“Nicht bloß Fragen stellen, sondern sie zu einem relevanten Thema machen”

Rosl Veltmeijer, Leiterin des Research Teams bei Triodos Investment Management, erzählt über den Balanceakt der Unternehmensauswahl für das Investmentportfolio, warum es wichtig ist, auch einmal unbequeme Fragen zu stellen und wie man mit dubiosen Unternehmensaktivitäten umgehen sollte. Triodos Investment Management | 27.06.2017 09:03 Uhr
Im Interview mit Rosl Veltmeijer, Leiterin Triodos Research / ©  Triodos Investment Management
Im Interview mit Rosl Veltmeijer, Leiterin Triodos Research / © Triodos Investment Management
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Wie sahen Ihre Erwartungen aus, als Sie im Research Team der Triodos Bank angefangen haben? Haben sie sich mit der Zeit verändert?

Rosl Veltmeijer: Ich habe bei Triodos Research bereits im Jahr 2001 angefangen. Was mir damals am stärksten ins Auge fiel, war dass die Triodos Bank ihre Investitionen an der Börse so kritisch wie nur möglich tätigt. Das bedeutet, dass die Investitionskriterien, die wir anwenden, nicht statisch sind, sondern sich im Laufe der Zeit ändern. Wir prüfen sorgfältig die Fortschritte von Unternehmen, die Entwicklungen auf dem Markt, Änderungen von Kodizes, Rechtsvorschriften, aber auch Meinungen von Experten, und alle diese Informationen helfen uns, sinnvolle Investitionskriterien zu definieren, um besonders nachhaltige Unternehmen zu identifizieren. Das ist ein ständiger Balanceakt. Wenn wir zu streng sind, bleibt uns kein Anlageportfolio übrig, wenn wir zu nachsichtig sind, haben wir am Ende zu viele mittelmäßige Unternehmen. Was hat sich seit 2001 geändert hat, ist also, wie wir viele unserer Anlagegrundsätze umsetzen, aber nicht die Art und Weise, wie wir diese Prinzipien aktualisieren und pflegen. 

Welche Auswahlkriterien erachten Sie persönlich als besonders wichtig?

Rosl Veltmeijer: Ich denke, für mich persönlich ist es am wichtigsten, Themen anzusprechen, die bei anderen, Unternehmen und Investoren gleichermaßen, keine allzu hohe Priorität haben, aber dennoch wichtig sind. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Tierschutzstandards für Nutztiere sind nicht zufriedenstellend ausgearbeitet. Sowohl bei Unternehmen für Lebensmittelerzeugung als auch bei Handelsunternehmen steht dieses Thema nicht allzu hoch auf der Tagesordnung, und sie haben gerade erst begonnen, Kodizes und Leitlinien hierfür zu entwickeln. Hier gibt es noch viel Raum für Verbesserungen. In den Dialog mit Unternehmen zu treten und zu sehen, dass unsere Fragen den wunden Punkt treffen und von Unternehmen auch ernst genommen werden, das ist für mich sehr lohnend – insbesondere wenn kleinste Veränderungen bei großen Organisationen in der gesamten Branche Kreise ziehen. 

“Wachstum ist nur gesund wenn es mit persönlichem Wachstum verbunden ist” 

Wenn Sie einmal den Auswahlprozess genauer betrachten, wie viel hängt von persönlichen Präferenzen ab?

Rosl Veltmeijer: Ich sollte wohl sagen, gar nicht, denn es geht dabei nicht um persönliche Vorlieben. Die Anlagegrundsätze, die wir anwenden, sind fest in der gesamten Organisation verankert. Sogar der Prozess der Anpassung unserer Grundsätze ist ein etabliertes Verfahren, um sicherzustellen, dass die Leitlinien an den übergeordneten Triodos Werten ausgerichtet bleiben. Sobald ein Kriterium etabliert ist, entwickeln wir eine detaillierte Anleitung, wie diese Kriterien im Research-Prozess angewendet werden müssen. Wir wenden bei jeder Unternehmensprüfung, die wir durchführen, das Vier-Augen-Prinzip an. Dadurch stellen wir sicher, dass unsere Auswahlkriterien auch konsequent angewendet werden. Schließlich werden die Research-Vorschläge in unserem Anlageausschuss diskutiert.

Aber um zur Frage zurückzukommen, natürlich spiegeln die Anlagegrundsätze, die wir anwenden müssen, zu einem großen Teil auch meine persönlichen Vorlieben. Das ist auch ein Grund, weshalb ich so viel Freude an der Arbeit im Research Team habe, weil ich während meiner Arbeit Themen bearbeiten kann, an denen ich auch persönlich sehr interessiert bin. 

