Aktienausblick: Hartnäckige Marktrisiken erfordern breite Aufstellung

Die Schwäche der weltweiten Aktienmärkte im dritten Quartal spiegelt den unsicheren Ausblick wider. Wir befassen uns mit einigen der wichtigsten Fragen der Anleger. AllianceBernstein | 13.10.2023 08:00 Uhr
Chris Hogbin, Head—Equities, AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein
Chris Hogbin, Head—Equities, AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein

Aufgrund der Unsicherheiten bezüglich der künftigen Entwicklung der Weltwirtschaft hatten globale Aktien im dritten Quartal zu kämpfen, und viele Anleger sind in Anbetracht des aktuellen Umfelds ernsthaft besorgt. Unseres Erachtens spricht jedoch vieles dafür, mit einem strategischen Blick auf die anhaltenden Risiken weiterhin aktiv in Aktien zu investieren.

Nachdem die Kurse von globalen Aktien im Juli gestiegen waren, gaben sie im August und September wieder nach. Der MSCI ACWI Index beendete das Quartal mit einem Minus von 2,5% in Lokalwährung (Abbildung), und das Plus seit Jahresbeginn verringerte sich damit auf 11,2%. Japan erzielte eine überdurchschnittliche Wertentwicklung, da die Unternehmen vom Ende der langanhaltenden Deflationsphase profitierten. US-Small-Caps verzeichneten eine unterdurchschnittliche Wertentwicklung, und chinesische Aktien gaben aufgrund von Wachstumssorgen nach, die die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt belasteten.

Technologieaktien gaben nach einem starken ersten Halbjahr nach (Abbildung). Der Energiesektor verbuchte im zweiten Quartal die beste Wertentwicklung, da die Ölpreise aufgrund des knapperen Angebots stiegen. Substanzaktien und Aktien mit minimaler Volatilität litten im Quartalsverlauf weniger als Wachstumsaktien. Dennoch erzielten Wachstumsaktien in diesem Jahr bis September weiterhin eine deutlich überdurchschnittliche Wertentwicklung.

 

Besorgnis über die Gesamtwirtschaft vs. Euphorie im KI-Bereich

Die Markterträge im Jahr 2023 zeugen von einer seltsamen Mischung widersprüchlicher Stimmungen. Die Anleger schwankten zwischen Sorgen über einen unsicheren makroökonomischen Ausblick und Begeisterung für das potenzielle Wachstum von ausgewählten Unternehmen durch künstliche Intelligenz (KI). Bis zum dritten Quartal stand die KI-Euphorie im Zentrum der Aufmerksamkeit – insbesondere in den USA, wo die zehn größten Aktien die mit Abstand höchsten Erträge boten.

Rücken nun wieder die makroökonomischen Probleme in den Fokus?

Obwohl die Inflation gesunken ist, sind sich die Anleger darüber im Klaren, dass die Zinsen länger als zu Beginn des Jahres erwartet hoch bleiben dürften. Damit sind auch die Realzinsen höher, was Aktien in der Regel unter Druck setzt. Das Wachstum und die Geldpolitik unterscheiden sich in den verschiedenen Regionen jedoch erheblich.

Die großen Hoffnungen in Bezug auf China, das sich vom pandemiebedingten Abschwung schnell erholt hatte, sind durch das sich verschlechternde Konsum- und Geschäftsklima, die Schieflage im Wohnimmobiliensektor und weniger Anzeichen für staatliche Konjunkturprogramme besonders schnell geschwunden. Die Europäische Zentralbank hob die Zinsen im September an, und die Rezessionssorgen sind im Euroraum groß, insbesondere weil das verarbeitende Gewerbe in Deutschland unter der schwachen Nachfrage aus China leidet. In den USA, wo sich der Privatkonsum als robust erwiesen hat, ist die Lage unsicher, und ein negatives Ereignis – wie etwa ein Ende des Erlasses von Studiendarlehen – könnte den Ausblick eintrüben. Dennoch beließ die US-Notenbank die Zinsen im September unverändert, und ihre aktuellen Prognosen deuten auf eine sanfte Landung der Wirtschaft hin.

Vor diesem Hintergrund stellen sich Aktienanleger wichtige Fragen. Was spricht für Anlagen in Aktien, wo die Zinsen doch über einen längeren Zeitraum höher bleiben werden? Sollte man sich für stärkere makroökonomische Spannungen oder für eine sanftere Landung positionieren? Wie lassen sich Gewinn- und Bewertungsrisiken in einem seit Jahresbeginn überwiegend engen Markt abschätzen?

Was spricht überhaupt für Anlagen in Aktien?

