Steuer auf Finanz- oder Realtransaktionen?

Die Diskussion rundum mögliche Finanztransaktionssteuern wird oberflächlich geführt und die wichtigen Fragen bleiben unbeantwortet. Das Risiko besteht, dass nicht spekulative, sondern realwirtschaftliche Transaktionen besteuert werden, wie Analysen des EDHEC-Risk Institute in Frankreich zeigen. Research | 09.07.2012 08:00 Uhr
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Finanztransaktionssteuer erhöht Volatilität

Noel Amenc, Professor of Finance, EDHEC Business School und Director des EDHEC-Risk Insitute: „Eine Finanztransaktionssteuer hat keinen vorteilhaften Effekt auf die Volatilität der Finanzmärkte und könnte die Probleme in der Eurozone noch erhöhen. Es gibt eine Reihe von Studien, die zeigen, dass der Effekt von Finanztransaktionssteuern (Tobin tax) keine Verringerung oder sogar eine Erhöhung der Volatilität auf den Finanzmärkten erzeugen kann. Stark schwankende Finanzmärkte erschweren jedoch die Bewältigung der Finanzkrise und unter anderem auch die Platzierung der Staatsanleihen finanzschwacher Länder.“ Professor Amenc kritisiert in einem im Juni veröffentlichten Research Artikel des EDHEC-Risk Institute (IPE/Summer 2012) auch die oberflächliche Behandlung der wichtigsten Fragen rundum eine Finanztransaktionssteuer – vor allem jene, ob die richtigen Transaktionen besteuert werden können?

Richtige Steuerbasis und richtiger Steuersatz?

Abgesehen davon, dass das vordergründige Ziel der Finanztransaktionssteuer ohnehin die Schaffung neuer Einnahmenquellen für die Staatshaushalte ist, stellt sich die Frage nach der konkreten Ausgestaltung der Steuer. Jeder Eingriff in den Wirtschaftsprozess ist mit Folgen verbunden und die rationalen und irrationalen Entscheidungen der Marktteilnehmer werden beeinflusst. Im Zusammenhang mit neuen Steuern müssen die Vor- und Nachteile abgewogen werden. Die Vorteile aus der Sicht des Staates liegen in der Erzielung zusätzlicher Staatseinnahmen und möglicher Lenkungseffekte durch die – geplante und erhoffte – Verringerung der spekulativen Finanztransaktionen. Die Nachteile können negative Auswirkungen auf die Liquidität an den Märkten, die Mehrbelastung der falschen Zielgruppen und langfristige Standortnachteile für einzelne Länder bedeuten.

Professor Amenc wirft die Frage auf, wie Aufsichtsbehörden in der Lage sein sollten, eine Finanztransaktion von einer Transaktion mit Bezug zur Realwirtschaft zu unterscheiden. Weder auf den internationalen Devisenmärkten, die neben Hedge Fonds zum engeren Kreis der Steuersubjekte zählen würden, könnten reine Finanztransaktionen ohne Probleme von Transaktionen mit Realbezug getrennt werden.

Es kann auch davon ausgegangen werden, dass die Festsetzung des Steuersatzes einer Finanztransaktionssteuer sich eher an den gewünschten Mehreinnahmen für den Staat orientiert. Weniger Bedeutung hat die Suche nach dem optimalen Steuersatz zur Wiederherstellung der Balance auf den Finanzmärkten.

Sparen und Anlegen sind keine Spekulation

Spar- und Anlageformen (Sparbuch, Fondssparen, Wertpapierveranlagung zur privaten und beruflichen Vorsorge sowie mittel- und längerfristige Investments in Fonds und Wertpapiere ohne Leverage stellen ökonomische Basistransaktionen dar, die niemals in den Kreis von Finanztransaktionssteuern einbezogen werden sollen. Dies umfasst sowohl Transaktionen seitens der Investoren als auch Transaktionen innerhalb von Fonds und sonstigen Finanzprodukten.

Das Fehlen von klaren Definitionen und Analysen über die möglichen Auswirkungen von Finanztransaktionssteuern birgt nach Ansicht von Professor Amenc enorme Risiken.  Einerseits könnten die falschen Transaktionen besteuert werden, da Investoren auf Finanzmärkte ausweichen, die außerhalb der Reichweite der Besteuerung liegen. Die Mobilität des Kapitals in einer globalisierten Welt bietet diese Möglichkeiten. Andererseits würden jene Investoren und Marktteilnehmer, die sich aufgrund ihrer geringen Größe und geringer Handelsvolumina der Steuer nicht entziehen können, ihre Nachfrage nach Finanzprodukten reduzieren. Dies führt zur Verringerung der Liquidität  an den Märkten, die die effiziente Preisfindung erschwert und die Kosten für alle Marktteilnehmer erhöht – auch für jene Staaten, die derzeit mit ihren Staatsanleihen zu den größten Lieferanten auf den Finanzmärkten zählen.

Sündenböcke gesucht ...

Professor Amenc: „Die Suche nach den Sündenböcken der Finanzkrise, Banker und Spekulanten, die sicher nicht immer unschuldig aber auch nicht immer schuldig sind, ist deutlich einfacher als die Suche nach den Antworten auf die richtigen Fragen.“ Mit Bezug auf Frankreich sieht er die größte Gefahr im Widerstand der Politik und Bevölkerung, reale Strukturreformen umzusetzen und in allen Bereichen die ehrlichen und richtigen Fragen zu stellen. Die einfache Suche nach Sündenböcken verstelle den Blick auf die Fakten und größeren ökonomischen Zusammenhänge.
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