Wo sind Ihre größten Bedenken, wenn Sie mit Unternehmen sprechen?

Rosl Veltmeijer: Was hilft, ist dass die meisten großen börsennotierten Unternehmen eigene Nachhaltigkeit-Abteilungen haben. Die Menschen, die für diese Abteilungen arbeiten, freuen sich eher, dass wir Fragen stellen, weil es sie dabei unterstützt, die Aufmerksamkeit für das Thema Nachhaltigkeit in der Organisation zu erhöhen. Ich denke, am wichtigsten ist es, nicht bloß Fragen stellen, sondern sie gleichzeitig zu einem relevanten Thema für jedes Unternehmen und Investoren zu machen. Wenn Unternehmen die Relevanz einer Frage verstehen, sind sie eher geneigt zuzuhören. 

Inwiefern beeinflusst es Ihre Arbeit, wenn Sie bei der Recherche auf dubiose Aktivitäten eines Unternehmens stoßen? Gibt es Dinge, die Sie dabei aus dem Konzept bringen?

Rosl Veltmeijer: Manchmal treffen wir auf Unternehmen, die in vielen Bereichen sehr gut sind, aber aufgrund eines einzigen Kriteriums nicht unseren Investitionskriterien entsprechen. Dann wird dieses Unternehmen bei unseren Investitionen nicht berücksichtigt. Ich bedauere manchmal, dass wir interessante Firmen ausschließen müssen, nur weil sie an einem unserer Grundsätze scheitern.

Darüber hinaus finde ich es auch immer noch schwierig, kontroverse Aktivitäten eines Unternehmens zu beurteilen. Wenn Sie beispielsweise in ein Textilunternehmen investieren, können Sie davon ausgehen, dass es problematische Arbeitsbedingungen in der Lieferkette geben wird. Wenn Sie in ein Chemieunternehmen investieren, wissen Sie, dass Sie mit Umweltproblemen konfrontiert werden. Sie können das umstrittene Verhalten nicht genau „messen“, so dass Sie sagen können, dass ein Unternehmen zum Beispiel zu drei Prozent an umstrittenen Aktivitäten beteiligt ist und es aufgrund dessen ausscheidet. 

Wir konzentrieren uns daher auf die Unternehmenspolitik und Programme, die ein Unternehmen initiiert und die Reaktion des Unternehmens, wenn es in Kontroversen verwickelt ist. Ist es ein einmaliger Zwischenfall oder ist es eine ganze Reihe von Fehlverhalten? Und ist das Unternehmen bereit, zusätzliche Maßnahmen umzusetzen, um sicherzustellen, dass Kontroversen in der Zukunft nicht mehr passieren? Diese Informationen helfen uns, zu definieren, ob ein Unternehmen ständig versucht, die Grenzen verantwortungsbewussten Handelns zu dehnen, oder ob es das Problem eines oder weniger Mitarbeiter ist. 

Wenn Sie freie Hand hätten und die Welt von heute auf morgen verändern könnten, was würden Sie ändern?

Rosl Veltmeijer: Das Missverständnis, dass nur wirtschaftliches oder finanzielles Wachstum gut ist. Ein solches Wachstum ist überhaupt nicht nachhaltig. Wachstum ist nur gesund, wenn es mit persönlichem Wachstum verbunden ist und zu einer Verbesserung der Lebensqualität für alle, also nicht nur Menschen, sondern auch Tiere, führt. Es ist Zeit, dass wir anfangen, verantwortungsvoller mit unserem Planeten umzugehen und ihn als unser (einziges) Zuhause sehen. Wir sind alle für die Sicherheit unseres Planeten verantwortlich. Wenn dieser nicht gesund ist, können auch wir kein gesundes Leben führen. 

VeIch bin überzeugt davon, dass es schon heute viele gute Lösungen gibt, uns allen ein besseres Leben zu ermöglichen, aber im Gegenzug viele Faktoren vorherrschen, die diese Lösungen behindern. Wir sind in einem System gefangen, das viele dieser Lösungen untergräbt. Meine Hoffnung für die Zukunft ist, dass wir diese Barrieren aufbrechen, so dass diese Lösungen sich entfalten und Wohlbefinden für alle schaffen können. 

Mehr über unseren Investmentansatz, Investment-Kriterien und das Investment-Universum der börsennotierten Unternehmen finden Sie am Beispiel unserer SRI Fonds auf unserer Website. Aktuelle Informationen über die Arbeit des Triodos Research Teams senden unsere Kollegen Ihnen auch gerne als Newsletter (englisch).

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