Bei den aktuellen Marktbedingungen ist die Versuchung für Anleger groß, Risikoanlagen den Rücken zu kehren. Denn warum sollte man das mit Aktien verbundene Risiko eingehen, wenn Bareinlagen mit über 5% verzinst werden? Wir sind uns über die kurzfristige Attraktivität dieser Strategie im Klaren, langfristige Anleger müssen für einen risikofreien Ansatz unseres Erachtens jedoch mit hohen Opportunitätskosten rechnen.

Aktien fungieren ebenfalls als Ertragsquelle, und dies ist für viele Anleger im aktuellen inflationären Umfeld von entscheidender Bedeutung. Wenngleich die Dividendenrendite ein gebräuchliches Maß für die Erträge von Aktien darstellt, ist die freie Cashflow-Rendite (FCF-Rendite) hierfür unserer Auffassung nach besser geeignet. Die FCF-Rendite ist die überschüssige Liquidität eines Unternehmens nach Abzug aller Betriebskosten.

Derzeit ist die FCF-Rendite von globalen Aktien zwar niedriger als die von Unternehmensanleihen oder Barmitteln (Abbildung), mit Blick auf die Zukunft zeichnet sich jedoch ein anderes Bild ab. So müsste ein Anleger in globalen Aktien gemäß den Konsensprognosen nur ein Jahr warten, bis die FCF-Rendite wieder beinahe auf das Renditeniveau des Bloomberg Global Aggregate Index für Unternehmensanleihen klettert. Im Laufe der Zeit dürfte sich der Renditeabstand ferner vergrößern.

Unser Research legt also nahe, dass Aktien im Vergleich zu den festen Erträgen von Unternehmensanleihen vergleichbarer Emittenten eine sich im Laufe der Zeit verbessernde Cashflow-Ertragsrendite bieten. In einem Umfeld, in dem Anleger zur Verwirklichung ihrer langfristigen finanziellen Ziele Realrenditen erzielen müssen, die über der Inflation liegen, ist es unseres Erachtens besonders wichtig, dieses Potenzial zu nutzen. Da die aktuell hohen Zinsen gemäß den Fed-Prognosen nicht von Dauer sein dürften, sind Anlagen in Aktien und Anleihen interessanter als Bareinlagen, bei denen die Anleger im Zuge der Wiederanlage Schwierigkeiten haben werden, das Ertragsniveau aufrecht zu halten. In keinem der letzten zwölf Jahre übertrafen die Erträge von Bareinlagen die Inflation.

Welche Aktienmarktposition bei einer Verschärfung der gesamtwirtschaftlichen Lage?

Die Märkte reagierten auf die wirtschaftliche Lage in diesem Jahr relativ entspannt. Doch wenn das BIP-Wachstum nachlässt und die Marktvolatilität erneut steigt, wird das Umfeld für Anleger komplizierter werden.

Wachstum hängt jedoch nicht ausschließlich von der Wirtschaftslage ab. So können Anleger Trends und Themen ermitteln, die auch bei einem schwachen BIP-Zuwachs weiterhin recht schnell wachsen dürften. Die weltweiten Bemühungen um eine grünere Welt haben einen Strukturwandel initiiert, der durch massive staatliche Subventionen zur Unterstützung von Branchen wie alternative Energien und Elektrofahrzeuge verstärkt wird (Abbildung). Digitale Zahlungslösungen dürften sich weltweit langfristig durchsetzen und der mobile Datenverkehr nimmt unablässig zu. Im Gesundheitswesen stehen in den Bereichen DNA-Sequenzierung und digitale Gesundheitsdaten die Zeichen auf solides Wachstum in den kommenden Jahren.

Gleichermaßen beschränkt sich eine defensive Ausrichtung nicht auf Anlagen im Versorger- und Basiskonsumgütersektor. Denn Unternehmen mit deutlichen Wettbewerbsvorteilen können ihre Margen besser halten. Geschäftsmodelle mit hohen freien Cashflows und schlanken Bilanzen verschaffen Unternehmen die nötige Flexibilität, um konjunkturelle Schwächephasen zu meistern. Insgesamt sind wir der Auffassung, dass die Suche nach Wachstum in Bereichen, die von langfristigen Trends und Widerstandsfähigkeit durch Unternehmen mit starken Fundamentaldaten gestützt werden, eine leistungsfähige Strategie für aktive Anleger darstellen und hohe langfristige Erträge generieren kann.

Bewertungs- oder Ertragsrisiko – Wo lauern die Gefahren tatsächlich?

Wenngleich aktuelle Konjunkturdaten die Märkte häufig beeinflussen, ist die langfristige Wertentwicklung von Aktien letztendlich eine einfache Gleichung mit zwei Variablen: die Gewinne oder der Cashflow der Portfoliounternehmen und der Preis, den Sie zu zahlen bereit sind.

