen der Erwartung liegt. Anders formuliert, die Börsenregel hat für einen Euro Anleger kein Ergebnis erbracht, dass außerhalb der Erwartung liegt.

 

Betrachten wir nun die durchschnittlichen Performance Zahlen (US Anleger) der einzelnen Monate für den Zeitraum 1970 bis heute. Auffallend ist, dass die Performance zwischen Oktober und Mai deutlich besser ist als für die Monate Mai bis September (mit Ausnahme Juli). Der Chart unterstützt die Börsenregel, dass man in den Monaten Mai bis September nicht unbedingt investiert sein muss.

 

Die Untersuchung unterstützt eine andere Börsenregel, dass die Performance im Winter besser als im Sommer ist.

Die Performance für einen Euro Anleger sieht doch signifikant anders aus. Ein US Anleger hat im Dezember das beste Ergebnis realisiert, für einen Euro Anleger ist der Jänner der beste Monat. Während ein US Anleger im Mai im Durchschnitt nichts verdienen konnte, ist der Mai für einen Euro Anleger der zweitbeste.

 

US-Dollar beeinflusst das Anlage-Ergebnis massiv

D.h. Die Entwicklung der Währung (USD) beeinflusst das Ergebnis für einen Euro Anleger massiv. In Summe konnte der Euro Anleger aufgrund von Währungsgewinnen (11,2) eine etwas bessere Performance erzielen als ein US Anleger (9,9%), allerdings sind für einen Euro Anleger die besten Monate Jänner bis inklusive Mai.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Börsenregel „Sell in May…“ für einen US Anleger durchaus eine Berechtigung hat. Zwar konnte er/sie mit der Börsenregel kein besseres Ergebnis erzielen als bei einem durchgehenden Investment. Allerdings ist die Performance signifikant besser unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Investor nur in 8 von 12 Monaten investiert ist. Für einen Euro Anleger hat die Regel keine Berechtigung, außer er hat den US-Dollar währungsgesichert.

Doch bevor wir die Regel für einen Euro Anleger gänzlich verwerfen, führen wir 2 weitere Anleger E und F ein, die nur in europäische Unternehmen investieren (kein Währungsrisiko).

Anleger E: ist zu jedem Zeitpunkt voll investiert, aber Euro Stoxx (nur Euro Werte)

Anleger F: voll investiert in Euro Stoxx mit Ausnahme Monate Mai-September.

Das Ergebnis ist verblüffend: Indem Anleger F in den Monaten Mai bis September nicht investiert war, konnte er denselben Ertrag erzielen wie Anleger E, der immer investiert war. Zur Erinnerung, wenn ich 4 Monate nicht investiert bin (bzw. nur in 66,67% der möglichen Monate), sollte der Ertrag entsprechend niedriger ausfallen, nämlich 9,64 x 2/3= 6,43%.

Basierend auf der Monte Carlo Simulation (zufällige Investition in 8 zufällig ausgewählte Monate, basierend auf realisierten Monatsreturns), ist eine Performance von 9,7% eher unwahrscheinlich. Der Erwartungswert beträgt 6,4%. Konkret beträgt die Wahrscheinlichkeit für ein Ergebnis von >9,5% 2,5%.

D.h. lasse ich eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% zu, ist eine Performance von 9,7% signifikant höher als der Erwartungswert, womit die Regel „Sell in May and go away“ wiederum eine Berechtigung erfährt.

Betrachten wir nun die durchschnittlichen Erträge der einzelnen Monate für den Euro Stoxx. Hier ergibt sich ein ähnliches Bild, wie beim MSCI Welt Investor in USD. Die Monate Mai und Juni sind schwach. Auch hier gilt, dass der Juli eine Ausnahme bildet. Außerdem kann man sich Zeit lassen bei der Rückkehr aus dem Urlaub. Es reicht, wenn man im Oktober wieder investiert ist, da der September in vielen Fällen eine negative Performance geliefert hat. Der September war sogar der schwächste Monat für den Euro Stoxx in der Vergangenheit.

Die Untersuchungen zeigen, dass die Börsenregel „Sell in May..:“ auch eine Berechtigung für einen Euro Anleger hat, wenn er nur in Euro-Papiere investiert.

Mit dieser Strategie hat man nicht unbedingt einen Mehrwert generiert, allerdings versäumte man nicht viel, wenn man die Sommermonate nicht investiert war. Anders ausgedrückt: die Performance in den Monaten September bis April ist signifikant höher als in den Monaten Mai bis August. Im Übrigen hat die Regel nicht in jedem Jahrzehnt funktioniert. In den 80er Jahren hätte man mit dieser Strategie relativ zur Benchmark deutlich verloren. Die folgende Tabelle zeigt den Durchschnittsertrag für die Perioden Mai-August und September bis April getrennt nach Jahrzehnten.

Interessant sind die Betrachtungen für einen Euro-Anleger. Wenn man international diversifiziert, verwässern die Währungsbewegungen das Resultat erheblich und führen zu keiner signifikant besseren risikoadjustieren Performance. Investiert man hingegen nur in den Euro Stoxx,  ergibt sich ein anderes Bild. Die Börsenregel hat wiederum eine Gültigkeit.

Abschließend sei gesagt, dass wir in unserer Berechnung keine Transaktionskosten und etwaige Steuern berücksichtigt haben. Zweck der Untersuchung ist rein statistischer Natur."

Harald Egger, Chief Analyst, Erste Asset Management

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