Einige der US-Mega-Caps, die in diesem Jahr starke Kursanstiege verzeichnet haben, verfügen aufgrund ihrer dominanten Position und ihrer führenden Rolle im Bereich KI über ein hohes Ertragspotenzial. Doch rechtfertigt ein Zugang zu den Gewinnen dieser Unternehmen die sehr hohen Bewertungen? In einigen Fällen ja. Die Antwort hängt jedoch vom jeweiligen Unternehmen ab, und es ist noch zu früh, um die Nachhaltigkeit von mittels KI erzielten Gewinnen konkret einschätzen zu können. Für Anleger, die über passive Instrumente in der gesamten Gruppe engagiert sind, übersteigt das Bewertungsrisiko unserer Auffassung nach das Ertragsrisiko.

Hohe Bewertungen können nach einer schmerzhaften Korrektur Geschichte sein, so wie während des Bärenmarktes im Jahr 2022. Zudem erfordern höhere Zinsen ein größeres Augenmerk auf die Bewertungen, nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb von verschiedenen Aktienstilen. Sollte der Druck auf die Bewertungen von Mega Caps durch höhere Zinsen steigen, könnten sich andere Wachstumsunternehmen als attraktiver erweisen. Unter den aktuellen Bedingungen sind wir der Ansicht, dass es besonders wichtig ist, nach einem breiteren Spektrum von Unternehmen mit einem niedrigeren Bewertungsrisiko und soliden Gewinnaussichten zu suchen.

Ist ein besseres Gleichgewicht zwischen Bewertungs- und Ertragsrisiko möglich? Unseres Erachtens ja. Wir haben bei einer Reihe von Branchen herausgefunden, dass die Bilanzen der Unternehmen heute in wesentlich besserer Verfassung sind als vor den letzten Konjunkturflauten. Dies dürfte die Widerstandsfähigkeit der Erträge bei einer Verschlechterung der makroökonomischen Bedingungen stützen. Angemessen bewertete Aktien mit attraktivem langfristigem Wachstumspotenzial lassen sich unserer Auffassung nach in verschiedenen Sektoren ermitteln.

Nehmen wir etwa das Gesundheitswesen, das im bisherigen Jahresverlauf eine unterdurchschnittliche Wertentwicklung verzeichnete. Aktien von US-Gesundheitsunternehmen werden auf Basis der Gewinnschätzungen für 2024 zu einem Forward-Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16,5 gehandelt, was einem Abschlag von 5,5% gegenüber der Bewertung der Benchmark, dem S&P 500, entspricht. Darüber hinaus bietet der Sektor im Vergleich zum Markt attraktive FCF-Renditen. Im Gesundheitswesen können aktive Anleger risikoreichere und unrentable kleinere Biotech-Unternehmen meiden und sich stattdessen auf ausgewählte Titel mit einer soliden Mischung aus langfristigem Wachstum und defensiven Merkmalen konzentrieren.

Auf globaler Ebene wurden Substanzaktien 2023 ins Abseits gedrängt. Diese Aktien werden mit großen Abschlägen gegenüber dem breiteren Markt gehandelt und werden als anfälliger für eine Konjunkturverlangsamung wahrgenommen. Hier lassen sich jedoch auch Unternehmen ermitteln, die auf eine Rezession weniger empfindlich reagieren und von langfristigen Trends wie unter anderem der Inlandsverlagerung („Onshoring“), der Energiewende und auch KI profitieren. Im Technologiesektor finden sich viele hochwertige und rentable Unternehmen, die im Hintergrund agieren. Sie sind nicht den gleichen Risiken ausgesetzt wie die den Verbrauchern zugewandten Großkonzerne und verfügen zudem über attraktivere Bewertungen.

Strategien, die in diesen Unternehmen investiert sind, hinkten dem engen Markt zwar seit Jahresbeginn hinterher, unseres Erachtens bieten sie Anlegern jedoch eine solidere Basis für die Zukunft. Wenn sich die Aufmerksamkeit auf eine kleine Gruppe von Aktien konzentriert, sollten Anleger ihren Fokus unserer Ansicht nach auf Unternehmen ausweiten, die von langfristigen Trends profitieren und unter einem Konjunkturabschwung weniger stark leiden würden. Diese finden sich unter Umständen in Sektoren, die aktuell nicht im Rampenlicht stehen. Ein beständiger Schwerpunkt auf attraktiv bewerteten Unternehmen mit verschiedenen Quellen für Umsatz- und Gewinnwachstum kann dabei helfen, die langfristigen Vorteile von Aktien zu nutzen und gleichzeitig ihre kurzfristigen Risiken in gewissem Maße zu verringern.

Von Chris Hogbin, Head—Equities, AllianceBernstein

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